Moers/Kreis Wesel. Die allein erziehende Lisa Meester macht in Moers eine Teilzeit-Ausbildung. Praktisch, wenn sich Job und Privatleben gut vereinbaren lassen.
Teilzeitarbeit ist weit verbreitet, aber eine Ausbildung in Teilzeit? Doch, das geht auch, und zwar schon seit 2005. Lisa Meester (33) nutzt zurzeit dieses Angebot. Die allein erziehende Mutter von zwei Töchtern und einem Sohn macht eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten bei der Stadtverwaltung in Moers.
Bis 2018 war Meester Teamleiterin in einem Vier-Sterne-Hotel. „Das ging gerade noch, war aber nicht immer schön“, sagt sie. Zu „nicht immer schön“ passt vielleicht auch die Tatsache, dass das Gehalt nicht ausreichte und über das Job-Center aufgestockt werden musste. Irgendwann stellte sich für sie und ihre drei Kinder die Frage: Wie geht es weiter?
Die zündende Idee kam aus dem Jobcenter in Moers
Eine Antwort hatte Ulrike Mühlhoff. Die Fallmanagerin im Jobcenter Moers schlug ihr eine Ausbildung in Teilzeit vor. Meester nahm an – und hat es bis heute nicht bereut. Seit acht Monaten ist sie bei der Stadt als Auszubildende beschäftigt, zuerst im Kinder- und Jugendbüro, jetzt bei der Stadtkasse.
Die Stadtverwaltung Moers ist kein Einzelfall im Kreis Wesel, wenn es um Teilzeitausbildung geht. „Fast alle Kommunen im Kreis Wesel bieten das an“, sagt Christiane Naß, Beauftragte für Chancengleichheit der Agentur für Arbeit Wesel. Nur in der freien Wirtschaft, meint Naß, seien Teilzeitmodelle in der Ausbildung nicht unbedingt stark nachgefragt – aber das kann sich ja ändern.
Sascha Angenendt, Ausbildungsleiter bei der Stadt Moers, sieht jedenfalls großen Nutzen für alle Seiten in einer Teilzeit-Ausbildung: „Die Auszubildenden punkten mit hoher Sozialkompetenz und Verantwortungsbewusstsein. Außerdem sehen wir in dieser Art der Ausbildung auch eine gute Möglichkeit, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.“ Die Teilzeit könne, so Angenendt, bis auf 25 Wochenstunden reduziert werden, meisten seien es um die 30 Wochenstunden. Zurzeit seien von 45 Ausbildungsplätzen in der Verwaltung drei in Teilzeit besetzt. Sorgen um die Zeit danach muss sich bei der Stadt Moers erst einmal keiner machen: Seit einiger Zeit, so Angenendt, gebe es nach einem Ratsbeschluss für jede Auszubildende und jeden Auszubildenden ein Angebot auf ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis.
Lisa Meester jedenfalls ist glücklich über die Teilzeit-Ausbildung – auch wenn die Tage durchaus gut gefüllt sind: „Morgens bringe ich meinen Sohn zur Kita, dann arbeite ich sechs Stunden bei der Stadt. Danach hole ich meinen Sohn wieder ab, betreue meine Töchter beim Homeschooling und lerne selbst für die Ausbildung. Es funktioniert.“
Selbst das mit dem Geld passt
Und selbst das mit dem Geld passt. Zusätzlich zum Teilzeit-Azubi-Gehalt hat sie eine Ausbildungsbeihilfe beantragt. Und weil ihre Kita erst um 8 Uhr öffnet, kann sie über eine Tagesmutter eine Randzeitenbetreuung für ihren Sohn organisieren. Das ist unter anderem deshalb wichtig, weil sie montags und dienstags die Berufsschule in Wesel besucht und dann besonders früh unterwegs sein muss.
Weitere Informationen zum Thema Teilzeitausbildung gibt es bei Christiane Naß, 0281 / 9620552, E-Mail: Wesel.BCA@arbeitsagentur.de und Beate Bahlke, Jobcenter Kreis Wesel, 0281 / 9620287, E-Mail Beate.Bahlke@jobcenter-ge.de
>>INFO
Die Agentur für Arbeit Wesel und das Jobcenter Kreis Wesel setzen sich seit vielen Jahren dafür ein, die Möglichkeit der Teilzeitberufsausbildung bekannter zu machen. Diese Form der Berufsausbildung steht mit der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes seit dem 1. Januar 2020 allen Interessierten offen.
In den Kreisen Kleve und Wesel setzt sich die „Initiative für Teilzeitberufsausbildung“ dafür ein, dass diese Ausbildungsvariante sowohl bei Ausbildungssuchenden als auch bei Betrieben bekannter wird. Dazu hat sie neue Informations-Flyer aufgelegt, die unter www.arbeitsagentur.de/vor-ort/wesel/bca erhältlich sind.