Moers. Schlosstheater-Intendant Ulrich Greb hat sich ein Büchner-Stück vorgenommen. Die Premiere ist online, Vorstellungen mit Publikum sollen folgen.

Das Schlosstheater Moers tastet sich Schritt für Schritt in die Normalität zurück. Zwar ist die Premiere „Lenz“ zunächst nur online abrufbar, Intendant Ulrich Greb plant jedoch Vorstellungen mit Publikum ab Juni. Eine Zeile aus dem Stück von Georg Büchner (1813 – 1837) ist heute aktueller denn je.

Georg Büchner gilt als großer deutscher Dramatiker – und als schwieriger. Selbst sein bekanntestes Stück „Woyzeck“ gilt als vieldeutiges Fragment, wie auch die Erzählung „Lenz“. Büchner beschäftigt sich darin mit dem Dichter Jakob Michael Reinhold Lenz, der 1778 vom Pfarrer Oberlin aufgenommen wird. Lenz ist zu diesem Zeitpunkt schon in keinem guten Zustand, und es wird trotz der Ruhe und der Nähe zur Natur nicht besser mit ihm. Selbstzweifel und Scheitern: Das sind Themen, die Büchner interessieren.

„Einer der kostbarsten Texte“

Für Ulrich Greb, der das Stück eingerichtet und ausgestattet hat, ist Büchners „Lenz“ „einer der kostbarsten Texte der deutschen Literatur – poetisch und erdnah“. Für ihn stehen die realistische Darstellung und die ebenfalls realistischen Charaktere im Mittelpunkt. Greb ist nicht überzeugt davon, dass „Lenz“ tatsächlich ein Fragment ist: „Die Sätze und Satzstücke spiegeln ja nur die zerrüttete Psyche der Figur wieder.“

Als wäre das nicht schon genug Stoff für ein packendes, aktuelles Stück, nimmt Greb noch Zitate eines Textes von Ludwig Wittgenstein (1889 – 1951) mit in die Inszenierung auf. Der Philosoph und „Sprachkünstler“ (Greb) hat in seinem „Tractatus Logico Philosophicus“ die zentrale Bedeutung von Sprache für das Verstehen dargestellt.

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Und wem das alles jetzt zu verkopft vorkommt, sollte am Sonntagabend einfach auf die Schlosstheater-Internetseite gehen und schauen, was Greb daraus gemacht hat. Die nicht eben leichte Aufgabe, die Inszenierung und die Texte wirksam umzusetzen, hat Schauspieler Roma Mucha übernommen. Er wird unterstützt von der Improviser in Residence des Moers Festivals, Mariá Portugal (Schlagzeug, Gesang).

Mucha ist mit einem Seil an der Decke der Kapelle befestigt, was seinen Aktionsradius arg einschränkt. Der Vergleich mit Corona liegt auf der Hand: Der Mensch kann sich nicht so bewegen, wie er das gern möchte.

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Verboten ist dieser Gedanke natürlich nicht, aber Greb will ihn nicht gelten lassen: „Das ist keine Corona-Parabel. Hier sucht jemand seinen Platz in der Welt, doch die Welt um ihn herum zerfällt.“

Allerdings macht ein Zitat aus Büchners „Lenz“ die Wahrscheinlichkeit nicht geringer, dass viele in dem Stück aktuelle Bezüge erkennen: „Die Welt hat einen ungeheuren Riss.“

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Die Inszenierung
„Lenz“ von Ulrich Greb gibt es ab Sonntag, 18 Uhr auf der Internetseite www.schlosstehater-moers.de. Zugrunde liegt eine Erzählung des Dramatikers Georg Büchner (1813 – 1837). Zu sehen ist eine Video-Adaption, ab Juni soll es Vorstellungen mit Publikum in der Kapelle geben.

Die Titelrolle hat Schlosstheater-Schauspieler Roman Mucha, die Musik kommt von Improviser in Residence, Mariá Portugal. Sie spielt auch eine Rolle in dem Stück. Dramaturgie: Viola Köster, Video und Regieassistenz: Kristina Zalesskaya. Bei der Inszenierung haben Schlosstheater und Moers Festival kooperiert.