Kreis Wesel. Das Land möchte die voraussetzungslose Teilzeit für Lehrkräfte möglichst ablehnen. Die Gewerkschaft VBE Kreis Wesel hat eine klare Meinung dazu.

Lehrkräften in NRW soll es zukünftig schwerer gemacht werden, Anträge auf Teilzeit zu stellen. Um dem Personalmangel an Schulen entgegenzuwirken, ist die NRW-Landesregierung dazu übergegangen, Anträge strenger zu prüfen und nach Möglichkeit abzulehnen.

Der rigide Umgang bezieht sich nur auf die sogenannte voraussetzungslose Teilzeit, also Anträge ohne konkreten Grund. Teilzeitanträge zum Beispiel wegen der Pflege von Angehörigen werden weiter bewilligt. Dennoch sei dies der falsche Ansatz, sagt die Gewerkschaft VBE.

„Das Land tut sich damit keinen Gefallen, sondern schafft nur neue Probleme“, sagt die neue Kreis Weseler VBE-Vorsitzende, Angelika Vogel, im Gespräch mit der Redaktion. Sie befürchtet einen weiteren Anstieg des ohnehin hohen Krankenstandes durch weitere massive Überlastung. „Dies ist jetzt schon in unserem Kreis Wesel spürbar“, so die Vorsitzende. „Die Menschen beantragen die Teilzeit aus einem guten Grund.“ Die Belastung in diesem Beruf sei mittlerweile so hoch, dass viele Lehrkräfte ihre Aufgaben nur im Rahmen der Teilzeitstelle bewältigen könnten.

Das Land tut sich damit keinen Gefallen
Angelika Vogel, VBE-Vorsitzende im Kreis Wesel

Im Kreis Wesel gibt es laut zuständiger Bezirksregierung Düsseldorf 5055 Lehrkräfte, davon unterrichten 1771 Lehrerinnen und Lehrer in Teilzeit. Macht eine Quote von rund 35 Prozent. Damit liegt der Kreis Wesel noch unter der landesweiten Quote von etwa 40 Prozent. An Grundschulen liegt der Anteil der in Teilzeit unterrichtenden Lehrkräfte laut IT.NRW landesweit sogar bei 49,5 Prozent.

Eine höhere Ablehnungsquote von Teilzeitanträgen erhöhe aber den psychischen Druck auf die Lehrerinnen und Lehrer, vergrößere den Krankenstand und verschärfe damit den Lehrkräftemangel an Schulen noch, sagt Angelika Vogel, die auch befürchtet, dass der Beruf weiter an Attraktivität verlieren könnte. Bereits jetzt bekomme man viel zu wenig Lehrernachwuchs an die Schulen. Was zum einen an einer überschaubaren Studienplatzdichte liege und zum anderen daran, dass auf dem Grundschullehramtsstudium noch immer ein Numerus Clausus (NC), also eine Zulassungsbeschränkung, liege.

Um den Lehrkräftemangel zu stoppen, müsse unter anderem der NC abgeschafft werden und der Beruf an sich wieder an Attraktivität gewinnen. Bedeute: Die Pflichtstundenzahl von 28 verringern und die Klassen verkleinern. Generell müssten sich die Rahmenbedingungen an den Schulen verbessern. Nur so könne der Lehrkräftemangel auf lange Sicht beseitigt werden. Eine „Beschneidung der voraussetzungslosen Teilzeit“ sei aber nicht das geeignete Mittel dafür, so Angelika Vogel weiter.

Eine andauernde Herausforderung

„Die Lehrkräfteversorgung in Nordrhein-Westfalen ist – wie auch in nahezu allen anderen Bundesländern – weiterhin eine Herausforderung“, schreibt die Bezirksregierung auf Nachfrage. Es sei derzeit nicht immer möglich, alle zur Verfügung stehenden Stellen zeitnah zu besetzen. „Die sich daraus ergebende personelle Situation an den Schulen ist nicht auf eine zu geringe Zuweisung von Stellen zurückzuführen, sondern ist vielmehr bedingt durch die zu geringe Anzahl von geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern.“

Grundsätzlich sei die Bezirksregierung bestrebt, eine gute Lehrerversorgung an allen Schulen in ihrem Bezirk sicherzustellen. „Hierfür wurde und wird kontinuierlich an der Gewinnung von Lehrkräften gearbeitet. Die Schulaufsicht steht dazu in ständigem Kontakt mit allen Schulen, um bei der Umsetzung aller erforderlichen und möglichen Maßnahmen zu beraten und zu unterstützen.“

Laut Bezirksregierung hat der Kreis Wesel keinen Lehrkräftemangel an den Schulen — zumindest auf dem Papier. „Die Personalausstattungsquote der Schulen im Kreis Wesel beträgt 99,56 Prozent“, schreibt die Bezirksregierung auf Anfrage. „Das mag so sein“, sagt Angelika Vogel. Allerdings beinhalte diese Zahl zum Beispiel nicht Schwangere, die dienstunfähig seien, „bei der enormen Anzahl von Frauen in unserem Beruf eine nicht unwesentliche Zahl“. Auch langzeiterkrankte Bedienstete, ad hoc Erkrankte und wegen Erkrankung von eigenen Kindern fehlende Lehrkräfte tauchten in dieser Quote nicht auf. „Das von jeder Schule erstellte Vertretungskonzept hat somit wenig Wirkung“, so die VBE-Vorsitzende. Der Lehrkräftemangel sei ein permanenter Zustand. Daran werde auch eine kritischere Prüfung der Teilzeitanträge nichts ändern.