Moers. Das Schlosstheater Moers hat sein Programm für 2022/23 vorgestellt. Fünf große Stücke sind geplant. Sie stehen unter einem gegensätzlichen Motto.

„Radikalität“ und „Sanftheit“: Das sind Gegensätze, Haltungen, die sich auf den ersten Blick ausschließen. Nicht aber fürs Schlosstheater Moers (STM). Das hat die kommende Spielzeit 2022/23 genau unter dieses Motto gestellt. „Wir wollen dieses Gegensatzpaar als ambivalentes Begriffspaar zusammenbringen“, erklärt Dramaturgin Viola Köster.

Ende August startet die neue Spielzeit mit fünf großen Produktionen, mehreren Sonderformaten, Lesungen und Diskussionen. Das STM hat die geplanten Inszenierungen am Montag vorgestellt. Die erste Premiere wird am 31. August mit dem Stück „Über Menschen“ von Juli Zeh gefeiert.

Linksliberale Großstädterin trifft dabei auf den selbst ernannten Dorfnazi. Zwischen ihnen entsteht trotz aller ideologischen Gräben und Vorurteilen eine Freundschaft. Geht das? Darf man das? Oder muss man sogar mit „Rechten reden“? Wo verläuft die Grenze zwischen nachbarschaftlichem Arrangement und gefährlicher politischer Annäherung? Fragen, die in diesem Stück aufgegriffen werden. Ähnlich wie das Stück „21 Lovesongs“ soll „Über Menschen“ als hybrides Format sowohl im Schloss aufgeführt, als auch online gezeigt werden.

Es gibt eine Uraufführung in Moers

Die nächste Premiere folgt dann am 14. Oktober mit „Zwei Fleischfachverkäuferinnen“ von Rosa von Praunheim, nach einer Inszenierung von Damian Popp. „Es handelt sich um eine Uraufführung. Wir sind das erste Theater, das diesen Text auf die Bühne bringt“, sagt Köster stolz.

Alles eine Frage der Perspektive: Da hängt Schauspieler Matthias Heße auch mal von der Decke. Er spielt unter anderem in „Zwei Fleischfachverkäuferinnen“ mit.
Alles eine Frage der Perspektive: Da hängt Schauspieler Matthias Heße auch mal von der Decke. Er spielt unter anderem in „Zwei Fleischfachverkäuferinnen“ mit. © Unbekannt | Christian Nielinger

„Zwei Fleischfachverkäuferinnen“ wird als ein unterhaltsames Musiktheaterstück, das vor Anarchie und absurd-deftigem Humor strotzt, angekündigt. Doch unter der blutig-fröhlichen Oberfläche verbergen sich durchaus auch ernsthafte Themen wie das Machtverhältnis zwischen Mensch und Tier, Mensch und Mensch und die Arbeits- und Konsumverhältnisse zwischen Schlachthof und Supermarkt.

Auch für die kleinen Besucher hält das STM ein neues Stück bereit: Im katholischen Jugendheim St. Barbara inszeniert Thorsten Bihegue das Märchen „Rapunzel“ neu (Premiere am 24. November für Schulen, am 27. November für Familien). Er räumt mit Geschlechter- und Rollenklischees auf und fragt: Muss Rapunzel wirklich von einem Prinzen aus dem Turm erlöst werden?

STM-Intendant schreibt ein Stück

Die vierte Produktion stammt aus der Feder des STM-Intendanten Ulrich Greb. „#vergissmeinnicht“ (Premiere am 17. Februar) befasst sich mit dem Tod und der Frage, ob man mit Künstlicher Intelligenz (KI) das Sterben überwinden und selbst Toten eine permanente Präsenz ermöglichen sollte. In Grebs Stück „leben“ die Stimmen der Verstorbenen dank KI weiter, Angehörige sprechen weiterhin mit ihnen. „Das wirft philosophische und ethische Fragen auf, die wir thematisieren“, kündigt Greb an.

Den Roman „Lolita“ von Vladimir Nabokov erzählt das STM in seinem fünften Stück nicht einfach nach, sondern weiter. Im Buch stirbt Lolita mit 18 Jahren, beim Schlosstheater wird Lolita 30, 40 oder sogar 60 Jahre alt – und sie erzählt ihre Geschichte selbst (Premiere 28. April).

Schloss- und Theaterfest

Am 11. September, ab 12 Uhr, feiert das Schlosstheater zusammen mit dem Grafschafter Museum seinen Start in die Theatersaison. Das STM-Ensemble gibt dabei Kostproben und Ausblicke auf die Spielzeit 2022/23. Um 15 Uhr wird im Studio (Kastell 6) die Inszenierung „Silence“ des Youngstersclubs gezeigt. Am Abend folgt eine Aufführung von „Über Menschen“. Weitere Infos gibt es online unter www.schlosstheater-moers.de