Moers/Neukirchen-Vluyn/Kamp-Lintfort. Neukirchen-Vluyn wird zur Dienststelle von Moers, in Kamp-Lintfort wird es Änderungen geben. Bürgermeister Ralf Köpke übt Kritik.

Die Kreispolizei Wesel hat am Mittwoch umfassende Änderungen in ihrer Organisationsstruktur angekündigt, die sich auch auf Moers, Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn auswirken sollen.

Kernpunkt ist die Konzentration auf zentrale Standpunkte, deshalb soll die Zahl der Wachen von derzeit zehn auf fünf reduziert werden. Weiterhin Tag und Nacht besetzt bleiben sollen die Wachen in Wesel, Dinslaken, Moers sowie Kamp-Lintfort mit einer Dependance in Xanten. Die übrigen Wachen in Hamminkeln, Hünxe-Drevenack, Neukirchen-Vluyn, Voerde und Rheinberg werden zu einer Dienststelle heruntergestuft.

Die Polizeiführung betont, dass sich für die Bürgerinnen und Bürger dadurch nichts ändern werde. „Wir können gewährleisten, dass rund um die Uhr Streifenwagen in den einzelnen Gebieten unterwegs sind“, sagt Kunst. Die Anzahl der Streifenwagen und die Streifenbereiche blieben gleich. Zudem sei auch weiterhin die selbe Anzahl an Bezirksbeamten im Einsatz. „Die Sicherheit wird auf der Straße gemacht und nicht in den Wachen“, betont Kunst.

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Die Polizei müsse ihre Struktur überdenken, weil sich die Anforderungen geändert hätten. Das offensichtlichste Beispiel: steigende Kriminalität im Internet. Deshalb sind nicht nur bei der Polizei vor Ort und der Verkehrspolizei Veränderungen geplant, sondern auch bei den Ermittlern der Kriminalpolizei. Sie werden künftig ausschließlich auf die Wachen in Wesel, Dinslaken, Moers und Kamp-Lintfort konzentriert und es wird ein neues Fachkommissariat für Cyberkriminalität gebildet.

Die Polizeiführung betont, dass die Anpassungen notwendig seien, damit auch weiterhin alle Streifenwagen besetzt werden können oder die Kripo vernünftig ermitteln kann. Die Kreispolizei hat seit 2014 rund 50 Mitarbeitende verloren. Durch die Umwandlung der Wachen zu Dienststellen sollen keine Nachteile entstehen. Der Kreis Wesel habe derzeit mit zehn Wachen die drittmeisten aller Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen, nur die Großstädte Köln und Dortmund liegen dadrüber.

Sorgen um längere Anfahrtswege zu einem Ansprechpartner der Polizei müsse sich niemand machen, betont die Polizeispitze. Auch die Fahrtzeiten zu den Einsätzen sollen sich nicht verlängern. Die geplanten Veränderungen in den Kommunen im Überblick:

Kamp-Lintfort

In Kamp-Lintfort soll künftig der „Wachbereich West“ angesiedelt werden – mit einem durchlaufenden Dienst zuständig für Rheinberg, Alpen, Sonsbeck und Xanten. Größte Veränderungen für die Stadt: Geplant ist, dass das Verkehrskommissariat für die linksrheinischen Teile komplett nach Kamp-Lintfort zieht. Bisher ist es auch noch in Moers angesiedelt. Mit gut einem Dutzend Mitarbeitenden sollen dann künftig alle Unfälle und Verkehrsstraftaten auf der linken Rheinseite bearbeitet werden. „Für Kamp-Lintfort spricht die zentrale Lage“, sagt Polizeidirektor Rüdiger Kunst. Die Zahl der Bezirkspolizisten ändert sich nicht.

