Kamp-Lintfort. Seit 50 Jahren gibt es die Landeskirchschicht. Sonntag zogen 400 Knappen durch die Beamtensiedlung und feierten einen ökumenischen Gottesdienst.

„Glück auf, glück auf, der Steiger kommt…“ Da singen selbst einige Zuschauer am Wegesrand mit. Ein nicht alltägliches Bild: Rund 400 Knappen ziehen am Sonntag bei herrlichem Sonnenschein vom Schirrhof an der Friedrich-Heinrich-Allee durch die alte „Beamtensiedlung“, um schließlich nahe dem Förderturm einen ökumenischen Gottesdienst zu feiern. Landeskirchschicht, so der Name der Zusammenkunft. Von den rund 80 Knappenvereinen in NRW sind am Sonntag 35 mit dabei. Das Ereignis gibt es seit fast 50 Jahren, jährlich ist eine andere Bergbaustadt Gastgeberin. Kamp-Lintfort hat zum ersten Mal die Ehre.

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Vor dem Umzug eine Stärkung beim gemeinsamen Frühstück, bei dem die 3-G-Regel gilt. Mit seinen Freunden vom Knappenverein Bochum-Werne ist Ewald Kaufmann gekommen. Dem 82-Jährigen wird es ganz warm ums Herz, als er all die Kollegen in ihren schwarzen Kitteln und mit Schachthut sieht. „Viel Erinnerungen verbinden mich damit, woll. Wir haben schöne Reisen mit den Knappen gemacht“, sagt er. Und dass er sehr stolz sei, die Tradition der Landeskirchschicht hoch zu halten. „Leider lassen die Mitgliederzahlen sehr nach“, fügt er traurig hinzu. „Ich habe in den 50er- Jahren noch fünf Ministerpräsidenten die Straße entlang fahren sehen. ,Kumpels, macht Kohle, Deutschland friert’, hieß es damals.“

Auch viele junge Gesichter waren bei der Landeskirchschicht zu sehen.
Auch viele junge Gesichter waren bei der Landeskirchschicht zu sehen. © FUNKE Foto Services | Oleksandr Voskresenskyi

Viele junge Gesichter am Tisch gleich nebenan. Die Knappen aus dem niederrheinischen Geldern sind auch da. „In Geldern leben viele ehemalige Bergleute, die hier auf Fritz-Henn waren“, klärt Georg Kolbe (79) auf. Die ganze Familie sei entweder Bergmann oder Mitglied im Knappenverein Geldern, dessen Spielmannszug gottlob noch immer einigen Nachwuchs anziehe. Er ist einer von vielen, die Kameradschaft und Tradition als erstes nennen, wenn’s um Bergleute und Knappen geht. Das gilt auch für die, die in anderen Berufen arbeiten als einst ihre Väter. „Nachbarschaftshilfe und die Gemeinschaft, die sind uns wichtig“, betont der Maler und Lackierer Jürgen Claus aus Bochum-Werne.

Organisatoren des Events waren Norbert Ballhaus von der Fördergemeinschaft für Bergmannstradition und Johannes Hartmann vom Landesverband der Berg- und Knappenvereine. Als Ehrengäste der Landeskirchschicht kamen unter anderem Barbara Drese, stellvertretende Bürgermeisterin (SPD) sowie Peter Schrimpf als Vorstandsvorsitzender der RAG, der die Knappen Botschafter aller Bergleute nannte, die das Gestern mit dem Heute verbänden. Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Vorstandsmitglied der RAG-Stiftung, versprach, die Knappenvereine, die für Bildung, Kultur und Tradition im Lande stünden, auch weiterhin zu fördern. Zum Ausklang stieg am Nachmittag ein gemütliches Beisammensein auf dem Schirrhof-Gelände.

>>> Fördergemeinschaft für Bergmannstradition
Die Fördergemeinschaft für Bergmannstradition in Kamp-Lintfort betreut einen Lehrstollen an der Friedrich-Heinrich-Alle. Im Museum Haus des Bergmanns an der Ebertstraße geht es um das Alltagsleben der Bergleute.

Das Vereinsheim hat sein Zuhause seit Kurzem im Schirrhof an der Friedrich-Heinrich-Allee.