Kamp-Lintfort. In Kamp-Lintfort hat der Abbruch des Schachtturmes der ehemaligen Zeche Rossenray begonnen. Die Methode des Abrisses ist für die RAG einmalig.
Wenn es eine Voraussetzung für den Job dieses Baggerführers gibt, dann ist es das: Der Mann muss völlig frei sein von Höhenangst. Sein Arbeitsplatz befindet sich nämlich in 101 Metern Höhe – im Freien, ringsherum ist nichts. Sein Bagger steht oben auf dem ehemaligen Schachtturm der Zeche Rossenray, die 2012 stillgelegt worden ist. Seit Dienstag bearbeitet ein mächtiger Meißel an den Stahlbetonwänden. Der Abbruch des höchsten Schachtturms der RAG hat begonnen.
Es ist der letzte noch anstehende oberirdische Abbruch der Schachtanlage Rossenray, erklärt Michael Otto, Geologe und Projektleiter bei der RAG Montan Immobilien. Der Vorlauf dauert Jahre. Die Planung, sagt Otto, war wohl eine größere Herausforderung als jetzt die Umsetzung. Die Idee, den 1062 errichteten Turm einfach zu sprengen, habe man verworfen, weil die Sicherung der Nachbarfirmen – Kiesabbau auf der einen Seite, Lidl-Logistikzentrum auf der anderen – zu teuer geworden wäre.
Ein Riesen-Kran verlässt die Baustelle nicht
Nun also von oben abwärts geknabbert. Das Problem: Auf den Wänden, die 30 bis 60 Zentimeter dick sind, könnte der Bagger nicht agieren. Für ihn hat die ausführende Abbruchfirma aus Bottrop deshalb eine Stahlplattform gebaut, auf der der Bagger fixiert ist. Beide zusammen bringen immerhin 47 Tonnen auf die Waage.
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Ein 600-Tonnen-Kran mit einem Ausleger von mehr als 130 Metern brauchte am Dienstag mehr als eine halbe Stunde, um die „Knabber-Kombi“ an Stahlseilen an ihren Einsatzort zu hieven. Gleichzeitig zog ein zweiter Kran den Baggerführer in einer orangefarbenen „Manngondel“ nach oben, wo er ihn an seinem luftigen Arbeitsplatz absetzte.
Dieser Riesen-Kran wird die Baustelle in den kommenden Monaten nicht verlassen, sondern Bagger und Plattform ununterbrochen sicher am Haken halten und ihn dabei nur „leicht“ absetzen, damit er nicht mit seinem kompletten Gewicht auf die Turmdecke drückt.
Zudem soll sich der Bagger nicht den Boden unter den Füßen wegmeißeln. „Wir machen das in dieser Art erstmalig“, erklärte Michael Otto. „Wir werden deshalb nichts überstürzen und vorsichtig vorgehen. Sicherheit muss an erster Stelle stehen.“
Was vor allem für den Baggerführer gilt. Er ist, wie in einem Klettergarten, ununterbrochen gesichert: „Die eine Oese am Sicherungsseil wird erst gelöst, wie die nächste eingehakt worden ist“, erläutert Otto. Der Mann arbeite übrigens auch als Monteur von Windrädern. Er habe mit der Höhe seines Arbeitsplatzes auf Rossenray also keine Probleme, versichert der Projektchef.
Der Bagger muss sich freilich nicht bis zum Boden durchknabbern. Pause kann er in einer Höhe von 87,5 Metern machen, wo zwischendurch die Fördermaschine ausgebaut werden muss. Wenn noch 70 Meter Turmmauern stehen, ist der Job des Meißelbaggers vorbei.
Den Rest wird die Abrissbirne erledigen, die bereits etwas abseits liegt. Bis Ende des Jahres, schätzt die Abbruchfirma, hat sie den Förderturm dem Erdboden gleichgemacht. Übrig bleiben 10.000 Tonnen Bau- und Betonschutt.
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