Kamp-Lintfort/Kreis Wesel/Kreis Kleve. 44.500 Puten müssen auf einem Hof im Kamp-Lintfort getötet werden: Es besteht der Verdacht der Geflügelpest. Diesmal keine Aufstallpflicht.

„Wir kommen einfach mit der Geflügelpest hier nicht zur Ruhe“, sagt Kreisdirektor Ralf Berensmeier. Gemeinsam mit Amtsveterinär Dr. Antonius Dicke meldete er jetzt einen erneuten Verdacht auf einen Ausbruch: Mit dem Hof in Kamp-Lintfort hat es den größten Putenmäster im Kreis Wesel getroffen. Am Samstag fielen dort verendete Tiere auf. Zum Schutz vor der Ausbreitung müssen nun 44.500 Puten in sechs Ställen getötet werden: Es handelt sich um 27.000 vier Wochen alte Tiere und 17.500 bereits 16 Wochen alte Hähne. Ob es sich um das Virus H5N1 handelt, wird nun vom Friedrich-Loeffler-Institut untersucht. Ergebnisse erwartet der Kreis erst gegen Ende der Woche.

Von Aufstallpflicht sieht der Kreis diesmal ab

Noch am Samstag nahm demnach der Hoftierarzt Proben und fuhr sie nach Niedersachsen in ein privates Labor, das schnell einen Verdacht auf Geflügelpest äußerte. Am gleichen Abend sperrte der Kreis Wesel den Betrieb, die Amtsveterinäre nahmen Tupferproben, die das Chemische Veterinär- und Untersuchungsamt Rhein-Wupper analysierte.

Der Verdacht war amtlich. Die Ansteckungsgefahr dieses Influenza A-Virus unter Geflügel und Wasservögeln ist immens hoch, Menschen müssen sich laut Berensmeier nicht sorgen. In einer Videokonferenz sprachen sich am Montag NRW-Umweltministerium, das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv), Tierseuchenkasse und Kreis Wesel über die notwendigen Maßnahmen ab.

In Kamp-Lintfort besteht Verdacht auf die Geflügelpest. Mit dem Hof dort ist der größte Putenmäster im Kreis betroffen.
In Kamp-Lintfort besteht Verdacht auf die Geflügelpest. Mit dem Hof dort ist der größte Putenmäster im Kreis betroffen. © kreis wesel

Anders als beim Ausbruch der Geflügelpest im Dezember, wird dieses Mal keine Aufstallpflicht verhängt: Das ist unter anderem dem Wetter geschuldet, Wärme und Licht lassen das Virus schnell absterben. Im drei Kilometer-Radius um den Hof ist eine Sperrzone eingerichtet, in der sich 34 Geflügelbetriebe befinden. Ihr Bestand wird nun getestet. Diese Zone kann erst nach 21 Tagen aufgehoben werden. Im Radius von 20 Kilometern gilt eine Überwachungszone, die auch in die Kreise Kleve und Viersen reicht: Auf Kreis-Weseler Gebiet sind darin 245 Halter erfasst, deren Tiere stichprobenartig untersucht werden. Diese Zone kann frühestens nach 30 Tagen aufgehoben werden. Alles in allem berührt der Geflügelpestfall 279 Betriebe mit 87.000 Tieren. Einer davon, so Dicke, ist ein in der schwarzen Zone in Neukirchen-Vluyn gelegener Hähnchenmastbetrieb mit rund 25.000 Vögeln, die übrigen seien eher kleinere Halter.

Puten werden mit CO2 getötet

Der Hof in Kamp-Lintfort ist nur über Desinfektionsschleusen erreichbar, es herrscht Betretungsverbot. Seit Herbst haben keine Tiere ihn mehr verlassen, die ersten wären wieder in rund sechs Wochen schlachtreif gewesen, so Dicke. Es sei somit kein Fleisch im Handel. Und: „Es gab so gut wie keine Kontaktbetriebe.“ Für den betroffenen Landwirt sei die Situation extrem belastend. Seine Tiere werden seit dem Wochenende durch CO2 getötet. Amtstierarzt Antonius Dicke sagt, das sei die tierschutzgerechteste Methode, schmerzfrei und ohne Panik schliefen die Vögel ein. Eine Aktion in dieser Größenordnung ist eine Herausforderung, für die es die sogenannte Tierseuchenvorsorgegesellschaft (TVG) gibt, ein vom Land eingerichtetes Unternehmen, das Technik und Know-how bereitstellt. Außerdem ist ein holländisches Fachunternehmen engagiert: Es gilt die toten Tiere zu verladen, den Betrieb komplett zu desinfizieren, etwaige Mäuse und Ratten zu bekämpfen, mehr als 200 Tonnen Mist zu entsorgen. Im Kreis Wesel gibt es laut Amtsveterinär neun Putenmastbetriebe, die meisten aber im nördlichen Kreisgebiet