Moers/Kleve. . Das Schwurgericht verurteilte einen Mann, der im Mai 2015 in Vinn seine Frau mit 67 Messerstichen abschlachtete, zur lebenslänglichen Gefängnisstrafe.
„Der Papa sticht die Mama ab, die Mama blutet!“ Dieser Hilfeschrei eines sechsjährigen Kindes erreichte die Leitstelle der Polizei am 21. Mai 2015. Für die 31-jährige Mutter des Jungen und seines kleinen Bruders kam allerdings jede Hilfe zu spät – mit mindestens 67 Messerstichen hatte ihr Mann sie in der Wohnung an der Keplerstraße in Vinn regelrecht abgeschlachtet. Am Freitag verurteilte das Schwurgericht des Landgerichts Kleve unter Vorsitz von Richter Jürgen Ruby den 49-Jährigen wegen heimtückischen Mordes zu einer lebenslänglichen Gefängnisstrafe. Das Schwurgericht folgte damit dem Antrag des Staatsanwalts Arne Kluger.
Als der Angeklagte den Gerichtssaal auf der Klever Schwanenburg betrat, wirkte er zwischen den beiden Justizvollzugsbeamten winzig. Ein Dolmetscher übersetzte leise jedes im Saal gesprochen Wort; der Angeklagte schwieg, bis er nach dem Plädoyer seines Verteidigers erklärte, es täte ihm leid, einen Menschen getötet zu haben – kein Wort zu dem Leid, dass er durch die Bluttat seinen Kindern zufügte. Diese Worte fanden indes andere: „Die Kinder werden ein Leben lang unter der Tat leiden“, so Staatsanwalt Kluger im Plädoyer, und Richter Ruby schilderte in der Urteilsbegründung, wie der Sechsjährige mit „schreckgeweiteten Augen“ habe mit ansehen müssen, wie der Vater wieder und wieder auf die Mutter einstach.
Zuerst ein Streit auf dem Balkon
Nach Überzeugung des Gerichts geschah an diesem Tag folgendes: Die 31-Jährige, die getrennt von ihrem Mann in Hamburg lebte, war mit einer Freundin nach Moers gekommen, um über die Scheidung zu reden; die beiden gemeinsamen Kinder wollte sie mit nach Hamburg nehmen. Es entspann sich ein Streit auf dem Balkon, bei dem auch das spätere Mordopfer nicht mit Beleidigungen sparte. Unterbrochen wurde der Ehekrach von zwei Besuchen des 49-Jährigen bei seiner Rechtsanwältin, zudem holte er die beiden Kinder aus der Kita ab. Und dann, als die Kinder im Wohnzimmer und die Erwachsenen wieder auf dem Balkon saßen, geschah es.
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Der 49-Jährige ging durch das Wohnzimmer in die Küche und kam mit einem langen Messer zurück. Der Verteidiger erklärte, sein Mandant habe lediglich eine Melone schneiden wollen. Dazu Richter Jürgen Ruby: „Er hat das Messer mit auf den Balkon gebracht. Beim Verstecken des Messers vor dem Sohn war er sich bewusst, dass ein Messereinsatz erfolgen könnte.“ Als der Mörder auf den Balkon trat, saß sein Opfer mit dem Rücken zu ihm. Doch der 49-Jährige setzte sich hin, trank einen Tee, rauchte eine Zigarette – und stach urplötzlich zu.
Der Stich traf die 31-Jährige im Gesicht. Sie stürzte zu Boden, ihr Mann beuget sich über sie und stach auf sie ein. Das war der Moment, in dem das Kind hinzukam und alles mit ansehen musste. Die Freundin der 31-Jährigen griff sich die Kinder und verbarrikadierte sich in einem Zimmer der Wohnung, der Sechsjährige rief in Panik die Polizei. Was sich dann in Wohnzimmer und Küche abspielte, ließ sich nicht klären – Nachbarn hörten nur die verzweifelten Hilferufe der Frau, Spurensicherung und Rechtsmedizin fanden die Blutlachen auf dem Boden.
Der Verteidiger hatte vorgebracht, die 31-Jährige habe das Messer an sich gebracht und dann ihrerseits ihren Mann angegriffen, der dann in einer Art Notwehrexzess gehandelt habe. „Es war keine Notwehr, er hatte kein Notwehrrecht“, urteilte indes Jürgen Ruby.
Der Teufel habe es befohlen
Das Messer vor dem Opfer zu verbergen und plötzlich zuzustechen, sei heimtückisch, so Ruby; der 49-Jährige sei zudem voll schuldfähig. Der Verteidiger hatte die schweren Depressionen und psychiatrischen Behandlungen seines Mandanten ins Feld geführt. Dass der 49-Jährige zu einem psychiatrischen Gerichtsgutachter sagte, der Teufel habe ihm befohlen, sein Frau „kurz und klein zu machen“, hatte Staatsanwalt Kluger zuvor als türkische Redewendung bezeichnet.