Moers. . In einer bewegenden Feier in Moers-Meerbeck gedenken hunderte Menschen Sema S., die an den Folgen des Raserunfalls gestorben ist.
In einer bewegenden Feier hat Meerbeck Abschied von Sema S. genommen. Mehrere hundert Menschen versammelten sich am Samstagmittag an der Stelle der Bismarckstraße, an der die 43-Jährige am Ostermontag als Unbeteiligte zum Opfer eines mutmaßlichen illegalen Autorennens geworden ist. Die zweifache Mutter war, wie berichtet, am Donnerstag an den Folgen ihrer schweren Verletzungen verstorben.
Sema S. war mit ihrem Kleinwagen am Ostermontagabend von der Donau- auf die Bismarckstraße abgebogen; einer der beiden Raser krachte in diesem Moment in ihr Fahrzeug. An dieser Stelle liegen jetzt viele Blumen, Kerzen brennen, eine kleine türkische Fahne steckt dazwischen, Kinderzeichnungen mit Herzen mittendrin: „Liebe Sema, wir vermissen Dich“, steht auf einer. „Wir wünschen der Familie ganz viel Kraft, unser aufrichtiges Beileid“, hat ein anderer auf einen Zettel geschrieben und zum Schutz vor dem Regen in ein Glas gesteckt. An den Baumstamm ist ein Zettel mit dem Tagesdatum geheftet.
Um 12 Uhr sperrt die Polizei die Bismarckstraße für die Gedenkfeier ab, die Glocken von St. Barbara läuten, lange stehen die Menschen schweigend an der Unfallstelle, viele weinen, umarmen sich. Dann ergreiftt Mesut Erkin, ein Nachbar der Familie von Sema S. und einer der Initiatoren der Gedenkfeier, das Wort. Erkin ist spürbar berührt und sagt: „Es sind so viele Menschen hier, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll außer danke, danke, danke - auch im Namen der Familie.“ Er hoffe, dass der sinnlose Tod von Sema S. eine Lehre für alle sei, dass die Raserei auf den Straßen endlich ein Ende habe: „So etwa darf es nie mehr geben“, ruft Erkin. Er wünsche sich, dass die Raser „die Strafe erhalten, die sie erhalten müssen“. In seinen Augen handle es sich um „Mord“.
Die Mischung aus Trauer und Zorn, die in diesen Tagen die Stimmung in Meerbeck - und vermutlich darüber hinaus - prägt, wird auch deutlich, als Detlev Köster das Wort ergreift. Was sich ereignet habe, sei eine „schreckliche Tragödie“, und er könne nur hoffen, dass die Familie die Kraft aufringen könne, irgendwann darüber hinweg zu kommen. Er hoffe aber, sagt Köster weiter, dass durch das Geschehen „endlich mal einige wach werden“, dass in den Straßen von Meerbeck nicht mehr so gerast werde: „Was hier passiert ist, kann auch jedem von Euch passieren, Euren Kindern, vielleicht auf dem Weg zur Schule. Fahrt endlich langsam!“ Der Familie wünscht Köster „alles erdenklich Gute“. Abschließend spricht ein Besucher, Simsek Ertürk, ein Gebet. Auch er tut dies spontan.
Später ergänzt Detlev Köster, der nur 50 Meter von der Unfallstelle entfernt wohnt, dass er gar nicht vorgehabt habe, bei der Gedenkfeier etwas zu sagen, „aber diese Worte brannten mir seit Montag auf den Lippen“. Nein, sagt Detlev Köster, gekannt habe er Sema S. nicht, „aber sie war doch eine von uns. Das musste einfach raus, und ich bin froh, dass ich es gesagt habe.“
Sema S. war in den 90er Jahren mit ihrem Mann aus der Türkein nach Meerbeck gekommen. Das Ehepaar hat zwei erwachsene Kinder. Am Montag wird der Leichnam von Sema S. in ihre Heimat gebracht, wo sie begraben wird.
Update, 17. Februar 2020 – Urteil gefallen: Der 22-jährige Hauptangeklagte ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der zweite Angeklagte ist zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und neun Monaten verurteilt worde. Lesen Sie hier den Bericht zum Urteil im Moerser Raserprozess.