Neukirchen-Vluyn/Niederrhein. Naturschützer beobachten, wie der Klimawandel auch am Niederrhein Flora und Fauna beeinflussen. Die Lebensgrundlage vieler Tiere geht verloren.

Der Klimawandel macht sich auch in der Natur des Niederrheins bemerkbar. Extreme Dürre ließ bereits ganze örtliche Lebensgemeinschaften aussterben. Andererseits profitieren Einwanderer in Flora und Fauna von milden Wintern. Naturschützer wie Harald Fielenbach in Moers und Neukirchen-Vluyn, Peter Malzbender in Wesel oder Otto Sartorius in Kamp-Lintfort berichten von ihren Beobachtungen.

Jeder einzelne kann etwas tun

Schon länger warnen Fachleute, dass die Insektenmasse, die Forscher in speziellen Fallen fangen und zählen, um 80 Prozent abgenommen habe. Lebensgrundlage für zahllose Tierarten fehle somit. „Dazu tragen viele Faktoren bei, einerseits Pestizide und Herbizide, aber auch die extremen Wetterlagen der vergangenen Jahre“, weiß Harald Fielenbach vom Naturschutzbund (Nabu) in Neukirchen-Vluyn und Moers.

Natur und Klimawandel
Natur und Klimawandel © Harald Fielenbach

Der Begriff der Biodiversität, der Artenvielfalt, tauche in fast allen städtischen Programmen auf, um den Rückgang abzumildern. Doch auch jeder einzelne könne im Garten etwas für die Natur tun, weiß Fielenbach. Beispielsweise dienten Brennnesseln Faltern als Lebensraum. „Die Tierwelt hat sich radikal verändert. Rebhühner, Feldhamster und Sumpfohreulen, die früher zum Bild in der Landschaft gehörten, sind verschwunden. Ebenso Eidechsen oder Nattern“, sagt Fielenbach.

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Otto Sartorius vom Nabu in Kamp-Lintfort kennt auch Verhaltensänderungen: „Zahlreiche Singvogelarten wie viele Stare überwintern oft gar nicht mehr im Süden und bleiben das ganze Jahr hier.“

Feuchtbereiche fallen trocken

Peter Malzbender vom Nabu in Wesel erklärt zu den Schäden, die die ungewöhnliche Dürre der letzten drei Sommer angerichtet hat: „Viele wertvolle Feuchtbereiche am Niederrhein sind trocken gefallen. Auch Flachwasserzonen sind betroffen. Die Lebensgemeinschaften dort sind so gut wie ausgestorben.“

Sie dienten jedoch auch als Futterquelle. „Libellenlarven im Schlamm beispielsweise sterben ab und fehlen als Nahrung für Kiebitze oder Uferschnepfen. Sie stochern gern im feuchten Boden nach Lebewesen.“ Die Vögel wanderten dann ab.

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Andererseits bewirkten Starkregen und Sturm zur Brutzeit, dass Singvögel keine Insekten für die Jungen fänden, so Malzbender weiter. „Oft findet man drei, vier tote Meisenjunge in den Brutkästen.“

Artengefüge verändert sich

Große Verluste gebe es auch bei den Störchen, weil Jungtiere durch das dauernd nasse Gefieder eingingen. Zuwanderer wie der Wärme liebende Schwalbenschwanz-Falter sehe man heute jedoch öfter. Der Löffler als Küstenvogel brüte sogar auf der Bislicher Insel. Die bunten Bienenfresser seien mit 1000 Brutpaaren aus dem tiefen Süden am Kaiserstuhl zugewandert, ebenso der Wiedehopf.

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Zu allem Übel, ergänzt Harald Fielenbach, hätten sich angesichts der warmen Winter zahllose exotische Pflanzenarten wie Bärenklau oder japanischer Knöterich dramatisch verbreitet, die die heimischen Arten überwucherten und erstickten. „Die Zuwanderung von Süden nach Norden ist eigentlich nicht unnormal. Aber das Artengefüge verändert sich dadurch erheblich“, so Fielenbach.

Bäume sorgen für Kühlung

Und: „Baumarten sterben durch die Dürre, etwa Kiefern oder Fichten.“ Nicht nur die Naturschützer sind sich einig, dass auch die radikal fortschreitende Versiegelung der Landschaft durch Straßen- und Wohnungsbau einen großen Anteil am Klimawandel hat. „Bäume sind gut für die Kühlung der Städte, natürlicher Boden nimmt viel Regen auf“, weiß der Lintforter Otto Sartorius.

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Trotz allen Elends durch die Veränderung der Natur gebe es aber in diesem Sommer auch eine gute Nachricht: „Die seltenen Kreuzkröten, die Flachwasser und Pfützen zum Ablaichen brauchen, haben sich gut vermehrt.“ Neben den beiden bekannten Laichstellen unter anderem an der Motocrossbahn Eyller Berg gebe es jetzt einen weiteren Ort in Kamp-Lintfort im Bereich des ehemaligen Bauernhofes Asdonkshof, an dem die bedrohten Amphibien zu finden sind. „Und ich habe den Eindruck, dass die Abfallverwertungsgesellschaft um den Schutz dieser Fläche bemüht ist“, freut sich Otto Sartorius.