Moers. Premiere des Schlosstheaters ist vom geführten Rundgang zum Hörspiel geworden – wegen Corona. Mit den Ohren zu Besuch bei Wallzentrums-Bewohnern.

Es ist ein sechsstöckiger Betonblock mit einigen leerstehenden Ladenlokalen und integriertem Wohnkomplex: Das Wallzentrum in der Moerser City. Doch es sind nicht nur die offensichtlichen Nischen und Winkel des Gebäudes, die es zum perfekten Ort für das Nischen-Modell machen. Es sind auch die Menschen, die dort ihren Platz gefunden haben. „Hier, wo die Nischen schon beginnen sich einzunisten, schaffen wir es, dass sie sich begegnen“, sagt Sprecherin Elisa Reining. Damit beginnt „Nischen“, das neueste Stück des Schlosstheaters Moers unter der Regie von Kim Willems und Meret Kiderlen, das eigentlich ein Audio-Walk durchs Zentrum werden sollte.

Fünf Kapitel über 20 „Nischerianer“

Die Corona-Krise machte diesen Rundgang zunichte. Deshalb wurde nun ein Hörspiel daraus, das am Donnerstag online Premiere feierte. In fünf Kapiteln geben 20 verschiedene „Nischerianer“, wie die

So sieht’s aus. Nischen im Wallzentrum.
So sieht’s aus. Nischen im Wallzentrum. © NRZ | Kristina Zalesskaya

Menschen in dem Hörspiel heißen, Einblick in ihr Leben. Elisa Reining führt als Erzählerin durch das Stück. „Ja, genau. Hier durch die Schiebetür“, sagt sie. Dann erklingt die Hintergrundmusik der Shisha-Bar. Man war zu Gast bei Vito Nowak.

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„Was haben Sie für ein Bild von einer Shisha-Bar? Geldwäsche, Schlägereien?“, fragt die Erzählerin den Zuhörer. Dieses Vorurteil räumte Nowak aus. „Wir haben in den drei Jahren noch nie Randale oder die Polizei hier gehabt.“ Weiter ging es in die zweite Etage zu Heinz Muhsal. Er lebt seit einem Jahr in einer der Wohnungen im Wallzentrum. Er erzählt, wie er vor einigen Jahrzehnten mit 25 Menschen in einem Haus lebte. Neben seinen eigenen Kindern, nahm er drogensüchtige Jugendliche, aber auch den Cousin von Hanns Dieter Hüsch bei sich auf.

Die Frage nach den Zugangsbeschränkungen

Das Hörspiel ist ein Versuch, unterschiedliche gesellschaftliche Nischen in einem großangelegten Modell zusammenzubringen, damit sie einander sehen und voneinander lernen können. So kommt auch ein Wohnungsloser, der in den Nischen des öffentlichen Parkdecks unter dem Zentrum lebt, zu Wort. Das Stück hinterfragt aber auch, ob das Zusammenleben funktioniert, wenn jeder in seiner eigenen Nische lebt und ob es Zugangsbeschränkungen für die offene, aber doch individuelle Gesellschaft geben muss.

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Untermalt ist das Hörspiel mit Straßengeräuschen oder den Schritten der Erzählerin. Auch Schauspieler des Schlosstheaters äußern sich als Querulanten. Sie versuchen, das Gesellschaftsmodell infrage zu stellen. Doch im Mittelpunkt stehen ganz klar die Menschen mit ihren Geschichten. Sie tragen dazu bei, dass das Hörspiel nah, ehrlich und selbst vom heimischen Sofa aus lebendig wirkt.

Das Stück „Nischen“ ist weiterhin unter www.dasw.de abrufbar.