Kreis Wesel. Kennen Sie die berühmten Erfinder und Künstler aus dem Kreis Wesel? Wir haben uns in den Bereichen Chemie, Kunst und Medizin einmal umgeschaut.

  • Der Kreis Wesel hat einige Wissenschaftler sowie kreative Köpfe hervorgebracht
  • In welchen Bereichen haben sie sich einen Namen gemacht?
  • Wir haben einen Blick in die Geschichte des Kreises geworfen

Konrad Duden kennt man überall in Deutschland. Der Mann, der das erste deutsche Rechtschreibwörterbuch zusammengestellt hat, kam 1829 im Weseler Ortsteil Lackhausen zur Welt. Aus Lackhausen stammt auch Ida Noddack, die wichtige chemische Entdeckungen gemacht hat. Überhaupt finden sich im gesamten Kreis Wesel bei genauerem Hinschauen viele kreative Menschen, die Bleibendes geschaffen haben.

Als Ida Noddack am 25. Februar 1896 geboren wurde, hieß sie noch Tacke. Als eine der ersten deutschen Frauen studierte sie in Berlin Chemie. Gemeinsam mit ihrem späteren Mann Walter Noddack und dem Röntgen-Fachmann Otto Berg entdeckte sie 1925 das Element 75 - Rhenium. Bevor Otto Hahn 1938 die Kernspaltung von Uran gelang, hatte Noddack bereits vermutet, dass Atomkerne spaltbar sein könnten. Sie erhielt zahlreiche Ehrungen, aber der Chemienobelpreis blieb ihr versagt, obwohl sie mehrfach dafür vorgeschlagen war. In Wesel gedenken eine Bronzetafel und eine Büste der Ausnahme-Wissenschaftlerin und eine Straße und eine Gesamtschule tragen ihren Namen.

Die Ida Noddack Gesamtschule in Wesel.
Die Ida Noddack Gesamtschule in Wesel. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Auch Moers hat einen illustren Wissenschaftler hervorgebracht. Georg Perthes, am 17. Januar 1869 geboren, beschrieb 1919 die Nekrose des Femur. Seitdem wird das Absterben von Knochenzellen des Hüftkopfes als Morbus Perthes bezeichnet. Und mit dem Perthes-Test wird die Durchgängigkeit der Beinvenen und die Funktionsfähigkeit der Venenklappen geprüft. Der vielseitige Mediziner behandelte außerdem als erster Krebs mit Röntgenstrahlen, nachdem er festgestellt hatte, dass sich damit Warzen entfernen lassen. In der Medizin ist er nach wie vor präsent, doch seine Geburtsstadt hat ihn vergessen.

Psychoanalytiker aus Moers – und eine Geisteswissenschaftlerin aus Alpen

Auch eine Johannes-Cremerius-Straße sucht man in Moers vergeblich: Der Tod des 1918 geborenen Psychoanalytikers war sogar der Neuen Zürcher Zeitung einen längeren Nachruf wert. Als Cremerius am 15. März 2002 in Freiburg starb, schrieb das Schweizer Blatt: „Er war eine der herausragendsten Gestalten der deutschen Psychoanalyse“ und es wurde daran erinnert, dass der Aufstieg der psychoanalytisch orientierten, psychosomatischen Medizin mit seinem Namen verbunden ist. Und: Er hat in Mailand ein Institut für psychoanalytische Therapie gegründet sowie in München eine Beratungsstelle für KZ-Opfer.

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Eine namhafte Geisteswissenschaftlerin stammt aus Alpen – die Philosophin Maria Nühlen. 1954 geboren, machte sie in Aachen ihren Doktor in Philosophie. Später übernahm sie in Merseburg einen Lehrstuhl für Sozial- und Kulturphilosophie. Sie hat wesentlich zum Philosophinnen-Lexikon des Reclam-Verlages beigetragen, aber bekannt wurde sie vor allem durch ein Buch, in dem sie 39 Philosophinnen der griechischen Antike vorstellt. Ihr Ziel: In Vergessenheit geratenen Philosophinnen zu ihrem Recht zu verhelfen und die Philosophie um die nicht berücksichtigten Beiträge dieser Frauen zu ergänzen. Was ihr gelungen ist, wie auch die internationale Resonanz auf das Standard-Werk zeigt.

