Wesel. Immer wieder wundern sich Menschen, warum über manche Vorfälle im Kreis Wesel nicht berichtet wird. Die Polizei erklärt, wie sie vorgeht.
Der Einbruch ins Nachbarhaus, ein Unfall auf einer Landstraße oder eine vermeintliche Messerstecherei: Immer wieder fragen sich Menschen im Kreis Wesel, warum die Polizei über den einen Vorfall berichtet – und über den anderen nicht. Im schlimmsten Fall führt das zu wilden Spekulationen und heftigen Diskussionen in den sozialen Medien. Die Redaktion hat deswegen mit der Kreispolizeibehörde darüber gesprochen, nach welchen Kriterien sie darüber entscheidet, welche Vorfälle für die Öffentlichkeit in Form von Pressemitteilungen aufbereitet werden – und welche nicht.
Zuständig für die Verbreitung der Informationen durch die Polizei ist die Presseabteilung unter der Leitung von Peter Reuters. Die Abteilung ist die Schnittstelle zwischen der Leitstelle, wo Notrufe eingehen und Einsätze koordiniert werden, der Kriminalpolizei oder den Einsatzkräften vor Ort und in den Dienststellen. Die Information der Menschen im Kreis Wesel und der Medien läuft dabei vor allem über Mitteilungen, die im sogenannten Presseportal veröffentlicht werden. Auf diese Meldungen greift auch die Redaktion unter anderem zurück, wenn sie über Einsätze der Polizei berichtet. Ein weiterer wichtiger Kanal für die Polizei sind zudem die sozialen Netzwerke wie Facebook, Instagram oder X (früher Twitter).
Die Polizei im Kreis Wesel verschickt jährlich etwa 1400 Meldungen
Einbrüche, Vermisstenmeldungen, Fahndungen, Unfälle oder Körperverletzungen dominieren bei den Pressemitteilungen. Hier machen allein einige Zahlen deutlich, dass nicht über jeden Vorfall berichtet werden kann. So veröffentlichte die Polizei im Jahr 2022 rund 1400 Meldungen auf dem Presseportal – registriert wurden in diesem Zeitraum im gesamten Kreis Wesel aber knapp 14.000 Verkehrsunfälle und 27.000 Straftaten. Es ist also logisch, dass eine Auswahl getroffen werden muss.
Beispiel Verkehrsunfälle: „Da berichten wir in der Regel nur dann, wenn es Schwerverletzte gibt“, erklärt Peter Reuters. Natürlich gibt es Ausnahmen, etwa dann, wenn ein Unfall für besonders heftige Auswirkungen im Feierabendverkehr gesorgt hat – oder die Umstände kurios waren. So landete beispielsweise in Moers im Oktober ein Autofahrer mit seinem Wagen in einem Vorgarten und krachte anschließend gegen eine Hauswand. Er bliebt zwar unverletzt, die Meldung sorgte trotzdem für Aufsehen.
Was für Unfälle gilt, ist beim Kriminalitätsgeschehen nicht anders: Die Schwere einer Straftat ist immer ein Kriterium für eine Veröffentlichung. Ebenfalls ganz entscheidend ist die Frage, ob sich die Polizei durch die Information der Öffentlichkeit möglicherweise Hinweise für die Aufklärung einer Straftat oder eines Unfallhergangs erhofft. Oft sind die Meldungen deshalb mit der Bitte um Zeugenhinweise (insbesondere bei Einbrüchen) oder sogar konkreten Fahndungsaufrufen verbunden – bei der Suche nach vermissten Personen wird die Öffentlichkeit ebenfalls regelmäßig und besonders zeitnah in Kenntnis gesetzt. Einen gewissen Raum nicht zudem die Warnung der Bevölkerung vor gewissen Gefahren ein, etwa mit Tipps wie man sich gegen Einbrecher oder Telefonbetrüger schützt oder mit dem Hinweis, dass die Saison des Wildwechsels begonnen hat.
Zu den Vorfällen, über die gar nicht nur im absoluten Ausnahmefällen berichtet wird, gehören Suizide oder Fälle von häuslicher Gewalt, gerade wenn Kinder betroffen sind. Zu groß ist die Gefahr, dass es Nachahmer gibt oder die Opfer irgendwie erkannt werden. Und dann gibt es immer wieder Geschehnisse, bei denen die Wahrnehmung manchmal auseinander geht: Der vermeintliche Messerangriff, der gar keiner war – oder die angebliche Massenschlägerei, die sich hinterher als eher alltägliche Handgreiflichkeit herausstellt. „Nur, weil irgendwo viele Polizeiwagen im Einsatz sind, muss das nicht heißen, dass dort wirklich etwas Schlimmes passiert ist“, sagt Peter Reuters. Doch nachdem es im Sommer in Wesel große Diskussionen über Gewaltvorfälle auf Schützenfesten gegeben hat, die erst auf Nachfrage der Redaktion öffentlich wurden, will die Polizei bei viel besuchten Brauchtumsveranstaltungen nun sensibler vorgehen, so Reuters.
Ganz wichtig ist dem Pressesprecher, einem immer mal wieder geäußertem Vorwurf, zu widersprechen: „Wir lassen nicht bewusst oder gewollt, irgendetwas weg.“ Ein möglicher Grund, warum sich die Polizei zu gewissen Sachverhalten eher zurückhaltend äußert, können laufende Ermittlungen sein.
Hintergrund: Nicht für alle Straftaten ist die Kreispolizei zuständig
Ein Grund, warum keine Mitteilung der Kreispolizeibehörde Wesel direkt erfolgt, kann auch die Zuständigkeit sein. Denn für bestimmte Delikte sind andere Behörden zuständig – und bei denen liegt dann auch die Hoheit über die Pressearbeit. Das gilt etwa für Tötungsdelikte, bei denen die Ermittlungen von der für den Kreis Wesel zuständigen Mordkommission in Duisburg und der Staatsanwaltschaft übernommen werden. Ebenso in Duisburg angesiedelt ist der Staatsschutz, der bei politisch motivierten Straftaten aktiv wird. Außerdem kümmert sich die Polizei in Essen übergreifend um gesprengte Geldautomaten, bei den Autobahnen ist die Behörde in Düsseldorf zuständig und über Vorfälle auf dem Rhein informiert die Wasserschutzpolizei.