Kreis Wesel. Die Kreis Weseler Abgeordneten aus Bund und Land äußern Verständnis für die Demos, fordern aber eine klare Abgrenzung gegen Rechts.

Die Proteste der Landwirtinnen und Landwirte gegen die deutsche Agrarpolitik stoßen bei den Kreis Weseler Bundes- und Landtagsabgeordneten auf Verständnis. Ein Indikator dafür sei die Petition, die bereits mehr als 71.000 Menschen unterzeichnet hätten, sagt die CDU-Abgeordnete Kerstin Radomski auf Nachfrage. „Das Höfesterben in Deutschland schreitet voran - es geht um Versorgungssicherheit der Bevölkerung mit guten und sicheren Lebensmitteln und um die Frage, ob - und wie - wir wettbewerbsfähig bleiben, oder ob wir Nahrungsmittel vorwiegend aus dem Ausland importieren wollen“, so Radomski. Zuvor hatte sich schon Fraktionskollegin Sabine Weiss an die Seite der Bauern gestellt.

Bauernproteste im Kreis Wesel: Abgeordnete haben Verständnis

Und auch die Grünen-Abgeordnete Ulle Schauws versteht die Bauern. Schließlich gehörten Proteste „zu jeder lebendigen Demokratie“ und gäben all denen, die schwierige Bedingungen hätten, eine Stimme. „Natürlich habe ich Verständnis für die Landwirtinnen und Landwirte, wenn sie öffentlich für ihre Interessen eintreten. Ich kenne dies vom landwirtschaftlichen Betrieb meiner Eltern gut – größere Proteste gab es damals ebenso“, sagt Schauws, die aber mit Sorge auf Bestrebungen rechtsextremer Gruppen blickt, die Bauernproteste für ihre Zwecke zu nutzen. Eine klare Distanzierung der Verbände hiervon sei essenziell. „Danke an alle, die sich aktiv für einen friedlichen Bauernprotest einsetzen, im Dialog bleiben und zeigen, dass Landwirtschaft vielfältig und bunt ist.“

Bundestagsmitglied Ulle Schauws (Grüne) warnt vor rechtsextremer Unterwanderung der Bauernproteste (Archivbild).
Bundestagsmitglied Ulle Schauws (Grüne) warnt vor rechtsextremer Unterwanderung der Bauernproteste (Archivbild). © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Im Kreis Wesel hatten sich die Landwirte bei ihrem Protest am Montag bereits positioniert, unter anderem mit Plakaten mit der Aufschrift „Landwirtschaft ist bunt, nicht braun.“ Eine deutliche Abgrenzung fordert auch Bernd Reuther: „Die Demos vor Weihnachten haben bereits zu einem Umdenken bei der Ampelregierung geführt. Und auch für die weiteren Proteste haben wir Verständnis, wichtig ist aber, dass man sich nicht instrumentalisieren lässt“, so der FDP-Bundestagsabgeordnete. „Ich habe das Gefühl, dass sich die Proteste auf eine Demonstration gegen Staat und Demokratie ausweiten sollen. Das darf es nicht geben!“

„Kritik und Widerspruch sind in einer Demokratie lebenswichtig“, sagt auch SPD-Bundestagsabgeordneter Jan Dieren. „Deshalb finde ich es legitim, wenn Landwirt:innen ihre Interessen auch durch Protest vertreten, übrigens genauso wie bei allen anderen gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen.“

Vieles in der Landwirtschaft laufe nicht gut, so Dieren weiter, zum Beispiel, wenn große Supermarktketten die Lebensmittelpreise unter die Erzeugerpreise drückten. „Wollen wir eine Landwirtschaft, die uns am Leben erhält, müssen wir solidarisch mit denen sein, die diese wichtige gesellschaftliche Arbeit leisten. Zu dieser Solidarität gehört dann auch, weniger klimaschädliche Subventionen und mehr Unterstützung für eine klimaneutrale Landwirtschaft zu leisten“, sagt der Bundestagsabgeordnete. Allerdings habe er am Montag bei den Protesten „neben berechtigter Kritik“ auch Personen wahrgenommen, „die Putschfantasien auf die Straße tragen und extrem rechte Positionen vertreten“. Wer mit vernünftiger Kritik Gehör finden möchte, müsse sich „klar und deutlich von solchen antidemokratischen Bestrebungen distanzieren“.

Auch die beiden Landtagsabgeordneten aus dem Kreis Wesel, René Schneider (SPD) und Charlotte Quik (CDU) stehen an der Seite der Landwirte. Und sie fordern von der Bundesregierung noch mehr Initiative, um sie zu entlasten: Die Rücknahme der Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung sei „schon mal besser als nichts, wird der Lage der Landwirtschaft im Kreis Wesel und darüber hinaus aber noch immer nicht gerecht“, sagt der Landtagsabgeordnete aus Kamp-Lintfort. Das Problem sei, dass es noch keine Alternativen zum Traktor gebe, der mit Diesel fährt. Mache man den Sprit teurer, schlage sich das direkt auf die Preise nieder. Die Bereitschaft der Kunden, mehr zu bezahlen, sei jedoch aufgrund der Inflation gering. „Statt regional und möglichst bio einzukaufen, wird dann den billigeren Lebensmitteln aus dem Ausland der Vorzug gegeben“, fürchtet der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.

Das sieht auch Charlotte Quik so: So werde die stufenweise Abschaffung der Steuerrückerstattung beim Agrardiesel eine erhebliche finanzielle Belastung der Grünen Branche bedeuten. „Diese Maßnahme wirkt sich direkt kürzend auf das Einkommen der zumeist familiär geführten Betriebe aus und stellt damit einen zusätzlichen Wettbewerbsnachteil im europäischen und internationalen Vergleich dar“, so die CDU-Landtagsabgeordnete.

Die zurückgenommene Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung könne nur ein erster Schritt sein, sagt Landtagsabgeordnete Charlotte Quik (CDU) und befindet sich damit auf einer Linie mit René Schneider von der SPD (Archivbild).
Die zurückgenommene Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung könne nur ein erster Schritt sein, sagt Landtagsabgeordnete Charlotte Quik (CDU) und befindet sich damit auf einer Linie mit René Schneider von der SPD (Archivbild). © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Die zurückgenommene Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung könne nur ein erster Schritt sein. Deshalb unterstütze die CDU die friedlichen Proteste. „Hingegen distanzieren wir uns ausdrücklich von Gewalt und Bedrohungen. Demokratie lebt von der Diskussion und einem respektvollen Miteinander.“ Sie appelliere an die Bundesregierung, „die undurchdachten Maßnahmen vollumfänglich zurückzunehmen“, so Quik. René Schneider setzt dagegen auf die Bemühungen seines Bundestagskollegen Dirk Wiese. Dieser hatte bereits vor Weihnachten angeregt, den günstigeren Agrardiesel erst ab einer gewissen Betriebsgröße abzuschaffen. So sollen kleinere, vor allem regionale Familienbetriebe konkurrenzfähig bleiben.