Moers. . Ein historischer Schatz wäre fast im Papiermüll gelandet. Pläne des Stadtbaurates Ferdinand Revermann zeigen, wie sich Nazis Moers vorstellten.
Wären die Pläne aus der Nazizeit umgesetzt worden, Moers sähe heute anders aus: Die Zeichnungen des Stadtbaurates Ferdinand Revermann aus den 40er Jahren zeigen, mit welcher Art von Architektur die Nationalsozialisten einst der Grafenstadt ihren Stempel aufdrücken wollten. Die „Akte Ferdinand Revermann“ legt Zeugnis darüber ab und ist zudem ein stadthistorischer Schatz, der sich seit kurzem in der Sammlung des Grafschafter Museums- und Geschichtsvereins befindet.
Um ein Haar wäre dieser Schatz im Papiermüll gelandet. Die „Entnazifizierungsakte“ des Moerser Stadtbaurates Ferdinand Revermann (1895 bis 1975) und ein Band mit Fotos und Architekturzeichnungen wurden jedoch von einer pfiffigen Scherpenbergerin, die die Unterlagen von der Nachbarin zur Entsorgung erhielt, dem Vorsitzenden des Grafschafter Museums- und Geschichtsvereins Peter Boschheidgen übergeben.
So blieb ein Stück Geschichte erhalten, in dem zu lesen steht, dass der Duisburger NS-Oberbürgermeister Hermann Freytag dem Ferdinand Revermann bescheinigte, „ein überzeugter Nationalsozialist, arbeitsfreudig, von ehrenwertem Charakter umgänglich und korrekt“ zu sein. Revermann erhielt durch Parteiprotektion den Job als Moerser Stadtbaurat, ohne ein Studium abgeschlossen zu haben – was ihn keineswegs daran hinderte, große Pläne zu entwerfen.
Abrisspläne für die Steinstraße
Wären die Pläne umgesetzt worden, so hätte Revermann zwischen Landwehrstraße und Greefstraße (damals Horst-Wessel-Straße) ein Hallenschwimmbad mit Türmchen und Säulengang sowie in unmittelbarer Nähe ein Stadion gebaut.
Ein von ihm geplanter Luftschutzbunker hätte wie eine Burg angemutet, und über die Architektur des Repräsentationsbau für den Moerser Bürgermeister mag man sich streiten, der Standort am Schlosspark wäre aber auch heute noch eine 1A-Wohnlage. Die Häuserzeile von Foto Barth bis Hungeling an der Steinstraße wäre abgerissen worden, Alt- und Neumarkt wären zu einem Platz geworden.
Tersteegenhaus und Treibstoffsiedlung wurden gebaut
Einiges konnte Revermann aber umsetzen: Das Tersteegenhaus an der Haagstraße entstammt seinen Entwürfen, und auch die „Treibstoffsiedlung“ gegenüber der Geschwister-Scholl-Gesamtschule geht auf ihn zurück. „In den 40ern wurde mit viel Grün zwischen den Gebäuden geplant“, erläutert Peter Boschheidgen; bei Bombenabwürfen sollten so wenig Gebäude wie möglich beschädigt werden.
Hatte Ferdinand Revermann seine Stellung 1938 durch Protektion erlangt, so vermochten ihm nach Kriegsende auch die als „Persilscheine“ bekannten Leumundszeugnisse stadtbekannter Moerser Bürger, darunter auch Anwälte, ein Pfarrer und städtische Beamte, den Posten nicht zu erhalten.
Die Akte blieb vollständig erhalten
Er selbst hatte gegenüber der alliierten Militärregierung angegeben, er sei nach einem Vortrag beim Städtebund 1932 spontan in die NSDAP eingetreten und habe immer nur den Mindestbeitrag in die Parteikasse eingezahlt, zitiert Peter Boschheidgen aus der historischen Akte, die als ein Zeugnis der Geschichte vollständig erhalten blieb.