Moers. Corona macht alles anders. So gab es in Moers auch keinen Nelkensamstagszug in diesem Jahr. Dafür kam der Kamelletütenlieferservicetraktor.

Normalerweise hätten sich am Nelkensamstag rund 50, vielleicht auch 60 geschmückte Karnevalswagen, Fuß- und Musikgruppen auf den Weg von Duisburg nach Moers gemacht, um den Jecken am Straßenrand zuzujubeln und sie mit ordentlich Kamelle zu versorgen. Dieses Spektakel fiel in diesem Jahr coronabedingt aus.

Ganz auf Kamelle mussten aber zumindest einige Kinder nun nicht verzichten. Ruth Scheuvens und Michael Viktor waren am Samstag mit ihrem Kamelle-Trecker auf den Moerser Straßen unterwegs. Ihr Ziel: rund 250 Nachwuchsjecken, die zuhause auf den Besuch der beiden gewartet haben. „Wir wollten Karneval nicht komplett ausfallen lassen und wenigstens den Kindern eine coronakonforme Alternative bieten. Eigentlich war die Aktion für gut 20 Hülsdonker Kinder gedacht, die sonst zur legendären Karnevalsparty ins Café Jedermann kommen“, erklärt Viktor, der selbst als DJ in dem Restaurant arbeitet.

Auch interessant

Nach einem Aufruf bei Facebook haben sich aber schließlich deutlich mehr Karnevalisten gemeldet. „Dafür, dass wir die Idee erst vor acht Tagen hatten, war die Resonanz einfach unglaublich und ging durch die Decke“, freut sich Ruth Scheuvens.

Im Jedermann spielt Hausmeister Krause virtuell

Am Mittag starteten die beiden in Vennikel und steuerten Rumeln an. Von dort ging es nach Kapellen und in die Moerser Innenstadt. Ein kurzer Aufwärmstopp wurde im Café Jedermann in Hülsdonk eingelegt.

Dort bereiteten die Betreiber Andrea Goer und Christian Hirschmann die virtuelle Karnevalsparty mit DJ Hausmeister Krause vor, die per Stream im Internet übertragen wurde. Dann ging es für den Lieferdienst weiter durch Hülsdonk. Schon von weitem waren die beiden kaum zu übersehen und zu überhören. Der Traktor war mit bunten Girlanden geschmückt, aus einem Lautsprecher schallte laute Karnevalsmusik. Scheuvens fuhr mit einem ebenfalls geschmückten Auto hinterher. Die vielen Kamelletüten mit allerlei Süßigkeiten wie Schokolade und Bonbons hätten nämlich nicht noch auf den Trecker gepasst. Ursprünglich war eine Fahrt mit einem Planwagen angedacht, doch Viktor befürchtete, dass zu viele Menschen mitlaufen würden, weil das Gefährt ziemlich langsam unterwegs ist.

Auch interessant

Ein Landwirt stellte ihm schließlich den Trecker zur Verfügung. „Mit dem bin ich schnell genug. Bei konsequenten 25km/h läuft keiner lange nebenher“, sagt Viktor. Und so war es auch. Die Familien warteten in ihren Wohnungen und auf ihren Grundstücken, bis der Bringservice vorfuhr. In der Wohnsiedlung „Im Schroersfeld“ konnte man den Besuch der beiden kaum erwarten. Auf Abstand wartete die Nachbarschaft verkleidet und mit einem Glühwein in der Hand auf den Kamelle-Trecker. Mit Karnevalsmusik und einem dreifachen Helau wurden Scheuvens und Viktor schließlich begrüßt.

Auch interessant

Und dann ging es eigentlich ganz schnell: Der Traktor wurde geparkt und die kleinen Tütchen verteilt. Zugegeben: Guido Schöttl war kein Kind mehr, erhielt neben den kleinen Narren aber trotzdem eine der begehrten Tüten. „Ich habe mich kleingemacht“, sagt er lachend: „Das ist eine tolle Aktion, um das beste aus der derzeitigen Situation zu machen.“ Nach zwei Minuten verabschiedeten sich Ruth Scheuvens und Michael Viktor – beide natürlich ebenfalls verkleidet – hupend und winkend und machten sich auf den Weg zur nächsten Adresse. „Es macht uns richtig viel Spaß und der schönste Moment ist definitiv, wenn wir die strahlenden Augen der kostümierten Kinder sehen“, erklärt die Organisatorin.