Christen aller Konfessionen ist Paul Ernst Ruppel ein Begriff. Der 1913 geborene Komponist, Kantor und Chorleiter, der seit 1949 in Neukirchen-Vluyn lebte und dort 2006 verstarb, schuf zahlreiche Kirchenlieder. Weltweit bekannt wurde sein Kanon nach Psalm 113 „Vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang sei gelobet der Name des Herrn“. Auch geistliche Oratorien oder Gospelbearbeitungen aus seiner Feder gehören zum Repertoire vieler Kirchen. Zu einer eigenen Straße hat Ruppel es in seiner Wahlheimatstadt jedoch noch nicht gebracht.

Banane-Graffitis eines Rheinberger Künstlers gehen um die Welt

Bis heute nicht vergessen ist ein Rheinberger aus dem Spätmittelalter – Amplonius Rating de Berka: Er wurde Anfang der 1360er Jahre in Rheinberg geboren. 1393 wurde er in Erfurt der erste Doktor der Medizin. Berühmt wurde er aber nicht als Arzt, sondern weil er um 1410 eigenhändig einen Katalog seiner riesigen Büchersammlung anlegte, die er dem „Collegium Amplonianum“ in Erfurt stiftete. Die Bibliotheca Amploniana gehört zu den bedeutendsten Handschriftensammlungen Deutschlands. In Amplonius´ Geburtsstadt tragen eine Straße und ein Gymnasium seinen Namen.

Streetart-Künstler Thomas Baumgärtel kommt aus Rheinberg.
Streetart-Künstler Thomas Baumgärtel kommt aus Rheinberg. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Seine Bananen-Graffiti prangen an rund 4000 Museen und Galerien weltweit, und seit der Corona-Pandemie auch an etlichen Krankenhäusern. Der türkische Staatschef Erdogan hat ihn verklagt, weil er ihn mit einer Banane im Gesäß malte. Die Rede ist vom „Bananensprayer“, der mit bürgerlichem Namen Thomas Baumgärtel heißt und rund 600 Jahre später – 1960 – ebenfalls in Rheinberg geboren wurde. Er ist aus der Streetart- und Kunstszene nicht mehr wegzudenken. Seine Friedensbanane, eine gelbe Taube mit angedeutetem Bananenkörper, fehlt bei keiner Friedensdemo.

Dinslakenerin setzte sich für die Abmilderung von Kriegsfolgen ein

Ein zweites, weltbekanntes Friedensemblem stammt ebenfalls aus dem Kreis Wesel, aus Hünxe-Drevenack. Otto Pankoks (1893 – 1966) Holzschnitt „Christus zerbricht das Gewehr“ von 1950 hat es einst auf die Titelseite des Magazins Spiegel geschafft und ist bis heute ein beliebtes Friedenssymbol. Otto Pankoks Werk ist in seinem zum Museum umgebauten ehemaligen Wohnhaus in Hünxe zu sehen. Er hinterlässt allein 6000 Kohlezeichnungen und 800 Holzschnitte sowie Radierungen und Plastiken.

Hier ist eine Ausstellung im Otto-Pankok-Museum zu sehen.
Hier ist eine Ausstellung im Otto-Pankok-Museum zu sehen. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

Um die Abmilderung von Kriegsfolgen ging es Christel Neudeck, die 1942 als Christel Schänzer in Dinslaken geboren wurde. Gemeinsam mit ihrem Mann Rupert war sie 1979 Mitgründerin von Cap Anamur Deutsche Not-Ärzte. Ziel des Vereins war zunächst die Rettung der vietnamesischen Boat People. Nach Ende des Vietnamkrieges flohen sie vor Repressalien der kommunistischen Regierung. Christel Neudeck organisierte dafür viele Jahre lang Spenden und Rettungsaktionen. 2016 erhielt sie gemeinsam mit ihrem verstorbenen Mann den Staatspreis des Landes NRW sowie zahlreiche weitere Ehrungen. Und Cap Anamur Deutsche Not-Ärzte hilft weiterhin in Krisengebieten – in der Ukraine, in Afghanistan, im Sudan.