Kreis Wesel. Je früher, desto besser: Wenn ein Mensch pflegebedürftig wird, fallen wichtige Entscheidungen an. Wo es im Kreis Wesel Anlaufstellen gibt.
Unterstützungsleistung, Pflegegrad, Vorsorgevollmacht: Es sind sperrige Begriffe, die zugleich mit viel Bürokratie einhergehen – und in schwierigeren Zeiten des Lebens relevant werden, bei Krankheit und im Alter. Was ist zu tun, wenn die Selbstständigkeit nachlässt, man nicht mehr alleine zurechtkommt? Selbstverständlich ist das ein Thema, mit dem sich niemand gerne beschäftigt. Dabei ist es hilfreich, gewisse Fragen im Vorfeld zu klären – Ansprechpartner sind die zahlreichen Pflegeberatungsstellen im Kreis. Das Thema ist komplex, der folgende Überblick soll aber bei der Orientierung helfen und Anlaufstellen aufzeigen.
Der Zeitpunkt
Wann das Thema relevant wird? Es sei schwierig, den einen Zeitpunkt zu benennen, so Ursula Thielen-Röpling und Martina Matenaers von der kommunalen Pflegeberatung des Kreises Wesel. Die Expertinnen empfehlen, die kostenlose Pflegeberatung in den Rathäusern der Städte und Gemeinden aufzusuchen und sich frühzeitig beraten zu lassen. Darüber hinaus gilt es, sensibel zu beobachten: „Wann gibt es ein Problem? Wann braucht jemand im Alltag Hilfe?“ Thielen-Röpling spricht insbesondere die Familienmitglieder an, „Alleinstehenden empfehlen wir, sich ein soziales Umfeld zu schaffen, wo aufeinander geachtet wird“ – Nachbarn anzusprechen, Vereinsangebote zu nutzen. Die kommunalen Pflegeberatungsstellen gibt es in jeder Kommune im Kreis Wesel – eine Übersicht mit allen Ansprechpartnern und Kontaktadressen finden Sie hier.
Wohnung und Haus
Was für viele ein wichtiger Hinweis sein dürfe: „Vieles ist in der eigenen Häuslichkeit möglich, wenn Hilfeangebote angenommen und genutzt werden“, betont Matenaers. Wenn jedoch die Mobilität eingeschränkt ist, können Schwierigkeiten auftauchen. Wie sind die Voraussetzungen in meiner Wohnung oder in meinem Haus? Ist ein Umbau nötig und finanziell zu leisten? Oder ist ein Umzug in eine barrierefreie Wohnung möglich? Ganz explizit beraten hier die Wohnberatungsstellen der beiden Caritasverbände im Kreis: Linksrheinisch Birgit Meschendörfer, 02841/880 48 32. Infos gibt es hier. Auf rechtsrheinisch: Olaf Saddeler, Silvia Füting, Christa Testroet, 0281/341 78 25, Infos auch hier.
Unterstützungsleistungen
„Es gibt ganz viele Leistungen, die wenig in Anspruch genommen werden“, weiß Dr. Ralf Tebest, der die kommunale Pflegeberatung im koordiniert. Ob Fenster- oder Treppenputzen und hauswirtschaftliche Unterstützung, das Angebot werde immer größer, so Tebest. Darüber hinaus gibt es auch Ansprüche auf Betreuungsleistungen etwa bei Spaziergängen, dem Besuch des Friedhofs, die Teilnahme am Chor. „Die Aktivitäten des täglichen Lebens stehen hierbei im Mittelpunkt“. Voraussetzung ist ein Pflegegrad, auch hierbei helfen die Pflegeberaterinnen und Berater. Nicht nur größere Anschaffungen wie Pflegebett, Rollator oder Lift, können von der Krankenkasse mindestens teilweise übernommen werden, „selbst kleine Hilfsmittel wie zum Beispiel ein besonderes Besteck, kann von der Krankenkasse mitfinanziert werden“, sagt Thielen-Röpling. Das sollte mit dem Arzt besprochen und von ihm verordnet werden.
Entlastung für Angehörige
Irgendwann kommen die pflegenden Angehörigen an ihre Grenzen, so Thielen-Röpling. Die Unterstützungsleistungen und Hilfsmittel entlasten auch Partner oder Kinder, die sich um pflegebedürftige Personen kümmern, aber es gibt noch mehr. Zum einen sei da das Pflegegeld, das den Pflegebedürftigen zur Verfügung steht. Darüber hinaus ist da noch der ambulante Pflegedienst zu nennen, der entsprechend der Bedürfnisse nach Hause kommt. Mit diesen ambulanten Pflegediensten müssen diese Bedürfnisse besprochen werden. Nicht immer können die Pflegeleistungen zu den gewünschten Zeiten erbracht werden, da in der Regel die Pflegekräfte mehrere Haushalte nacheinander versorgen müssen.
