Moers. . Die Pfarrerin aus Moers erzählt von ihrer Arbeit auf Kreuzfahrtschiffen und erklärt, wieso Vollkornbrot für sie Heimat bedeutet.
Heimat bedeutet für Katharina Plehn-Martins niederrheinisches Vollkornbrot, Reibekuchen mit Apfelmus oder Spazieren durch den Schlosspark. Die 71-jährige Pfarrerin im Ruhestand ist in Moers aufgewachsen, seit rund 50 Jahren lebt sie in Berlin. Dennoch hält sie fest: „Moers ist meine Heimat geblieben, obwohl ich glaube, dass es mehr Heimaten gibt.“ Denn, so fährt sie fort: „Man kann überall ein Stück Heimat finden.“ Auch auf einem Kreuzfahrtschiff.
Ein heiß begehrtes Ehrenamt
„Früher hatte ich mit Kreuzfahrtschiffen nichts zu tun“, erzählt Plehn-Martins von ihren Anfängen als Bordgeistliche. Doch dann stand ihr nach dem Ruhestand im Jahr 2012 die Welt offen und ein Kollege brachte sie während eines Griechenlandurlaubes mit seiner Feststellung auf die Idee: „Sie sind die geborene Bordseelsorgerin.“ Kommunikativ und freundlich – das seien die perfekten Eigenschaften für eine Bordgeistliche. Im ersten Augenblick war sie irritiert. Dann aber informierte sie sich über das Ehrenamt und bewarb sich auf gut Glück. Und tatsächlich – obwohl die Tätigkeit heiß begehrt ist, entsandte sie die Evangelische Kirche in Deutschland bereits 2014 offiziell zu ihrer ersten Kreuzfahrt zum Nordkap.
Sechs Reisen hat Plehn-Martins seitdem als Bordgeistliche begleitet und währenddessen Orte gesehen, zu denen sie sonst nie gereist wäre. Sie schipperte über die Ostsee, traf Flüchtlinge auf Kos und fand sich schließlich am anderen Ende der Welt in Neuseeland wieder. „Das ist mein persönlicher Gewinn: Ich sehe etwas von der Welt.“ Allerdings betont sie auch: „Ich arbeite und mache keinen Urlaub.“ Denn viel zu tun gäbe es für sie immer. „Primär bin ich die Ansprechpartnerin für alle Gäste und die Crew, die ein Gespräch im Sinne der Seelsorge suchen.“
Intensive seelsorgerische Momente
Obwohl eine Kreuzfahrt Assoziationen an glückliche Menschen im Urlaub hervorruft, reisen auch viele Unglückliche mit. „Es gibt sie“, sagt Plehn-Martins. „Vor allem Alleinreisende hoffen, so Leute zu treffen und das haut nicht immer hin.“ Einmal habe sie einen Mann getroffen, der vor Kurzem seine Frau verloren hatte. Da die beiden oft gemeinsam Kreuzfahrten unternommen hatten, fuhr er in ihrem Gedenken noch einmal über das Meer. „Bei jedem Landgang wollte er aussteigen und zurück nach Deutschland, um das Grab seiner Frau zu besuchen“, erzählt sie von einer der intensiven seelsorgerischen Situationen und fasst zusammen: „So zeigt sich, wieviel Traurigkeit in einen Koffer passt.“
Plötzlich waren es zwei weniger
Zu Plehn-Martins Arbeit gehört aber wesentlich mehr als die vielen Einzelgespräche. Sie veranstaltet Gottesdienste, spricht das Wort zum Sonntag fürs Bord-TV, hält Vorträge oder wird kurzerhand bei Landgängen zur Assistentin des Reiseleiters. „Da muss ich manchmal schon lachen, wenn ich dann vor 25 Touristen tippele“, erklärt sie. Es waren aber auch schon mal plötzlich zwei weniger. So wie in Rom, als ein Ehepaar nach einem Foto-Stopp nicht wieder in den Bus eingestiegen war. Deshalb gelte immer „zählen, zählen, zählen“. Von kuriosen Erlebnissen wie diesen erzählt sie in ihrem bebilderten Buch „Segen auf See“. Zwar werde dann zu Verfremdungszwecken aus Rom plötzlich Kopenhagen, doch gehe es ihr vor allem um „echte Geschichten, wie ich sie erlebt habe.“
Um genau diese Geschichten auch in ihrer alten Heimat erzählen zu können, kehrt Plehn-Martins nach Moers zurück. Im Grafschafter Museum liest sie am Donnerstag, 6. September, von 19.30 bis 21.45 Uhr aus ihrem Buch. Vorher schlendert sie durch den Schlosspark, gönnt sich Reibekuchen und kauft Vollkornbrot ein. Das nimmt sie dann wieder mit nach Berlin und friert es ein. „So habe ich immer ein Stück Heimat auf dem Teller.“