Kamp-Lintfort. Kommunale Spitzenvertreter zeigen sich solidarisch mit Kamp-Lintforts Bürgermeister Christoph Landscheidt. Er wird von Rechtsradikalen bedroht.
Der von Rechtsradikalen bedrohte Kamp-Lintforter Bürgermeister Christoph Landscheidt (SPD) bekommt Rückhalt von kommunalen Spitzenvertretern aus Nordrhein-Westfalen. Die Präsidenten von Städte- und Gemeindebund sowie Städtetag in NRW, Roland Schäfer und Thomas Hunsteger-Petermann (CDU) zeigen sich solidarisch mit dem niederrheinischen Rathaus-Chef, vor dessen Amtsgebäude am Samstag (11. Januar 2020) Neonazis protestieren wollen.
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Christoph Landscheidt ist der Bürgermeister, der wegen einer Bedrohungslage einen Waffenschein beantragt hat. Das aber hatte die örtliche Polizei abgelehnt, weshalb es demnächst eine Verhandlung vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht gibt. Der Fall hatte in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen gesorgt. Landscheidts Name war in der Berichterstattung dieser Redaktion zunächst bewusst nicht genannt worden. An diesem Freitag (10. Januar) ging der Bürgermeister aber mit einer persönlichen Erklärung an die Öffentlichkeit.
Landscheidt wendet sich mit Erklärung an Öffentlichkeit
„Ich habe größtes Vertrauen in die Polizei und respektiere selbstverständlich das Gewaltmonopol des Staates“, betonte Landscheidt, der sich massiven Bedrohungen aus der rechten Szene ausgesetzt sieht, seit er im Mai vergangenen Jahres im Europa-Wahlkampf als volksverhetzend empfundene Plakate abhängen ließ. Es habe zahlreiche Erfahrungen, Vorfälle und Gefährdungslagen gegeben und dabei eben auch „konkrete Situationen in meinem privaten und beruflichen Umfeld, in denen polizeiliche Hilfe nicht rechtzeitig erreichbar gewesen wäre und auch in Zukunft nicht erreichbar sein würde“.
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Speziell für diese „konkret benannten außergewöhnlichen Notwehrsituationen“ habe er den Waffenschein beantragt und berufe sich dabei auf ein für Hoheitsträger im Gesetz vorgesehenes Recht, erklärte Christoph Landscheidt.
Eine Bewaffnung in öffentlichen Versammlungen oder im Kontakt mit Bürgern oder Dritten sei nie beabsichtigt gewesen. Die Vermutung, er wolle „in Texas-Manier bewaffnet durch die Straßen ziehen, ist absurd“, meinte Landscheidt. Ausdrücklich begrüßte er die angestoßene Diskussion über die Sicherheit speziell von Kommunalpolitikern, die nicht – Landes- und Bundes Politikern vergleichbar – gegen persönliche Angriffe geschützt werden könnten.
Hunsteger-Petermann: Lehne eine Bewaffnung ab
„Unserem Kollegen Christoph Landscheidt in Kamp-Lintfort gilt unsere volle Solidarität“, erklärte Roland Schäfer, Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW. In dem Verband sind kleine und mittlere Kommunen mit gut neun Millionen Einwohnern organisiert. Schäfer weiter: „Dass Christoph Landscheidt massiv und konkret bedroht wurde, ist für alle Demokratinnen und Demokraten unerträglich.“ Die Gesellschaft sei „gefordert, Haltung zu zeigen und sich schützend vor die zu stellen, die sich für das Gemeinwesen einsetzen“.
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„Ich bin in der Sache mit Christoph Landscheidt solidarisch“, sagte Thomas Hunsteger-Petermann (CDU), der Präsident des Städtetages NRW, mit Blick auf die Bedrohung. Beim Städtetag sind die größeren Kommunen mit insgesamt rund neun Millionen Einwohnern organisiert.
Im Gespräch mit der Redaktion stellte Hunsteger-Petermann ausdrücklich fest, dass er Landscheidts Schlussfolgerung nicht teile und Bewaffnung für keine Lösung halte: „Ich glaube aber, dass man den Wunsch nach einer Pistole als einen Hilferuf sehen muss, der unbedingt gehört werden muss.“ Die Bedrohung von Politikern und Amtsträgern nehme immer mehr zu. Die Gesellschaft müsse sie schützen.
Innenminister Reul bezeichnet rechten Aufmarsch als „unerträglich“
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat den Aufruf von Rechtsextremisten, in Kamp-Lintfort gegen Bürgermeister Christoph Landscheidt aufzumarschieren, als „moralisch unerträglich“ bezeichnet. Der „Neuen Westfälischen“ sagte der Minister, die Tatsache, dass man den Aufmarsch der Partei „Die Rechte“ wegen der Demonstrationsfreiheit nicht verbieten könne, heiße nicht, „dass man diesen Aufmarsch nicht bewerten darf. Die Einschüchterung von Mandatsträgern an ihrem Zuhause verletzt meiner Meinung nach jegliche Prinzipien demokratischer Streitkultur. Genau so wurde in dunkelster Zeit versucht, unliebsame Journalisten und andersdenkende Politiker mundtot zu machen“, sagte Reul. (mit dpa)