Neukirchen-Vluyn. Agendabeauftragte Marion May-Hacker hat etliche Projekte zum Thema Nachhaltigkeit und Umwelt in Neukirchen-Vluyn auf den Weg gebracht.

Als Marion May-Hacker mit ihrer Arbeit in der Neukirchen-Vluyner Stadtverwaltung begann, steckte der behördliche Umweltschutz noch in den sprichwörtlichen Kinderschuhen. Seit Tschernobyl waren gerade einmal knapp vier Jahre vergangen und nur langsam wuchs das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Klimaschutz in den Köpfen. Nun geht Marion-May-Hacker nach 30 Jahren in den Ruhestand. Und allein die Tatsache, dass sich ihr Aufgabengebiet nach ihrem Abschied Ende August auf drei verschiedene Schultern verteilt, zeigt, wie breit das Arbeitsfeld in drei Jahrzehnten geworden ist. Aber auch, wie ernst das gesamte Thema mittlerweile genommen wird.

Das war am Anfang nicht ganz so, als die studierte Agrarbiologin in der neu geschaffenen Umweltberatungsstelle der Stadt startete. Ein Bewusstsein habe es zwar ansatzweise schon gegeben, erinnert sich Marion May-Hacker. Allerdings habe noch niemand so genau gewusst, wie groß Bandbreite und Aufwand sein würden. May-Hacker begann damals mit Beratungen zu den Themen Verwertung, Mülltrennung und Kompostierung. Und sie erstellte ein neues Abfallkonzept für die Stadt. „Damals hatten die Haushalte noch riesige Mülltonnen vor der Tür stehen.“

Ich habe während der gesamten Zeit wesentlich häufiger gelächelt als die Faust in der Tasche zu machen

Mit dem neuen Konzept wurde die Restmülltonne kleiner, vor allem deshalb, weil Neukirchen-Vluyn 1992 als eine der ersten Kommunen im Kreis Wesel die Biotonne einführte. Mittlerweile habe man eine Anschlussquote an die Biotonne von rund 90 Prozent, sagt Marion May-Hacker, deren Einfluss nach 1992 weiter wachsen sollte.

Auf der Klimakonferenz in Rio de Janeiro 1992, die noch heute als Meilenstein für die Integration von Umweltschutz und Nachhaltigkeit ins politische Handeln gilt, wurde mit der Agenda 21 ein Aktionsprogramm initiiert, auf dessen Grundlage die Kommunen eigene Klimaschutz- und Nachhaltigkeitskonzepte erstellen sollten.

Die Pflanzentauschbörse auf dem Bauernmarkt nennt Marion May-Hacker (rote Jacke) „mein Baby“.
Die Pflanzentauschbörse auf dem Bauernmarkt nennt Marion May-Hacker (rote Jacke) „mein Baby“. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

Mit der Aufmerksamkeit wuchsen die finanzielle Ausstattung und das Aufgabengebiet. Marion May-Hacker wurde Agendabeauftragte der Stadt. Und legte los. Fünf Gruppen nahmen in den Jahren danach ihre Arbeit auf: Energie, Mobilität, Lebensstil, Wohnen und Leben im Alter sowie soziale Gerechtigkeit. Man führte das Stadtradeln ein und nimmt am EU-weiten autofreien Tag im September teil. 2001 wurde dafür die Niederrheinallee teilweise gesperrt. „Bis 12 Uhr fuhren die Autos und danach wurde es ganz still“, sagt die Agendabeauftragte mit strahlenden Augen, hat es ihr doch gezeigt, dass man etwas bewegen kann, wenn man die Menschen mitnimmt. Und Mitstreiter hat. Wie Waltraud Weinhold. „Eine Powerfrau“ sei die langjährige Vorsitzende des Ökumenischen Forums gewesen. „Wir waren ein gutes Team.“

2002 kam der Bauernmarkt, 2003 die Pflanzentauschbörse. „Mein Baby“, sagt die passionierte Hobbygärtnerin May-Hacker, in deren 1000-Quadrameter-Garten Kartoffeln, Bohnen, Auberginen neben vielen anderen Pflanzen wachsen.

Auch interessant

Wenn man etwas macht, dann mit Überzeugung. Dieses Credo befolgte sie über all die Jahre, auch wenn sie immer mal wieder die Faust in der Tasche machen musste. Wie Ende der 90er-Jahre, als der Ratsbeschluss, nur noch ausschließlich fair gehandelten Kaffee und Tee in Verwaltung und Politik auszuschenken, von einigen belächelt wurde. „Das hat mich geärgert.“

Die Zeit allerdings gab ihr Recht. Neukirchen-Vluyn ist seit fünf Jahren „Fair-Trade-Stadt“ und das spöttische Lächeln auf den meisten Gesichtern der Einsicht gewichen. „Klar, ein paar Uneinsichtige gibt es immer“, sagt Marion May-Hacker, aber grundsätzlich habe sie in den 30 Jahren wesentlich häufiger gelächelt als die Faust in der Tasche zu machen.