Moers. Warum die Traditionsgaststätte ‘Haus Engeln’ in Moers auch 150 Jahre nach ihrer Gründung noch immer ein gut gehendes und beliebtes Gasthaus ist.

Als ein gewisser Hermann Gores anno 1872 in Moers eine Schanklizenz für eine Wirtschaft in Asberg beantragt, ist die Grafenstadt noch ein beschauliches Städtchen und Asberg noch nicht einmal eingemeindet. Heute, 150 Jahre später, wird in der Gaststätte „Zum Burgfeld“, besser bekannt als „Haus Engeln“, immer noch getrunken und gegessen, gefeiert und gelacht. Das Besondere: Das Haus ist über anderthalb Jahrhunderte hinweg in der Familie geblieben: Andre Verfürth (34) ist der Urururenkel jenes ersten Wirtes der Traditionsgaststätte, die er gemeinsam mit seiner Mutter Marlies in mittlerweile sechster Generation führt.

Marlies Engeln-Verfürth zeigt auf den gemütlichen Gastraum: „Hier bin ich geboren, das war früher noch unsere gute Stube.“ Ein Foto an der Wand zeigt ihre Mutter Anni, die nach dem Krieg viele Jahre lang die gute Seele der Gaststätte war und gemeinsam mit ihrem Mann Hein in den 60er Jahren den großen Umbau des Hauses vorantrieb. Heute hat Haus Engeln allein 150 Sitzplätze im Saal, jeweils 30 in der Wirtschaft und im Stübchen und 40 Plätze draußen im Biergarten. Im Keller wird immer noch gekegelt – vor allem am Wochenende.

Haus Engeln in Moers-Asberg hat auch außen Sitzplätze.
Haus Engeln in Moers-Asberg hat auch außen Sitzplätze. © Funke Foto-Services | Rüdiger Bechhaus

Über die letzten Jahrzehnte hätten viele Traditionsgaststätten in Asberg schließen müssen – vor allem aus Altersgründen und weil sich keine Nachfolger fanden, erzählt Marlies Engeln-Verfürth. Überhaupt habe sich vieles geändert. „Früher hatten wir viele Hochzeiten und Familienfeiern, die gibt es hier so nicht mehr.“

Corona-Zeit gut überstanden

Die Corona-Zeit hat die Gaststätte gut überstanden. „Wir sind Eigentümer, das hat vieles einfacher gemacht“, sagt die Wirtin. Auch das Aushilfspersonal ist geblieben, anders, als in vielen Gaststätten in der Region. Und wenn richtig viel los ist, wie zum Beispiel bei der großen Geburtstagsparty vor drei Wochen, bei der knapp 400 Gäste das große Jubiläum mitfeierten, springt eben auch schon mal die Familie mit ein.

Haus Engeln ist in Asberg über die vielen Jahre zu einer Institution geworden. Die KG Humorica hat hier ihr Standquartier, der TV Asberg kehrt regelmäßig hier ein ebenso wie dutzende andere Moerser Vereine, Organisationen oder Partei-Ortsvereine. Das allein reiche aber nicht aus, um eine Gaststätte wirtschaftlich zu führen, sagt Marlies Engeln-Verfürth. Auch ein alt eingesessenes Haus brauche immer wieder eine Frischzellenkur. „Nur mit Pils und Wacholder lockt man keinen mehr vor die Tür“, ergänzt Andre. Deshalb stehen jetzt auch Cocktails auf der Getränkekarte und an den Wochenenden ziehen musikalische Events auch zunehmend jüngeres Publikum an.

Dieses Foto von Haus Engeln ist um das Jahr 1915 entstanden.
Dieses Foto von Haus Engeln ist um das Jahr 1915 entstanden. © Funke Foto-Services | Repro: Rüdiger Bechhaus

Trotz strammer Sechs-Tage-Woche (dienstags ist Ruhetag) lieben Mutter und Sohn ihre Arbeit. „Man muss das leben“, sagt Marlies Engeln-Verfürth. „Nur, wenn man mit Herz und Seele dabei ist, kann man eine Gaststätte so lange führen.“ Sie sei ihrer Familie dankbar, dass diese über anderthalb Jahrhunderte so viel aufgebaut habe. Man müsse in der Gastronomie zwar auf vieles verzichten, habe aber auch andere Freiheiten. Was eine gute Wirtin ausmacht? Die 63-Jährige zitiert einen Spruch: „Sag es nie leise, sag es nie laut, was man Dir bei vollem Glase anvertraut.“ Denn ein bisschen, sagt sie, sei man in ihrem Beruf immer auch Seelsorgerin.

Betrieb wird auf Sohn Andre überschrieben

Wie lange sie noch Wirtin bleibt? „Noch kann ich ja“, sagt Marlies Engeln-Verfürth. Den Betrieb will sie in nächster Zeit trotzdem auf ihren Sohn überschreiben. Auch der ist ein Wirt aus Überzeugung: „Ich wollte schon als Kind Wirt werden“, sagt Andre und kramt ein Foto hervor, auf dem er im Alter von vier Jahren mit seinem Großvater hinter dem Tresen steht. Eins steht also sicher fest: Haus Engeln bleibt in der Familie.