Neukirchen-Vluyn. In der Stadtbibliothek können sich Hobbygärtner Gemüsesamen ausleihen, sie züchten und wieder zurückgeben. Die Stadt verfolgt damit ein Ziel.

Wenn jemand fragt, woher die leckeren Tomaten, Erbsen und knallgelben Sonnenblumen im Garten stammen, kann man jetzt antworten: Aus der Neukirchen-Vluyner Stadtbücherei. „Ab sofort können Interessierte in unserer Saatgutbibliothek samenfestes Saatgut von ein- und zweijährigen Blütenpflanzen und Gemüsesorten ausleihen“, erklärten Gisela Zwiener-Busch, Leiterin der Neukirchen-Vluyner Stadtbibliothek, und Agrarbiologin Marion May-Hacker.

In 90 Tütchen waren am Infostand fünf Gemüsesorten sowie verschiedenste Kräuter abgepackt. Bohnen, Erbsen, Salat, Tomaten, Radieschen, weiße Königskerzen, patagonisches Eisenkraut, Mohn und Kapuzinerkresse gehörten dazu. Das Konzept? „Die Stadtbibliothek kooperiert mit dem ehrenamtlich handelnden Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (VEN), der landesweit mit Bibliotheken die Saatgutbibliotheken durchführt“, erklärte Sabrina Daubenspeck, Pressesprecherin der Stadt Neukirchen-Vluyn.

In Neukirchen-Vluyn will man die Pflanzenvielfalt fördern

Das Projektmotto „Saatgut leihen, Vielfalt ernten“ passt perfekt zur Idee, die Daubenspeck hegte: „Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Insekten- und Pflanzenvielfalt zu fördern, ist auch in Neukirchen-Vluyn ein großes Thema, das viele interessiert.“ So waren zum Auftakt viele Hobbygärtner vor Ort, um sich ihr Samentütchen abzuholen.

Warum die Samenernte wichtig ist, erklärte Expertin May-Hacker. „Der VEN berichtet, dass bereits vor 50 Jahren mehr als drei Viertel der Kulturpflanzen weltweit verloren gegangen sind.“ Die Herausforderung: „Kulturpflanzen wurden jahrtausendelang entwickelt und können ohne menschliches Zutun nicht überleben.“

Der Schaephuysener Rolf-Dieter Kondryn baute die Samen an

Vielfaltssorten seien samenfest, sortenrein und zu vermehren – im Gegensatz zu gekreuzten Hybrid-Sorten aus dem Supermarkt. „Viele Saatgutsorten werden in Genbanken als Notreserven aufbewahrt, dabei kann nur regelmäßiger Anbau sie wirklich erhalten“, so May-Hacker.

Das weiß auch der Schaephuysener Rolf-Dieter Kondryn, der die Samen anbaute: „Als Kleinkind begann ich, Pflanzensamen zu säen und seit zehn Jahren säe ich sortenreine Paprika, Tomaten und Sonnenblumen. Sie schmecken kräftiger und natürlicher als abgepackt aus dem Discounter.“ Sein Tipp: „Idealerweise hat man zwei Quadratmeter Platz im Garten oder Hochbeet.“

So sieht das Saatgut aus.
So sieht das Saatgut aus. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Der erste Schritt ist das Ausleihen eines Saatguttütchens, das neun Monate entliehen werden kann. Dann heißt es: Aussäen nach Anleitung auf dem Tütchen. „Um ideal zu wachsen, sollte die Pflanze bis zur Samenreife gepflegt werden“, erklärte Kondryn.

Danach wird der Samen geerntet und getrocknet. Für die Saatguternte werden drei bis fünf besonders schöne Pflanzen und einige Früchte markiert, etwa mit rotem Band.

25 Samen gehen zurück an die Bücherei

Alle anderen Salatpflanzen, die Blätter der Gartenmelde, Tomaten, Bohnen oder Erbsen können genascht oder für die Küche geerntet werden. Mindestens 25 Samen werden in die Saatguttüte gepackt und an die Stadtbibliothek zurückgegeben.

„So werden Samen vermehrt und können von den nächsten Tütcheninhabern wieder ausgepflanzt werden“, freuten sich die Organisatoren und laden alle zum Mitmachen ein.

>>> Der nächste Leihsamentag am Missionshof“

Am Dienstag, 8. März,gibt es in der Zeit von 16 bis 18 Uhr erneut einen Infostand mit Gelegenheit zum Ausleihen der Samentütchen vor der Stadtbibliothek am Missionshof (Missionshof 5). In der Bibliothek stehen zudem Fachbücher übers richtige Gärtnern zur Verfügung. Bald soll es außerdem Bildungsveranstaltungen zum Säen in der Stadtbibliothek geben.