Neukirchen-Vluyn. Eine hessische Entwicklungsgesellschaft hat den maroden Turm gekauft. Die Stadt ist irritiert und prüft ihr Vorkaufsrecht.

Die beinahe unendliche Geschichte des Hochhauses am Vluyner Nordring ist seit kurzer Zeit um ein Kapitel reicher. Demnach hat das Entwicklungsunternehmen W&L AG aus Bad Soden den unliebsamen Komplex käuflich erworben und möchte ihn auch schnellstmöglich sanieren. Bis 2023 soll nach Möglichkeit aus dem maroden Gebäude ein mit erneuerbaren Energien versorgtes Mehrgenerationenhaus mit 70 bezahlbaren Wohnungen werden. Ein Abriss ist auch hier nicht vorgesehen. Das teilt W&L-Vorstand Christoph Straube im Gespräch mit der Redaktion mit. Schließlich bescheinige ein erstelltes Wertgutachten dem Hochhaus eine „super Substanz“.

Auf „5 bis 6 Millionen Euro“ beziffert Straube die Investitionskosten für das Hochhaus, dem er bereits den Namen „59Nord“ gegeben und auch eine eigene Internetseite verpasst hat, inklusive animiertem Drohnenvideo, das das sanierte Hochhaus mit Solarpanelen auf dem Dach und an den Balkonen zeigt.

Das Vorhaben, so Straube, sei komplett durchfinanziert. Dieses Argument möchte der W&L-Vorstand auch nutzen, um bei Stadt, Politik und Bevölkerung Akzeptanz für den Erhalt des Hochhauses zu schaffen. Nach Gesprächen mit der Stadt möchte Straube schnell den Bauantrag einreichen.

Was alles andere als einfach werden dürfte. Zum einen ist die Neukirchen-Vluyner Politik bislang weiterhin geschlossen der Meinung, dass das Hochhaus, das seit mehr als zehn Jahren leer steht, abgerissen werden muss. Die Meinung ändere man auch nicht einfach durch einen neuen Investor, sagen sowohl SPD-Fraktionschefin Elke Buttkereit als auch CDU-Amtskollege Markus Nacke misstrauisch. Zum anderen prüft die Stadt derzeit intensiv ein Vorkaufsrecht gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 2 Baugesetzbuch. Das dabei gesetzlich vorgesehene Anhörungsverfahren sei bereits eingeleitet, so die Verwaltung, die eine Entscheidung über die Ausübung eines Vorkaufrechts bis Ende November erwartet. Dann endet die vorgegebene Drei-Monats-Frist.

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Im Gespräch mit der NRZ äußert Bürgermeister Ralf Köpke sein Unverständnis über das schnelle Vorgehen von W&L. „Mir erschließt sich überhaupt nicht, wie W&L agiert“, sagt der Bürgermeister. Bislang habe es keinen Kontakt gegeben, außerdem werde das Vorkaufsrecht geprüft. Insofern spreche man derzeit über ein ergebnisoffenes Verfahren. Wenn das Vorkaufsrecht greife, hätte W&L seine Pläne vorschnell öffentlich präsentiert, sagt Ralf Köpke.

Fraglich ist unterdessen, ob sich die Stadt dieses Vorkaufsrecht wird leisten können. Laut eigener Aussage hat W&L „mit Auflagen und Zusätzen knapp zwei Millionen Euro“ für das Hochhaus bezahlt, das bereits über eine schillernde Investoren-Historie verfügt.

Er habe vor etwa zwei Wochen im Büro des Bürgermeisters angerufen, sagt Christoph Straube, sei dort aber auf den Urlaub des Bürgermeisters hingewiesen worden. Am gestrigen Montag sollte ein Fax mit einem Gesprächsangebot im Rathaus eingehen. „Wir hoffen, dass wir eine Einigung finden“, so Straube. Man sei auch zu Kompromissen bereit.