Kreis Wesel. Der Verein Wildtierschutz Deutschland sieht keine Rechtfertigung für die Tötung von Wölfin Gloria. So argumentiert er gegen einen Abschuss.

Der Fall der Wölfin Gloria sorgte im Kreis Wesel für viel Diskussionsstoff. Nun meldet sich auch der Verein Wildtierschutz Deutschland zu Wort und nennt seine Argumente, die gegen die Tötung von Gloria sprechen.

Der Wolf genießt europaweit und international einen besonderen Schutz. Deutschland hat sich auf europäischer Ebene verpflichtet, sich an die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) zu halten, worin der Schutz dieser Tiere aufgeführt wird. „Deutschland ist dadurch verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass Wölfe langfristig einen lebensfähigen Bestand aufbauen können, den sogenannten ‚guten Erhaltungszustand‘“, heißt es auf der Seite des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) zum Thema.

Wie groß muss der Bestand einer Tierart sein, damit diese nicht vom Aussterben bedroht ist?

Dazu lasse sich keine allgemeingültige Aussage machen, es hänge von vielen Faktoren ab und sei daher von Fall zu Fall unterschiedlich, heißt es vom Wildtierschutz Deutschland. „Sicher jedoch muss er deutlich mehr als fünf Tiere und deutlich mehr als ein fortpflanzungsfähiges Weibchen umfassen“, so der Verein. Tiere einer streng geschützten Art dürfen nur dann ausnahmsweise getötet werden, wenn durch sie ein ernster wirtschaftlicher Schaden droht – aber nur dann, wenn der Erhaltungszustand ihrer lokalen Population günstig ist.

Bei großen und mobilen Tierarten wie dem Wolf zieht man als Abgrenzung die biogeografische Region heran – in diesem Fall, die atlantische Region Nordrhein-Westfalens. Diese umfasst das gesamte, innerhalb von NRW gelegene Tiefland. „In dieser Region leben derzeit nach aktuellem Wissensstand fünf Wölfe“, so der Wildtierschutz. Drei davon leben zurzeit im Raum Schermbeck, darunter ein fortpflanzungsfähiges Weibchen, die Wölfin GW954f, besser bekannt als „Gloria“.

Wie ist der aktuelle Stand um die Wölfin?

Die Allgemeinverfügung, die am 20. Dezember im Amtsblatt des Kreises Wesel veröffentlicht wurde, genehmigte die Tötung der einzigen fortpflanzungsfähigen Wölfin aufgrund des durch sie entstehenden wirtschaftlichen Schadens und des günstigen Erhaltungszustandes, den der Kreis als gegeben sieht. Die Naturschutzbehörden gaben sich darin redlich Mühe, den, wie der Wildtierschutz findet, „eindeutig schlechten Erhaltungszustand des isolierten Splittervorkommens von Wölfen schönzureden“.

Juristisch habe man sich damit auf sehr dünnes Eis begeben, sodass die aktuelle Aussetzung des Vollzuges der Tötung aufgrund des Eilantrages und der Klage von BUND und der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe zu erwarten gewesen sei, sagt der Wildtierschutz. Dünnes juristisches Eis sei auch die Darlegung, dass keine milderen Mittel als die Tötung des Wolfes verfügbar gewesen seien.

Welche Kritikpunkte nennt der Wildtierschutz Deutschland im Einzelnen?

Von 82 Rissereignissen mit Beteiligung des genannten Wolfes sei in 65 Fällen nicht einmal der Grundschutz gegeben gewesen. „Jahrelang ist aufgrund des mangelnden Willens und des mangelnden Verantwortungsbewusstseins vieler Hobby-Tierhalter den Wölfen beigebracht worden, dass Schafe, Ziegen und kleine Ponys eine leichte Beute sind“ findet der Wildtierschutz-Verein. Sogar auf Fotos von gerissenen Ponys in der Tagespresse seien zum Teil völlig untaugliche Zäune zu sehen gewesen, heißt es.

Der Verein kritisiert: Auch nach fünf Jahren der Anwesenheit von Wölfen im Gebiet kämen viele Tierhalter ihrer Verpflichtung nicht nach, ihre Tiere minimal zu schützen. Die Leidtragenden seien, neben den Weidetieren und den weiterhin vom Abschuss bedrohten Wölfen, diejenigen Tierhalter, die für hinreichenden Schutz ihrer Tiere sorgen.