Moers und Neukirchen-Vluyn

Die Großstadt Moers und das benachbarte Neukirchen-Vluyn sollen zum „Wachbereich Süd“ zusammengefasst werden. Das heißt konkret: Aus der bisherigen Wache in Neukirchen-Vluyn wird eine Dienststelle beziehungsweise ein Bezirksstandort. Der Wachdienst wird aus Moers koordiniert, der Bezirksdienst in Kapellen bleibt erhalten. Neukirchen-Vluyn bleibt ein eigener Streifenbezirk, wird also rund um die Uhr von Polizisten im Auto abgedeckt. Der Unterschied: Sie starten und beenden ihren Dienst nicht mehr an der Wache in Neukirchen-Vluyn, sondern in Moers.

In Neukirchen-Vluyn hat die Kreispolizei bereits vor rund zwei Jahren die Struktur verändert und den Tagdienst für die Anzeigenaufnahme in der Polizeistelle an der Niederrheinallee auf 16 Uhr gekürzt. Dies bleibt auch weiterhin so bestehen. Sollte in der Dienststelle niemand vor Ort sein, können Bürgerinnen und Bürger trotzdem schellen – sie werden dann nach Moers weitergeleitet.

Neu soll sein: In der Dienststelle wird künftig ein Teil der Motorradpolizisten und der Hundestaffel der Kreispolizei angesiedelt, die für den linksrheinischen Teil des Kreises zuständig sind. Der andere, rechtsrheinische Teil der Einheiten soll nach Voerde ziehen.

Die Zahl der Bezirkspolizisten, den „Dorfsheriffs“, soll sich in beiden Städten nicht verändern. Davon gibt es im gesamten Kreis rund 50 und sie bemessen sich nach einem festen Schlüssel an der Einwohnerzahl der Kommune, in Neukirchen-Vluyn sind derzeit drei Bezirkspolizisten eingesetzt. Die bisherige Wachleitung vor Ort gibt es allerdings nicht mehr, laut den Planungen soll ein Bezirksdienstleiter für Neukirchen-Vluyn in Moers angesiedelt sein. Dort werden zudem die Ermittler der Kriminalpolizei zusammengezogen.

Neukirchen-Vluyns Bürgermeister Ralf Köpke bezeichnet das Vorgehen der Kreispolizei als „sehr unglücklich“

Neukirchen-Vluyns Bürgermeister bezeichnet das Vorgehen des Kreises und der Polizei als „sehr unglücklich“. Auch wenn sich vordergründig nicht besonders viel an der personellen Situation vor Ort ändere, seien die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Kreiskommunen am Dienstag quasi vor vollendete Tatsachen gestellt worden, ohne zuvor in irgendeiner Weise in den Prozess eingebunden worden zu sein, sagte Ralf Köpke am Mittwoch nach der offiziellen Präsentation. Eine ähnliche Kritik hatte es bereits vor zwei Jahren gegeben, nachdem die Einschnitte bei der Wachenbesetzung in Neukirchen-Vluyn durch die Kreispolizei erst kurz vor der Umsetzung bekannt geworden waren.

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Selbstverständlich sei in dem Konzept der Polizei, das derzeit vom Innenministerium geprüft wird, „nicht alles Quatsch“, so Köpke salopp, allerdings wäre man gerade hinsichtlich des subjektiven Sicherheitsempfindens der Bürgerinnen und Bürger gerne früher einbezogen worden.

Mit anderen Worten, hätte man in der Verwaltung früher Bescheid gewusst, hätte man die Öffentlichkeit frühzeitig darauf vorbereiten und außerdem auch klarstellen können, dass sich die Kreispolizei nicht aus der Fläche zurückzieht. „Die drei Bezirksdienstbeamten bleiben ja vor Ort“, so Köpke. Allerdings sei der mögliche Wegfall der Wachleitung für die Stadt ungünstig, weil man damit einen direkten und vor allem: schnellen Draht verliere, auch wenn Moers und Neukirchen-Vluyn nur zehn Autominuten voneinander getrennt seien. (rku/pho)