Neukirchen-Vluyn/Moers. Die Naturschutz-Bund-Gruppe (Nabu) Moers/Neukirchen-Vluyn hat eine eigene Arbeitsgruppe für den Steinkauz. Es gibt ganz besondere Aufgaben.

Wenn Naturschützer auf die Bäume gehen, haben sie etwas Bestimmtes im Sinn. So auch Harald Fielenbach von der Naturschutz-Bund-Gruppe (Nabu) Moers/Neukirchen-Vluyn. In diesem Falle will er mittels langer Leiter den Bruterfolg der kleinen Steinkäuze in einem Nistkasten kontrollieren.

Gleich zwei solcher Bruthilfen gibt es in dem uralten Kirschbaum, der auf der Wiese an der Vluynbuscher Straße bei Familie Winkels prangt. Die freut sich über die ungewöhnlichen Haustiere, die jedes Jahr bei ihr den Nachwuchs großziehen.

Vorsichtig hebt Harald Fielenbach den Deckel des Brutkastens an – und schon flattert ein großes Küken hoch und setzt sich wenig weit entfernt am Straßenrand nieder. So war das nicht geplant. Aber der Naturschützer hat Erfahrung mit Eulen. Er nimmt das Junge einfach auf und trägt es zurück.

Der Naturschützer warnt

„Viel zu gefährlich, an der Straße zu sitzen, und dann auch noch die vielen Katzen“, sagt er. Ein zweites, bereits gesichtetes Jungtier sitze wohl versteckt im Baum. Das fast flügge Vögelchen in der Menschenhand zeigt sich unerschrocken, ganz wie es die Art der Eulen ist. Mit seinen hellgelben Augen nimmt es die Leute um sich herum neugierig ins Visier. Der schlaue Blick, der Eulen so faszinierend macht, tut seine Wirkung. Jeder betrachtet das Käuzchen hingerissen. Nicht umsonst werde der Steinkauz – mit seinen 170 Gramm Lebendgewicht die kleinste Eulenart bei uns – auch Kobold der Nacht genannt, sagt Fielenbach.

Schau mir in die Augen. Ein junger Steinkauz.
Schau mir in die Augen. Ein junger Steinkauz. © FUNKE Foto Services | Ulla Michels

Der Naturschützer warnt: „Alle Eulenarten machen, wenn sie vom Nest gehen, ein Krabbelstadium durch. Sie sind dann keinesfalls verwaist, sie werden weiter gefüttert. Also bitte kein Tier vom Boden oder vom Ast aufheben und mitnehmen, das ist ein weit verbreiteter Fehler“, mahnt der Naturschützer.

Die Daten dienen der Kartierung

Hannah Kurau hat vor kurzem die Arbeitsgruppe Steinkauz übernommen. Gerade lernt sie von Fielenbach, wie man eine Eule richtig hält. Dann klettert sie auf die Leiter und setzt das unerschrockene Junge vorsichtig wieder in den Nistkasten.

Unterstützt wird Hannah Kurau von weiteren Helfern und Helferinnen wie Ulla Böing. „Wir zählen die Jungen in unseren Nistkästen. Dieses Jahr wurden in den 80 Kästen, die wir betreuen, 25 Tiere groß. Und wir gehen dreimal im Frühjahr in die Landschaft, um die Eulen zu verhören“, erklärt sie.

Dabei lassen die Naturschützer Klangattrappen erschallen und warten auf die Antwort eines echten Tieres. „Das funktioniert in der Paarungszeit ganz prima“, sagt Böing. Die Daten des Nabu dienten der Kartierung. Die Arbeit finde in Zusammenarbeit mit der Biologischen Station Wesel statt.

Steinkäuze sind in Deutschland bedroht. Sie kommen in NRW noch mit 7500 Brutpaaren vor, weil sie hier noch Weidewiesen mit alten Obstbäumen finden.

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„Sie brüten aber auch in Höhlen anderer alter Bäume. Die werden leider immer seltener“, erklärt Fielenbach. Die Viehweiden seien besonders wichtig. „Das Gras muss immer niedrig sein, damit die Käuze gut nach Mäusen und Insekten jagen können, sonst wandern sie ab.“ Besser gehe es noch dem Waldkauz, der nach dem Uhu die größte Eulenart im Lande ist: Hier würden noch 75.000 Brutpaare gezählt, wie Ulla Böing berichtet. Und immerhin 30.000 Paare Waldohreulen zähle man heute noch. Uhus werden in der Region wieder vereinzelt gesichtet.

Auch Schleiereulen sind bedroht

Schleiereulen – mit ihrem Till-Eulenspiegel-Gesicht die wohl schönste Art unter den gefiederten Jägern der Nacht – werden beim Nabu durch Harald Fielenbach betreut: „Auch sie sind bedroht. Sie brauchen zum Brüten immer ein Scheunendach oder ähnliches, sie gehen in keinen Baum. Leider dichten viele Hofbesitzer heute alle Gebäudeteile ab.“

Früher war das anders. Da lagerten Heu oder Getreide auf der Tenne, was Mäuse anzog. Die Scheunen waren mit kleinen Dachfenstern belüftet, die Schleiereulen zum Einflug dienten. Sie waren für die Bauern willkommene Helfer bei der Schädlingsbekämpfung. Der Nabu hilft den Vögeln heute, indem er bei interessierten Landwirten, aber auch bei Hausbesitzern Nisthilfen anbringt. „Jeder kann einen Schleiereulenkasten hoch oben an seinem Haus anbringen. Im Kasten bei mir sind gerade wieder Junge groß geworden. Auf Wunsch helfe ich auch beim Montieren, was nicht so einfach ist“, sagt Harald Fielenbach.

Zum Rückgang der Eulen tragen auch Wind und Wetter bei. „Man schätzt, dass etwa 70 Prozent der jungen Schleiereulen und rund 50 Prozent den Steinkauzjungen den ersten Winter nicht überstehen“, weiß der Nabu-Mann. Unter anderem verhungerten Eulen und andere von Mäusen lebende Vögel bei lang anhaltender Schneedecke, da Mäuse unter dem Schnee aktiv seien. Warme Winter sind also gut für Eulen.