Viel Potenzial sehen die beiden Pflegeberaterinnen zur Entlastung der Angehörigen bei der Tagespflege, die noch viel zu wenig genutzt werde. Es gebe 46 Tagespflegeeinrichtungen im Kreis und immer eine Möglichkeit, einen Platz zu finden, erläutert Tebest. Ein Fahrdienst bringt die Gäste morgens zu den Tagespflegeeinrichtungen und nachmittags wieder nach Hause. Sie verbringen den Tag mit professioneller Betreuung in Gemeinschaft, so Matenaers. Lediglich die Essenskosten müssten selbst getragen werden. Ob mehrere oder nur einzelne Tage in der Woche, es gebe verschiedene Möglichkeiten. Außerdem nennen die Experten die Verhinderungspflege als Option, wenn Angehörige Urlaub machten. Zudem gibt es das Angebot der Pflegeselbsthilfe-Kontaktstelle beim Paritätischen speziell für pflegende Angehörige (Katja Caspers, 02841 900041).
Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung
Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung regeln verschiedene Sachen. Mit der Vorsorgevollmacht wird vorab festgelegt, wer wichtige Entscheidungen trifft, wenn man selber nicht mehr dazu in der Lage ist. So lässt sich vermeiden, dass das Gericht eine Betreuungsperson bestimmt. Oft wird eine Vollmacht Thema, wenn eine Demenz im Spiel ist. Bei der Patientenverfügung geht es um medizinische Fragen – den weiteren Behandlungsweg sowie medizinische Maßnahmen. Um diese Verfügung zu erstellen, sollte man sich auf jeden Fall Rat suchen.
Demenz
Mit der Diagnose Demenz verändert sich nicht nur das Leben der Betroffenen, sondern auch das von den Menschen in ihrer Umgebung. Es tauchen viele Fragen auf: Wie geht es mit der Erkrankung weiter? Wie gehe ich damit um? Neben den dementiellen Erkrankungen spielen auch andere psychische Erkrankungen im Alter eine immer größere Rolle. Dazu gehören zum Beispiel auch Depressionen und Sucht. Explizit hierzu beraten die Fachberatungsstellen Demenz und Gerontopsychiatrie im Kreis. Infos: www.pflege-kreis-wesel.de.
Kurzzeit- und stationäre Pflege
Bei der Kurzzeit- sowie der stationären Pflege ist es schwieriger, einen freien Platz zu bekommen. Kurzzeitpflege werde oft zum Thema, wenn jemand nach einem Krankenhausaufenthalt zunächst nicht zuhause gepflegt werden könne, so Tebest. Angeboten werde das von allen Altenpflegeheimen – eine Liste der Einrichtungen ist unter www.pflege-kreis-wesel.de zu finden. Mit Blick auf die Suche nach einer geeigneten stationären Einrichtung rät er dazu, sich im Vorfeld über die Qualität zu informieren, „die Prüfberichte der Heimaufsicht sind öffentlich“, zu bedenken sei, dass sie nur eine Momentaufnahme widerspiegelten und die Heime in Konkurrenz zueinander stünden. Zuständig sei die Heimaufsicht.
Finanzierung und Budget
Geht es um einen kurzzeitigen oder dauerhaften Platz in einem Heim, fallen Kosten an. Oft geht das ins Geld. Die Pflegeexperten des Kreises weisen auf den Anspruch zur Sozialhilfe hin, auch hier werde vermittelt und erklärt. Vielen sei das unangenehm, so Thielen-Röpling. Sie betone dann aber die Leistung, welche die Menschen vorher für die Gesellschaft erbracht haben, „sie haben einen Anspruch darauf“. Auch solle niemand Angst haben, dass Angehörige für Unterhaltspflicht aufkommen müssen, hier wurden die Einkommensgrenzen sehr stark angehoben. Außerdem wichtig: Je nach Pflegegrad und Anspruch, sollte das jeweilige Budget für Kurz- und Verhinderungspflege gut im Blick behalten werden, damit es nicht plötzlich aufgebraucht ist – auch hier helfen die kommunalen Pflegeberatungsstellen weiter.
Hinweis: Neben der kommunalen Pflegeberatung gibt es auch weitere Beratungsangebote, etwa von den Wohlfahrtsverbänden.