Kamp-Lintfort. . Sie ist eine der vielen Malteser, die aus einer Schermbecker Zucht beschlagnahmt worden waren. Jetzt entdeckt sie jeden Tag neue, spannende Dinge.

  • Sie ist eine der vielen Malteser, die in Schermbeck beschlagnahmt wurden
  • Bei den Schmidts hat sie in nur vier Wochen das Kommando übernommen
  • Anfangs war sie verängstigt, konnte menschliche Bewegungen nicht einordnen

Kaum zu glauben, dass dieses wuselige Fellknäuel, das da gerade übermütig über die Wiese saust, noch vor ein paar Wochen ein völlig verängstigtes Mäuschen war. „Sie kannte menschliche Bewegungen nicht, konnte sie nicht einordnen. Sie hat sich ständig unterworfen. Sie kannte keine Autos, keine Leine, keine Fahrradfahrer. Da folgte ein Schock nach dem anderen“, erinnert sich Anja Schmidt an die ersten Begegnungen mit Paula, die damals – aus offensichtlich naheliegenden Gründen – in der Tierherberge „Porsche“ genannt wurde. Denn Temperament hat die kleine Dame.

Anja und Holger Schmidt waren auf der Suche nach einem Kumpel für Orpheus, ihren Tibet Terrier. Sie wollten im Tierheim gar nicht erst den vielen treuen Augen erliegen, sondern einen Rat von den Betreuern, wer wohl zu Orpheus passe. Holger Schmidt guckte zunächst ein bisschen sparsam, als ihnen Klein-Paula in den Arm gedrückt wurde. „Eigentlich wollte ich einen richtigen Hund“, schmunzelt er, also schon was Großes. Aber Paula weiß, wie man Leute um den Finger wickelt. Und so ist der 53-Jährige heute ihrem Charme aber sowas von erlegen.

Ebenso wie Orpheus. Zunächst behandelte er die Neue in der Familie wie einen Welpen. „Inzwischen hat Paula hier das Kommando“, sagt Anja Schmidt und lacht. Wie zum Beweis jagt das Mädel soeben ihrem Kumpel ein Schweineohr ab, der das schicksalsergeben hinnimmt. Keine vier Wochen brauchte der Malteser-Mix dafür, Orpheus Welt auf den Kopf zu stellen.

Dass Paula nur durch einen Mitleidsbonus zu den Schmidts gefunden hätte, ist klar zu verneinen. „Wir kannten den ganzen Hintergrund ja gar nicht“, erklärt Anja Schmidt. Das Ehepaar ist erst vor wenigen Wochen von Wülfrath an den Niederrhein gekommen.

Und ein bisschen ins Überlegen sind sie schon gekommen, als sie bei den ersten Besuchen merkten, wieviel da im Argen liegt. „Aber wir haben es uns schwieriger vorgestellt, Vertrauen aufzubauen. Und nach zehn Tagen war sie stubenrein.“ Ja, auch diese Baustelle gab es bei dem Hundemädel, das auf acht bis zehn Monate geschätzt wird.

Das Spazierengehen ist nach wie vor nicht ganz einfach: „Sie zieht einfach wie wild“, erklärt Holger Schmidt. Mit der Rasse hat sich das Ehepaar vorher nie beschäftigt. Aber jetzt stellen sie fest: „Für Ältere eigentlich ideal, weil lieb und nicht besonders anspruchsvoll, außer was die Schmuseeinheiten angeht.“

Das Verfahren, wie die Tierherberge ihre Bewohner vermittelt, sei schon anspruchsvoll, bestätigen die Schmidts und nennen es „Prozedur“. Aber sie haben Verständnis. „Natürlich schluckt man erst mal, wenn sie nach dem Einkommen fragen. Aber eigentlich ist es logisch, denn wenn Tierarztkosten anfallen, sollten die Leute das schon tragen können“, findet Anja Schmidt.

Dass die Schmidts überhaupt einen Hund haben, grenzt an ein Wunder: „Ich habe furchtbare Angst vor Hunden“, gesteht Anja Schmidt. Holger Schmidt kann sich ein Leben ohne Hunde gar nicht vorstellen. Da war, als die beiden zusammen fanden, der Tibeter Orpheus der kleinste gemeinsame Nenner. Bis Paula kam und zeigte, dass eine Kleine ganz schön groß sein kann.