Moers. Heiße und trockene Sommer machen den 64.000 Bäumen in Moers in wachsendem Maße zu schaffen. Heute sterben sechs Mal mehr als in früheren Jahren.

Die vergangenen heißen Sommer machen nicht nur den Menschen zu schaffen. Anhaltende Trockenheit und Hitze lassen auch die gut 60.000 Bäume an den Straßen und in den Grünanlagen von Moers leiden – und sterben. Im Jahr 2019 zählten die Grün-Experten im Rathaus 500 „Baumausfälle“, das sind sechsmal mehr als in früheren Jahren. Und die Tendenz steigt. Mit dem vorhandenen Geld und dem Personal lassen sich die Verluste nicht ausgleichen, sagt Stefan Oppermann, Leiter des städtischen Fachdienstes Grünflächen und Umwelt.

Wie viele Bäume den Sommer dieses Jahres nicht überstanden haben, wird gerade durch die Enni Stadt & Service, die das Grün in Parks und an Straßen betreut, ermittelt. „Aber die Dürre war 2020 genauso schlimm. So, wie die Enni-Mitarbeiter das in diesen Tagen einschätzen, ist mindestens dieselbe Menge an Bäumen so krank, dass wir sie fällen müssen, wie im Jahr davor“, weiß Stefan Oppermann. In der Regel sterben sie übrigens gar nicht mal am „Verdursten“. Hitze und Trockenheit, so Oppermann, schwächen die Bäume, sie können sich irgendwann nicht mehr gegen Pilze, Krankheiten und den Befall durch Schwächparasiten wie den Borkenkäfer oder die Kastanienminiermotte – etwa am Kastell – wehren. Erkennbar wird das, wenn sich die Rinde von Bäumen abpellt oder das Laub schon im August abgeworfen wird. Die übermäßige Produktion von Eicheln sei bei Eichen ein Zeichen von Stress und vom Aufbäumen gegen den drohenden Tod, erläutert der Experte.

Technisches Hilfswerk und Freiwillige Feuerwehr unterstützen Enni beim Gießen

Was also tun? „Wir gießen natürlich mehr als früher“, versichert Oppermann. Das Technische Hilfswerk unterstützt Enni dabei, auch die Freiwillige Feuerwehr. Zudem haben sich etliche Bürger als Paten der Bäume vor ihren Häusern angenommen. Freilich braucht ein Baum alle drei Tage 40 bis 60 Liter Wasser: „Da muss man schon einige Eimer schleppen“, so Oppermann. Zudem hat die Stadt 2000 grüne Säcke angeschafft, die um die Bäume geschnallt werden und das Wasser über sechs bis acht Stunden tröpfchenweise abgeben. Versorgt werden auf diese Weise Bäume bis zu einem Alter von zehn Jahren. Die älteren, erläutert Oppermann, haben so tief reichende Wurzeln, dass sie das versickernde Wasser kaum erreicht: „Die versorgen sich selbst. Wenn allerdings der Grundwasserspiegel weiter sinkt, bekommen wir hier ein zusätzliches Problem.“

Dass die teilweise sehr alten und mächtige Bäume beispielsweise im Schlosspark eingehen, sieht Stefan Oppermann nicht: „Um den Schlosspark mache ich mir keine Sorgen, jedenfalls derzeit nicht.“ Viel stärker gefährdet seien die Straßenbäume, die – oft beengt in Baumscheiben – zusätzlich zur Trockenheit aufgeheizten Straßen und Hauswänden ausgesetzt sind, die aber gleichzeitig als CO2-Fresser und natürliche „Kühlsysteme“ für das Stadtklima unersetzlich sind. Die Stadt pflanzt deshalb seit einigen Jahren verstärkt Baumarten aus wärmeren europäischen Regionen, die mit den veränderten Klimabedingungen besser klar kommen als heimische Sorten wie Eichen, Buchen und Co. So wachsen in Moers mittlerweile orientalische Platanen, nordamerikanische Amber- und japanische Schnurbäume. Von Insekten und anderen heimischen Tieren würden sie als Lebensraum angenommen, versichert Oppermann.

500 Bäume sterben jährlich 35 bis 40 neue können gepflanzt werden

Doch das allein wird nicht reichen. Im Moerser Haushalt stehen jährlich rund 55.000 Euro zur Verfügung. Neupflanzungen an Straßen seien aber sehr arbeitsaufwendig, erklärt Stefan Oppermann: „Das Geld reicht für 35 bis 40 Bäume. Wenn jährlich 500 Bäume oder mehr sterben, ist das Problem, vor dem wir in Moers stehen, offenkundig.“ Dass die Stadt 2021 mit zusätzlichen 100.000 Euro vom Land rechnen kann, ändert die Situation nicht grundlegend: „Das ist eine einmalige Sache.“

Auch bei der Enni Stadt & Service räumt ein Sprecher ein, dass man trotz großen Engagements und täglichen Einsatzes von Gießkolonnen im Sommer nicht gewährleisten könne, alle Bäume so zu versorgen, dass langanhaltende Trockenperioden schadlos überbrückt werden. Erst im Frühjahr waren in der Grünfläche zwischen der Filder Straße und der Sportanlage von MTV und GSV fast zwei Dutzend junge Birken und Weiden eingetrocknet. Erschwerend kommt dort hinzu, dass der Boden profiliert und besonders sandig ist, um das Regenwasser der Sportplätze aufzunehmen. Die Kehrseite: Er kann das versickernde Wasser schlecht halten. Gerade flachwurzelnde Bäume wie Birken würden von lang anhaltenden Trockenphasen getroffen. Im Umfeld der Sportplätze sind 1200 Bäume und Sträucher gepflanzt, insgesamt machten sie einen vitalen Eindruck, heißt es bei Enni.

Stefan Oppermanns Ressort arbeitet derzeit an einer neuen Strategie zur besseren Versorgung des Baumbestands zu Neupflanzungen. Anfang des Jahres will der Grün-Experte damit in den Rat. Wohin die Reise geht, kann er aber schon jetzt sagen: „Mit den aktuellen finanziellen und personellen Möglichkeiten werden wir in Zukunft nicht auskommen.“