Moers. . Am nächsten Dienstag wird auch ein Stolperstein für Hubert Hanßen verlegt. Beim Oberkellner aus der „Börse“ ließ einfach das Gedächtnis nach.
Seit 2013 werden in Moers die so genannten Stolpersteine verlegt. Sie erinnern an Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland. Hubert Hanßen ist eines dieser Opfer. Er musste sterben, weil er Demenz hatte.
Das Team des Moerser Vereins Erinnern für die Zukunft um Dr. Bernhard Schmidt hat auch in diesem Fall recherchiert und kann zweifelsfrei belegen: Hubert Hanßen wurde ein Euthanasie-Opfer. Unter diesem zynischen Namen (Euthanasie steht für „guter Tod“) ermordeten Nationalsozialisten tausende Menschen, die Ärzte zuvor als krank oder behindert eingestuft hatten.
Hubert Hanßen litt an etwas, das viele Menschen heute kennen: Demenz.
„Ein braver Mann, dessen Gedächtnis nachließ“, sagt Dr. Bernhard Schmidt. Das hat offenbar schon ausgereicht, um ihn zu ermorden.
Einweisung nach Ueckermünde
Hubert Hanßen, geboren am 13. Dezember 1890 in Moers, war Oberkellner in der Börse, einem respektablen und respektierten Restaurant am Altmarkt. Gelebt hat er in der Filder Straße 36, bis er im März 1943, gut zwei Jahre vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Gewaltherrschaft, in die Heilanstalt Düsseldorf-Grafenberg kam. Eine „organische Demenz“ haben die Ärzte attestiert, wie Dr. Bernhard Schmidt mitteilt.
Im September wurde Hubert Hanßen in die berüchtigte Heilanstalt Ueckermünde (heute Mecklenburg-Vorpommern) eingeliefert. Die psychiatrische Anstalt gab es schon lange, doch die Nationalsozialisten missbrauchten sie für ihre Mordpläne an Kranken und Behinderten. Hanßen starb dort am 17. März 1944.
Fronturlaub zur Beerdigung
Hubert Hanßen war einer von vier Moersern, die in Ueckermünde ums Leben kamen, wie Erinnern für die Zukunft herausgefunden hat. Sibilla Hanßen, Huberts Frau, erhielt die Urne, zusammen mit einer kurzen Nachricht über den Tod ihre Mannes. Bestattet wurde Hubert Hanßen auf dem Friedhof an der Klever Straße.
Ingeborg Hanßen kennt das Schicksal ihres Schwiegervaters. Sie lebt seit
kurzem in einem kleinen Zimmer im Schloer-Stift. Über das Schicksal ihres Schwiegervaters, sagt sie, sei in der Familie selten gesprochen worden. „Ich weiß dass mein Mann Herbert, Huberts Sohn, Fronturlaub zur Beerdigung seines Vaters bekommen hat.“ 1984 ist Herbert gestorben.
Immerhin weiß Ingeborg Hanßen, dass ihr Schwiegervater nach seiner Tätigkeit in der Börse auf Vermittlung noch kurz auf der Zeche gearbeitet hat. In ihrer Erinnerung war bei Hubert Hanßens Krankheit von Parkinson die Rede.
Über Jahre keine Rente bekommen
Schwierig sei es nach dem Krieg gewesen, als ihre Schwiegermutter über Jahre keine Rente bekommen hat. Erst später habe sie das Buch mit den Rentenmarken gefunden. Die Situation habe sich gebessert, als ihre Schwiegermutter wieder geheiratet habe.
Dass die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und der Verein Erinnern für die Zukunft jetzt mit einem Stolperstein an ihren Schwiegervater Hubert Hanßen erinnern, findet sie „toll“. Und: „Vielen Dank an Bernhard Schmidt und sein Team.“
Natürlich wird sie dabei sein, wenn am 29. Mai dieser und zwölf andere Stolpersteine an sechs Stellen in Moers verlegt werden, und ihre Gedanken werden zurückgehen an ihren Schwiegervater, den die Nationalsozialisten mit 53 Jahren in den Tod schickten. Einen Tag vor der Verlegung, am 28. Mai, wird Ingeborg Hanßen 88 Jahre alt.