Moers. Das Bollwerk in Moers präsentiert zum Auftakt der neuen Veranstaltungsreihe „Terrassen-Kultur“ einen Poetry-Slam. Eine Rampe wird da zur Bühne.

Sommer, Sonne, Mundschutz und Poesie: eine ungewöhnlichen Kombination? Klappt aber, wie sich am Freitag im Bollwerk zeigte.

Drei Monate waren Live-Auftritte in dem Jugend- und Kulturzentrum wegen Corona nicht möglich. Ende Mai fuhr die hauseigene Gastronomie unter Sicherheitsmaßnahmen ihren Betrieb hoch. Gaumen- und Kulturgenuss werden nun mit der Biergarten-Reihe „Terassen-Kultur“ verbunden. Inspiriert ist die eintrittsfreie Veranstaltung von den Terrassenkonzerten, bei denen Jungmusiker publikumsnah auftreten. Nähe geht nun nicht, aber das Bollwerk-Team schaffte eine weitläufige Biergarten-Terrassenbühne auf dem Parkplatz. Sitzbänke wurden in 1,50 Meter-Abständen aufgebaut. Die Künstler stehen auf der höheren ehemaligen Verladerampe. Freitags ab 20 Uhr treten fortan bei gutem Wetter Comedians, DJs, Akustikmusiker und Poeten auf.

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Den Anfang machten vier junge Poetry-Slammer. Für alle Teilnehmer galt: Sechs Minuten Vortragszeit, nur eigene Texte, keine Hilfsmittel. Das Publikum wurde zur Jury. Am Sitzplatz angekommen, konnten die Gäste die Mund-Nasen-Bedeckung abnehmen und per Hand abstimmen. Die Regeleinhaltung lief reibungslos. Just legten die Poetry-Slammer Alina Schmolke, Marie Gehdannjez, Max Raths und Lukas Knoben los.

„Hallo Moers, es ist cool, wieder hier zu stehen“, sagte Viersener Raths. Virusbedingte Videokonferenzen? So lala. Raths braucht die Bühne, aber die auftrittsfreie Zeit nutzte er zum Schreiben. Im Gedicht „Eine lyrische Netflix-Serie“ sinniert er über „Mona Lisas Zähne, die man nie sieht, wie Quarantäne“ und fragt: „Passiert Entertainment nur digital?“ Einen Blick in die Zukunft warf auch Aachener Knoben. Reimend trug er vor, wie das Leben als Achtzigjähriger mit Bäckertüte und Toupet im Cabriolet wäre. Gefühle im Hier-und-Jetzt zwischen Männerbelästigung beim Kellnern und erster gemeinsamer Wohnung beleuchtete Düsseldorferin Schmolke auf berührende Weise. Ebenfalls aus Düsseldorf reiste Marie Gehdannjez an: „Kannst du meine Schraube festziehen, mich an dich heranziehen?“, portraitiert sie ihr lyrisches Ich als liebesverfallene Zwangsneurotikerin und fügt an: „Ich wäre gern weniger unangebracht.“ Am Ende gab’s das Siegertreppchen für Gehdannjez und großen Applaus für große Poesie.

Am Freitag, 29. Juni, um 20 Uhr geht es mit Punk-Musiker Carsten Butterwegge und Akustikgitarrist Andre Sinner weiter.