Moers. Lea Krell hat mit einem ambitionierten und anspruchsvollen Stück Premiere gefeiert. Das Junge STM hat das Stück „Der letzte Henker“ aufgeführt.

In schwarzen Anzügen, Hemden und Lackschuhen sitzen sie da. Sie rauchen, sie zittern, sie starren ins Leere. Gleich findet es statt: ihr Bewerbungsgespräch als Henker. Mit dem Bühnenstück „Der letzte Henker“ hat der schauspielerische Nachwuchs des Jungen Schlosstheaters am Samstag in den Räumen des Schlosstheaters Moers (STM) am Kastellplatz Premiere gefeiert. „Welche Rolle spielen Moral und Selbstjustiz heute“, heißt es unter anderem in der Beschreibung der Aufführung.

Ausgesucht wurde das Stück von Lea Krell. Die 25-Jährige ist vielen Moerser Theaterfans bekannt: 2015 führte ihr Weg über ein Studienpraktikum ans STM. Sie wirkte im jungen Theaterensemble mit und stand selbst auf der Bühne.

Ihr Studium der Theaterpädagogik schließt Krell im Februar ab. Auf die Bühne bringen möchte sie Stücke, die zum Nachdenken anregen und Maskeraden aufdecken. „Der letzte Henker“ ist für Krell solch eine Geschichte: nicht verstaubt, sondern viel zu selten gespielt.

Das Junge STM zeigt das Stück noch drei Mal

Das wollte sie ändern und inszenierte es für ihr Regiedebüt. Als Krell von der wahren Begebenheit hinter dem Theaterstück las, war sie verblüfft. Es war das Jahr 1939, als sich der Schweizer Paul Irniger wegen Dreifach-Mordes vor dem Kantonsgericht verantworten muss.

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Für seine Hinrichtung unterm Fallbeil sucht die Regierung einen Henker. 115 Freiwillige melden sich. Der Psychiater Boris Pritzker führt die Einstellungsgespräche.

Fünf Dialoge wurden 1998 am Züricher Theater von Peter-Jakob Kelting und Elias Perrig in der Bearbeitung von Bernhard Studlar inszeniert. Nun erschafft Krell eine individuelle, unvergessliche Version.

Das Moerser Publikum spendet Standing Ovations

Die Raumanordnung ist ungewöhnlich: Die Zuschauer sitzen sich gegenüber. In der Raummitte stehen eine Stuhlreihe, ein Sofa und ein Kleiderständer. Alles ist auf das Wesentliche reduziert. Die Schauspieler Simon Lemmer, Fahras Emami, Klaas Herchert, Melena Ross und Eduard Sasimovich stehen im Rampenlicht. Das Wartezimmer potenziell Henkender ist eröffnet. Schauriges Gemurmel bricht aus: Heißt es Exhumierung oder Exekution? Wie viel Geld darf man als Köpfender verlangen? „Are you coming to the Tree?“ wird der Titel von Jennifer Lawrence singend zitiert.

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Die Schauspieler schlüpfen in tiefabgründige Charaktere: Da ist das dauergewellte, schnapssaufende Coiffeur-Muttersöhnchen, der vom Krieg verrohte Messerzückende, der „Hurenbock“-murmelnde Schlachter und ein gescheiterter, klavierliebender Medizinstudent.

Sie alle wollen animalischer Henker sein, sprechen vor der Kommission über ihren lückenlosen Lebenslauf. Die Wut auf den Mörder brodelt, der Streit um den besten Henker entbrennt und entlädt sich zwischen Fetisch-Gummimaske und zerquetschtem Rotkohlkopf.

Das Publikum erhob sich nach Krells grandiosem Debüt für Standing Ovations.

>> Tickets und Termine <<

Das Theaterstück „Der letzte Henker“ unter Regie von Lea Krell wird an folgenden Terminen im Studio des Schlosstheaters Moers, Kastell 6, aufgeführt: Montag, 27. Januar, Mittwoch, 29. Januar, Freitag, 20. März, jeweils um 19.30 Uhr.

Karten (7 Euro, ermäßigt 3,50 Euro) gibt es unter 02841/ 88 341 10