Neukirchen-Vluyn. Nach 40 Jahren hat Hans-Theo Sander (73) seinen Friseursalon geschlossen. Das Ladenlokal in Neukirchen-Vluyn übernimmt eine andere Organisation.

Das Schild im Schaufenster ist rot, der Inhalt rührend. „Meine Zeit geht aus Altersgründen zu Ende.“ Das Ende einer Ära. Nach 40 Jahren hat Hans-Theo Sander (73), dienstältester Friseur der Region, die Schere aus der Hand gelegt. Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) hat das Ladenlokal am Grafschafter Platz 24 erworben.

Hans-Theo Sander ist selber ein Stückchen Neukirchen. Einer, den man kennt. Vor 40 Jahren startete er mit seiner Frau Elke seinen ersten Friseursalon auf der Hochstraße, acht Jahre später wurde der Betrieb am Grafschafter Platz eröffnet. In den besten Jahren hatte er bis zu 28 Angestellte, auch in den zwischenzeitlichen Filialen in Tönisberg und im Jörres-Haus.

Heute werden Haare gefärbt statt Dauerwellen gemacht

Es gab viel zu schneiden. 210 000 Köpfe hat er frisiert. „Eine ganze Großstadt.“ Auch Bürgermeister und Sparkassendirektor zählten zu seinen Kunden. Beim Haareschneiden kam man sich näher, schloss Freundschaften.

Es war die Zeit der Dauerwelle und hoch toupierten Haare, als er begann. 38,50 Mark kostete damals sein Eröffnungsangebot „Waschen, Haarschnitt, Dauerwelle und Haarkur“. Aktuell werden 120 Euro berechnet. Und heute? „Wollen die Damen am liebsten Farbe im Haar und Strähnchen“. Der Beruf des Friseurs habe sich völlig gewandelt.

Hans-Theo Sander hat seinen Salon fast ausgeräumt. Hier noch ein leeres Regal, ein paar ausgediente „Rückwärtswaschtische“, an den Wänden die einst unverzichtbaren Trockenhauben. „Die will heute keiner mehr haben.“ Für die Scheren fand seine Tochter Abnehmer. Natascha, die bei einem Anwalt arbeitet, wollte den Betrieb nicht übernehmen.

Das Ende nach so langer Zeit, wie fühlt sich das an? Er lebe gerade in einem Wechselbad der Gefühle. „Anfangen ist schwer, Aufhören aber noch schwerer.“ An seinem Beruf habe er immer das Strukturierte geliebt. „Aufstehen, in den Betrieb gehen, mit Leuten reden, Freude an der Arbeit haben.“

Und jetzt die große Leere? „Ich werde Tennis spielen, viel Rad fahren, die Zeitung lesen.“ Und Urlaub machen, dazu fehlte bisher die Zeit. Ferien an der See hat das Ehepaar Sander, seit 52 Jahren verheiratet, als erstes geplant. Holland, mit den Rädern.

Die Awo hat Ideen

„Ich hätte vielleicht noch ein paar Jahre dran gehängt.“ Doch dann kam das Kauf-Angebot. „Es war ein gutes Angebot.“ Da hat Hans-Theo Sander gleich zugesagt. Der Besitzwechsel sei sehr harmonisch verlaufen, alle Mitarbeiter seien gut untergekommen.

Der Beginn einer neuen Ära: Die Awo, die in der Region über 1400 Mitarbeiter hat, zieht in den verlassenen Salon. Awo-Vorstandsvorsitzender Jochen Gottke, selber seit Jahrzehnten Stammkunde bei Hans-Theo Sander, sagt: „Ein guter Standort, zumal der Grafschafter Platz nach der Renovierung noch attraktiver wird.“ Was ist geplant? „Wir sind in der Produktentwicklung.“

Denkbar sei - wie in Moers – der Secondhand-Laden „Stoffwechsel“, vielleicht aber auch „ein besonderer Friseurladen für Menschen, die nicht soviel Geld haben“. Jochen Gottke: „Wir machen auf jeden Fall was Schönes daraus.“