Moers. Die Verbraucherzentrale Moers führt mehr Energieberatungen durch. Vor allem Geringverdiener und Familien seien von den höheren Kosten betroffen.

Sie sind zum Teil plötzlich mit viel höheren Energiekosten konfrontiert, haben Angst, dass die Preise für Strom, Heizöl oder Gas ins Unermessliche steigen und sie haben rechtliche Fragen: Immer mehr Menschen suchen die Beratungsstelle der Verbraucherzentrale in Moers auf. „Die Nachfrage steigt absolut“, stellt Gisela Daniels, Leiterin der Moerser Beratungsstelle, fest.

„Aktuell beraten wir vor allem Menschen, deren Verträge durch Belieferungsstopps einiger Energieunternehmen einfach gekündigt wurden“, erklärt sie. Diese Kunden werden per Gesetz dann vom örtlichen Grundversorger – in Moers von der Enni – mit Energie versorgt – allerdings zu deutlich höheren Konditionen. „Eine Frau zeigte mir ihre Abrechnung. Sie zahlt jetzt fast das Doppelte als zuvor. Gerade im Winter, wo mehr geheizt wird, fällt dieser Preisunterschied ins Gewicht.“

Energiepreise im Januar rund 66,7 Prozent höher als im Vorjahresmonat

Und die Klientin sei nicht die einzige Betroffene: Gisela Daniels befürchtet, dass immer mehr Menschen Schwierigkeiten haben werden, die Energiekosten zu zahlen. „Gerade für Menschen, die ein geringes Einkommen haben, werden die steigenden Energiepreise zu massiven Problemen führen.“

Neuste Zahlen des Statistischen Bundesamtes machen die Preisexplosion am Energiemarkt deutlich: Die Energiepreise waren im Januar im Durchschnitt 66,7 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Gegenüber Dezember 2021 stiegen die Preise um 1,3 Prozent. Erdgas hat dabei den höchsten Einfluss auf die Veränderungsrate im Vergleich zum Vorjahr: Die Preise sind zum Teil um 119 Prozent gestiegen.

Verbraucherzentrale fordert Abschaffung der EEG-Umlage

Laut Berechnungen der Verbraucherzentrale muss eine Familie 2022 durchschnittlich rund 1120 Euro mehr für Energie aufwenden als 2021. Die Abschaffung der EEG-Umlage sowie die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß sollte aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW daher schnell umgesetzt werden.

Auch bei der Caritas Moers-Xanten rechnet man damit, dass die Beratung zum Thema Energie in den kommenden Wochen und Monaten zunehme. „Bisher werden in der allgemeinen Sozialberatung schon Sorgen bezüglich der steigenden Kosten geäußert. Konkrete Fälle von Verschuldungen haben wir aber noch nicht“, erklärt Claudia Kohler, Leiterin des Fachbereichs Gesundheit und Soziales.

Sie vermutet, dass die Energiekosten in rund zwei Monaten so richtig zum Thema werden. Dann, so Kohler, würden viele Mieter ihre Jahresabrechnungen erhalten und erstmals die steigenden Kosten schwarz auf weiß sehen.

Die Linke im Kreis Wesel will Entlastung für Bezieher von Arbeitslosengeld II

Politisch hat sich Die Linke im Kreis Wesel die steigenden Energiepreise bereits auf die Fahne geschrieben. Zahlreichen Beziehern von Arbeitslosengeld II drohen neue finanzielle Probleme durch Nachforderungen für Heizkosten. .„Die Richtwerte sind alt und berücksichtigen die enormen Preissteigerungen im Energiesektor nicht. Deshalb muss Landrat Ingo Brohl (CDU) aktiv werden“, so der Fraktionsvorsitzende der Linken, Sascha H Wagner, in einer Pressemitteilung.

Brohl sei weisungsbefugt und könne veranlassen, dass Nachzahlungen, die auf Preissteigerungen beruhen, in voller Höhe übernommen werden. Einen entsprechenden Antrag zur Kostenübernahme hat die Linke für die nächsten Kreisausschüsse eingereicht.

Haus & Grund Grafschaft Moers kritisiert Stufenmodell

Der Eigentümerverband Haus & Grund Grafschaft Moers blickt ebenfalls besorgt auf die steigenden Energiepreise – weil diese auch zunehmend die Vermieter belasten. Die Bundesregierung will die CO²-Heizkosten zwischen Mietern und Vermietern neu regeln – und Mieter dabei entlasten. Diese tragen die Kosten bisher alleine.

Ein Stufenmodell sieht im Kern vor, dass sich Vermieter an den Heizkosten beteiligen: Je schlechter ein Gebäude gedämmt und je älter zum Beispiel die Heizung ist, desto höher soll die finanzielle Beteiligung des Vermieters ausfallen. Dieses Modell soll Anreize für eine energetische Sanierung von Wohnungen setzen.

Kritik auch für KfW-Förderstopp

„Die Kosten zu teilen, schafft keinen Anreiz für den Eigentümer. Eventuell fehlen dadurch sogar die entsprechenden Mittel“, betont Michael Buser, Geschäftsführer von Haus & Grund Grafschaft Moers.

Kritik übt dieser auch am plötzlichen Stopp der Bundesförderung für Sanierung und Neubau von energieeffizienten Häusern über die Förderbank KfW. „Das ist katastrophal für Eigentümer“, sagt Buser.

Im Kreis Wesel bietet der Energieberater der Verbraucherzentrale Akke Wilmes am Donnerstag, 10. März, um 18.30 Uhr, einen kostenfreien Vortrag zum Thema „Mein Haus – Energieverbrauch erkennen und bewerten“ an. Der Vortrag findet online statt. Eine Anmeldung ist über die Volkshochschulen im Kreis möglich.