Neukirchen-Vluyn. Jeannette von der Leyen hat Konzerte nach Schloss Bloemersheim geholt. Sie setzt sich in Neukirchen-Vluyn für Kultur und für Soziales ein.
Jeannette von der Leyen gehört zu den Menschen, die nicht nur reden, sondern machen. Und wenn sie von dem erzählt, was sie macht, tut sie das in einer unprätentiösen wie präzisen und selbstverständlichen Art. Wir sitzen im Kaminzimmer an jenem Vormittag, weil dort ausreichend Platz ist, um den coronabedingten Abstand zu halten. „Bringen Sie sich auch einen warmen Pullover mit“, hatte die Freifrau am Telefon gesagt.
Nun knistert das Holz im Kamin und ein weiteres wärmendes Textil ist nicht notwendig. Der auffordernde Satz soll dennoch erwähnt bleiben, zeigt er doch sehr anschaulich, dass die Freifrau mindestens einen Schritt voraus denkt und dabei das Wohl derer im Blick hat, mit denen sie sich umgibt.
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Und sie ist eine gute Gastgeberin, spricht selbst von einem „offenen Haus“ in Neukirchen-Vluyn. „Mein Vater war prägend für mich“, sagt Jeannette von der Leyen. Ihr Vater, das war Alexander Stahlberg, der im Widerstand gegen das sogenannte dritte Reich stark eingebunden war. Und ein Hobby-Bratschist, der seinerzeit sogar bei Herbert von Karajan als Aushilfe habe musizieren dürfen. Regelmäßig machten der Pianist Karl Engel, der Cellist Rudolph Metzmacher und der Geiger Friedrich-Georg Hausmann mit dem Vater Kammermusik.
Der Vater hat die Liebe zur Kammermusik geprägt
Musikalische Größen wie Pau Casals, Yehudi Menuhin, Dietrich Fischer-Dieskau oder Auréle Nicolet waren, wenn sie in Hannover konzertierten, häufig im Hause Stahlberg zu Gast.
Durch den Vater habe sie die Affinität zur Kammermusik, sagt die Freifrau. Es soll um sie gehen in diesem Gespräch, die erste halbe Stunde ist geprägt von der Familiengeschichte, dem Charakter ihres Vaters, dem Schicksal ihrer Mutter, der Flucht, dem Tod des Vaters, dessen drei Ehefrauen und schließlich von dem, was ihre Kindheit in Hannover ausgemacht hat.
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Die Liebe zu den Pferden hatte die Mutter geprägt. Aber ein Leben ohne Instrumente war für die kleine Jeannette und ihre Geschwister nicht denkbar. „Ich bin lieber geritten, als Geige zu üben“, gibt Jeannette von der Leyen zu. Und da 90 Prozent des Erfolges davon abhängen, wie fleißig das Spielen geübt wurde, wie sie sagt, lässt sich erahnen, wie sie selbst ihre musikalischen Fähigkeiten bewertet.
Es kommen hochrangige Ensembles
Dennoch gab es auch für die eigenen vier Kinder kein Entkommen vor dem Musizieren, zumindest nicht bis zur Konfirmation. „Ich fand, dass in ein Haus wie dieses Musik gehört“, sagt Freifrau von der Leyen, nimmt einen Schluck Kaffee und lächelt. Wohl auch deswegen organisierte sie zusammen mit dem damaligen städtischen Kulturbeauftragten Franjo Terhart die Schlosshofkonzerte.
Im August 1993 gab es ein erstes Probekonzert, in der Folge kamen jährlich teils hochrangige Ensembles nach Schloss Bloemersheim. Seit 2006 finden hier die Abschlusskonzerte des Kammermusikfestes Kloster Kamp statt. Regelmäßige Preisträgerkonzerte begeistern die Zuhörerinnen und Zuhörer. Zum Portfolio gehört seit einigen Jahren auch das Kinder- und Jugendmusikfestival – das ist ihr „Baby“, wie sie sagt. Insgesamt eine Bereicherung für das kulturelle Leben am Niederrhein.
Die Organisatorin lobt die gute Arbeit von Marc Marburger, der das Sicherheitskonzept für Bloemersheims Alte Sortierhalle gemacht hat und schwärmt von der guten Kooperation mit Katharina und Alexander Hülshoff: Die beiden kümmern sich um die Konzertprogramme und die Künstler, sie um den Rest.
Das alles musste nebenbei laufen. Von 2004 bis 2019 war Jeannette von der Leyen als Geschäftsführerin der Obstplantagen Bloemersheim Vertriebsgesellschaft mbH für die Vermarktung der Produkte zuständig.
Jetzt hat sie die gleiche Position für den Bestattungswald der Waldbetriebe Meerbusch inne. Es ist ein recht neues Projekt, das aber einen sehr langen Vorlauf hatte. „Mein Mann hat zwölf Jahre gebraucht, um es zu installieren.“ Und wenn sie hier wieder von den bürokratischen Hürden und den Lösungen erzählt, wird klar: Die Frau ist pragmatisch unterwegs.
Die Frau ist auch für Klartext für Kinder unterwegs
Unterwegs ist sie übrigens auch regelmäßig am Steuer größerer Fahrzeuge. Jeannette von der Leyen ist seit 2018 Fahrerin der Mobilen Kindertafel des Vereins „Klartext für Kinder – Aktiv gegen Kinderarmut“. Da kam es ihr natürlich zugute, dass sie wegen der Pferdetransporte Anfang der 1990er Jahre den Lkw-Führerschein gemacht hat.
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Ebenfalls eine Herzensangelegenheit, das Engagement bei Klartext für Kinder. „Es geht nicht nur darum, dass die Kinder da eine warme Mahlzeit bekommen“, betont die Freifrau. Ein ums andere Mal kommt das Tafelbus-Team mit den Kindern und Jugendlichen ins Gespräch, auch darüber, wo womöglich gerade der Schuh besonders drückt. „Die Aufgaben sind immer auf mich zugekommen“, sagt die ausgebildete Cutterin.
Ja, sie hat was ganz Handfestes in Köln beim WDR gelernt. Was ihr Engagement heute bedeutet? Jeannette von der Leyen überlegt. „Ich sehe im Ehrenamt ein Geben und ein Bekommen.“ Und fügt dann noch hinzu: „Darüber hinaus finde ich, dass ich in meinem Leben so wahnsinnig viel Glück gehabt habe, hier zu laden.“