Kamp-Lintfort. Frank Grün arbeitet im Kamp-Lintforter Kalisto daran, dass sich die scheuen Alpakas anfassen lassen. Bei einem hat er es besonders schwer.

Ein bisschen Stolz klingt in der Stimme von Frank Grün mit: „Von ,nicht anfassbar’ hin zu ,Schmusern’ in nur vier Monaten.“ Gemeint sind die Alpakas im Tierpark Kalisto auf dem ehemaligen Zechengelände. Mit ihnen arbeitet der Kamp-Lintforter „Pferdeflüsterer“, damit sie vielleicht für Therapien eingesetzt werden können, oder bei Managerseminaren. Wobei das mit dem Schmusen ein bisschen gestrunzt ist, wie Grün einräumt. „Nur manche mögen es. Die meisten tolerieren es nur.“

Und damit das klappt, reicht ein bisschen flüstern ehrlich gesagt auch nicht. Es braucht viel Geduld. Vor allem am Anfang: „Da habe ich mich jeden Tag einfach eine halbe Stunde ins Gehege gesetzt, damit die Tiere Vertrauen aufbauen können.“ Was bei Pferden klappt, klappt auch bei Alpakas, mit denen sich Grün

So geht Überzeugungsarbeit bei Alpakas.
So geht Überzeugungsarbeit bei Alpakas. © FUNKE Foto Services | Markus Weissenfels

erstmals auseinandersetzt. Mit Druck gehe bei denen gar nichts, hat er die Erfahrung gemacht. „Sie sind Weltmeister im Vermeiden.“ Auch Streicheleinheiten werden nicht unbedingt als Belohnung angesehen. Und im Gegensatz zu Pferden könne man auch nicht mit der Stimme loben oder strafen. „Das ist den Alpakas wurst.“ Das beste Argument ist – wie bei so vielen Tieren – das Leckerchen. Damit bringt man sogar den sturen Theo aus Moers, der so gar nichts von der Nähe zum Menschen hielt, dazu, auf die Knie zu gehen und sich täglich was ins Maul spritzen zu lassen, damit die Zähne wieder heile werden. Und deshalb ist ihm der Bursche so ans Herz gewachsen, dass Frank Grün findet: „Wenn es nach mir ginge, blieben die Moerser Tiere hier.“ Was die Freunde des Moerser Streichelzoos bestimmt nicht gerne hören.

Halbe Stunde, dann ist Schluss

Was der Alpaka-Flüsterer auch herausgefunden hat: „Sie haben eine kurze Aufmerksamkeitsspanne. Dreißig Minuten, dann ist gut.“ Dann zeigen sie meist auch, dass sie wieder ins Gehege wollen. Denn jetzt können schon Kinder – natürlich in seiner Begleitung – mit den kuscheligen Vierbeinern spazieren gehen. Die Halfter dafür hat Frank Grün selbst geknotet. „Da findet man sonst nichts Passendes.“ Mittlerweile haben sich die Gassi-Runden der wolligen Fellnasen auf dem ehemaligen Laga-Gelände rumgesprochen. „Es gibt Leute, die kommen extra deswegen in den Park und warten drauf.“ Wie gut, dass Hunde die Alpakas nicht interessieren, und wie schön, dass sie sich nun auch anfassen lassen. Wie sich so ein Alpaka anfühlt? Frank Grün gerät ins Schwärmen: „Wie eine Angorakatze – oder wie eine Geliebte.“

Wobei nicht ein Alpaka wie das andere ist.

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„Da gibt es auch Charaktere von forsch bis ängstlich. Oder eben einen Willi: „Der ist mitten in der Pubertät.“ Oweia. Oder eben einen Theo, der nicht viel vom Unterordnen hielt. Und das tut er derzeit auch nur für Frank Grün: „Er ist total auf mich geprägt.“ Aber das soll, das muss sich bald ändern. „Ich bin 64 und kann auch mal ausfallen. Außerdem hoffe ich, dass ich irgendwann überflüssig werde.“ Deshalb ist Alpaka-Pflegerin Michèle von Holten mit ihm gemeinsam am Start. Und Frank Grün ist sehr begeistert von ihrem Talent im Alpaka-Flüstern.

Irgendwann muss ja mal gut sein mit der guten Tat. Denn der Kamp-Lintforter macht den Flüsterer-Job ehrenamtlich. „Es macht Spaß. Das mache ich für mein Ego, das hat mich gereizt.“ Und wenn man soviel erreicht hat in so kurzer Zeit, dann darf man auch mal stolz sein.

https://www.nrz.de/staedte/moers-und-umland/kamp-lintfort-tierpark-kalisto-will-vor-weihnachten-oeffnen-id230891454.html

Für Kalistochefin Stephanie Winkendick ist das ehrenamtliche Engagement von Frank Grün das pure Glück. Eigentlich sollte der Tierpark am 20. Dezember nach dem Laga-Ende wiedereröffnen. Wegen Corona wird nichts draus, die Einnahmen bleiben aus. Futter und Pfleger müssen weiter bezahlt werden.

Solangsam fange ich an schlecht zu schlafen“, sagt Winkendick, denn auch die Gastronomie des Tierparks ist dicht. Die einzige Möglichkeit, Geld einzunehmen, ist derzeit der Verkauf von Gutscheinen, am Wochenende das Waffel-to-Go-Geschäft oder der Verkauf des „Erdmännchen-Weins“.