Kamp-Lintfort. Weil die Börse verrückt spielt, müssen Kamp-Lintforter für Gas tiefer in die Tasche greifen. In einem anderen Bereich bleiben die Preise stabil.

Andreas Kaudelka, Chef der Stadtwerke Kamp-Lintfort, hat beeindruckende Diagramme zum Gespräch mit dieser Redaktion mitgebracht, die eine eindeutige Richtung haben: Es geht krass nach oben. Thema des Gesprächs: unter anderem die Gaspreise. Vertriebsleiter Bert Buschmann nennt die Entwicklung an den Börsen „historisch“, sein Job als Einkäufer bereitet ihm daher derzeit eher wenig Vergnügen. Ungefähr soviel wie dem Autofahrer, wenn er volltanken muss.

Aber die gute Nachricht zuerst: „Wir sind auch beim Strom davon ausgegangen, dass wir erhöhen müssten, aber das scheint nicht der Fall zu sein. Da werden wir voraussichtlich stabil bleiben können“, erklärt Andreas Kaudelka. „Der Strompreis an sich steigt, aber keiner merkt’s“, sagt er.

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Das sei der gesunkenen EEG-Abgabe zu verdanken, die statt der gedeckelten 6 Cent nun bei 3,72 Cent liege. Mit dieser gesetzlichen Abgabe wird für die Betreiber von erneuerbaren Energien die Differenz zwischen zugesicherter Vergütung und an der Börse erzielbaren Preisen finanziert. Zwar seien noch bis zum 25. Oktober Veröffentlichungen zu erwarten, die endgültig Klarheit bringen, aber das treibt dem Stadtwerke-Chef kaum Falten auf die Stirn.

Der Trend ging nach unten

Im Gegensatz zum Gas. Da zeige der Preistrend in den letzten Jahren eigentlich nach unten. Allerdings habe sich die kontinuierlich steigende CO2-Besteuerung schon ausgewirkt. Einen Preisschock wird es bei den Stadtwerken ebenso wenig geben wie bei der Enni (die NRZ berichtete). Auch beim Kamp-Lintforter Grundversorger werde „risikoavers“ eingekauft: mit einem bis eineinhalb Jahren Vorlauf, dafür aber eben nicht immer zum tiefsten Preis, um nicht plötzlich mit leeren Händen dazustehen oder – wie mancher Billiganbieter jetzt – die Mondpreise zahlen zu müssen. Kaudelka spricht von einigen Insolvenzen, die die rauschende Fahrt der Preise nach oben ausgelöst haben soll.

Bis zu 5 Euro mehr im Monat

Was die aktuelle Entwicklung für den Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 kwh bedeutet: Ab 1. Januar wird das Gas wohl um 4,50 bis 5 Euro im Monat teurer. Und weil Bert Buschmann derzeit auch bei teurem Gas zuschlagen muss, wird es 2023 wohl noch mal einen Nachschlag brauchen, schätzt Kaudelka. Wenn Bert Buschmann was zu kaufen findet. Denn es sei schwer, derzeit jemanden Seriöses zu finden, der langfristig Verträge mache, sagt er.

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Wie es weitergeht, das „weiß keiner“, sind sich die beiden Experten einig. Das Gas gehe dahin, wo die besten Preise erzielt werden. Das sei im Moment Asien. Ob sich dieser Markt in Kürze wieder beruhigt? Das kann niemand sagen, genauso wenig wie irgendjemand diese Entwicklung vorausgesehen habe. „Sonst hätten wir uns schon im letzten Jahr satt gemacht“, versichert Bert Buschmann. Sicher sei aber, dass es durch die politisch gewollte CO2-Abgabe auf jeden Fall nach oben gehe: Allein dadurch verteuere sich das Gas bis 2025 um 1,18 Cent pro Kilowattstunde, also bis dahin für den Durchschnittshaushalt um 100 Euro pro Jahr.

Nächste Abrechnung wird bestimmt teuer

Wenn im November die Abrechnungen kommen, sollten sich die Verbraucher schon mal auf höhere Kosten einstellen: Das bisher recht kühle Jahr mit vielen Tagen unter 15 Grad habe den Verbrauch erhöht, fürchtet Kaudelka. Und beim Strom dürfte sich mancher Home-Office-Arbeiter ebenfalls wundern.