Neukirchen-Vluyn. Der Neukirchen-Vluyner Rat hat alle Planungen für das Neukircher Feld gestoppt. Die Opposition ist empört. Die RAG sagt, das sei „abschreckend“.

Die Entscheidung stand im Prinzip bereits vor der eigentlichen Diskussion im Rat der Stadt fest. CDU, Bündnis 90/Die Grünen und NV Auf geht’s haben mit ihrer Mehrheit im Stadtparlament die weiteren Planungen für das Neukircher Feld gestoppt. Die drei Fraktionen hatten im Vorfeld der Sitzung am Mittwoch im Kulturzentrum Rheinkamp in Moers einen Dringlichkeitsantrag zum Thema eingebracht, der insbesondere auf die geänderten sozialen Aspekte sowie auf die klimatischen Faktoren abzielte (die NRZ berichtete).

Die Verwaltung brauche einen klaren Auftrag, argumentierte Elisabeth Wannenmacher, Fraktionsvorsitzende von NV Auf geht’s, in der Sitzung. Die Beschlüsse müssten aufgehoben werden, um den Weg für die Rückabwicklung des Grundstücksgeschäfts zu bereiten, so lautete die Botschaft.

Die FDP hatte Beratungsbedarf

Die FDP zeigte sich verwundert angesichts der Eile, mit der der Antrag eingebracht worden war; der Bitte um Beratungsbedarf, die André Landskron vorbrachte, wurde nicht nachgekommen. Ein ziemliches Novum im politischen Gremium, in der Regel führt es zu einer Verschiebung von Entscheidungen, wenn eine Fraktion einen solchen Beratungsbedarf anmeldet. In diesem Fall wurde der Wunsch abgewiesen, weil der „politische Wille“ bereits geäußert worden sei, wie es mit Blick auf ein entsprechendes Votum in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses im vergangenen November hieß. In der besagten Sitzung hatten die nach der Kommunalwahl geänderten Mehrheiten den Stopp aller Planungen befürwortet.

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Auch das engagierte Aufbäumen der SPD-Fraktion führte am Mittwoch ins Leere. Deren Fraktionsvize Klaus Lewitzki hatte zunächst die Dringlichkeit in der Sache angezweifelt. In Richtung der CDU-Fraktion stellte er heraus, dass es bemerkenswert sei, dass diese früher das Neukircher Feld stets mit maximalem Gewinn hätte vermarkten wollen und nun mit dem Mangel an sozialem Wohnraum argumentierte. „Jeder andere Makler wäre hier im Rahmen der freien Marktwirtschaft genauso unterwegs wie die RAG MI“, sagte Lewitzki.

Die Kritik am städtischen Gutachten bezeichnete er als nicht nachvollziehbar und sprach angesichts der Entwicklung von einem „Gau“ für die Stadtentwicklung. „Wir stellen uns öffentlich als unzuverlässiger Partner für jegliche weitere Investoren dar“, sagte er weiter. Ferner sprach er von einem Defizit von bis zu einer Million Euro für den städtischen Hauhalt und äußerte die Befürchtung, dass das zu Steuererhöhungen führen werde.

Die Stadt hat einen Auftrag

Die SPD-Ausführungen bezeichnete der CDU-Fraktionsvorsitzende Markus Nacke unwirsch als „Angst machend auf niedrigem Niveau“. Die RAG habe sich lange nicht blicken lassen. Wie Elisabeth Wannenmacher (NV Auf geht’s) weiter ausführte, wolle die RAG MI auf der Südfläche weiter Geld verdienen, unter anderem mit den Tiny Houses.

Nach NRZ-Informationen soll jetzt ein zweites Gutachten erstellt werden.

„Überraschend ist das nicht“, sagte Bürgermeister Ralf Köpke am Donnerstag auf Nachfrage über die Entscheidung im Stadtrat, das Planverfahren zu stoppen. „Wir haben jetzt einen Auftrag“, sagte er weiter mit Blick auf den politischen Beschluss. Das Gutachten der Hausjuristin bezeichnete er als „qualifiziert“ und „fernab von jeglicher Beeinflussung“. Die Stadt werde sich jetzt mit der RAG MI an einen Tisch setzen.

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Die RAG MI bezeichnet die Vorgehensweise als „abschreckend“

Die RAG Montan Immobilien äußerte sich am Donnerstagnachmittag zum Vorgang. Man bedauere die Entscheidung des Rates der Stadt Neukirchen-Vluyn, die Änderung des Flächennutzungsplans und den Bebauungsplan zum Neukircher Feld aufzuheben, heißt es in der Stellungnahme.

Im Neukircher Feld sollten auf rund 57.000 qm Fläche etwa 50 Einfamilienhäuser und rund 30 Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern entstehen. „Wir sind davon ausgegangen, dass der mit der Stadt beschlossene ,Letter of Intent‘ und der städtebauliche Vertrag verbindliche Regelungen darstellen, die uns eine verlässliche Basis für unsere Investitionen in den dringend benötigten Wohnraum Neukirchen-Vluyn gibt“, betont Sandra Nierfeld, die verantwortlich für das Projekt ist. „Solch eine Vorgehensweise ist in hohem Maße abschreckend für investitionswillige Unternehmen. Die RAG Montan Immobilien hat in vielen Fällen gezeigt, dass sie eine verlässliche Partnerin für die Kommunen ist. Die gleiche Verlässlichkeit erwarten wir natürlich auch umgekehrt,“ sagt Nierfeld.

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Eine Entscheidung, wie die RAG MI im Fall Neukircher Feld weiter vorgehen wird, werde mit gebotener Ruhe getroffen, heißt es. Dies solle auch weiter im vertrauensvollen Austausch mit der Stadt geschehen.

Die RAG MI sieht eine starke Nachfrage

Die starke Nachfrage nach den Grundstücken im Neukircher Feld habe den Bedarf an neuem bezahlbarem Wohnraum mehr als deutlich gemacht. Die sachlichen Fragen, unter anderem nach der Berücksichtigung der Klimaziele und sozial angepasster Mietpreise, wären sicherlich zu beantworten gewesen, schreibt die RAG MI. Und weiter: „Laut dem abgestimmten städtebaulichen Konzept sollten auf der Fläche ohnehin bereits rund 35 Prozent der Wohnungseinheiten als bezahlbarer Wohnraum entstehen.“

In Sachen Klimaschutz habe ein umfangreiches Umweltgutachten vorgelegen, das bestätigt habe, dass die Fläche keine besondere klimatische Funktion aufweist. Auch ökologisch sei sie als nicht besonders wertvoll eingestuft worden. Beispiele für die auch an Klimazielen orientierte Arbeit fänden sich in der städtebaulichen Gestaltung des Quartiers Niederberg mit Grünzonen, Freiflächen und dem Erhalt des Zechenwaldes. Nierfeld: „Wir stehen trotz der jetzigen Enttäuschung der Stadt Neukirchen-Vluyn weiterhin für Gespräche zur Verfügung.“