Kreis Wesel. Ulrich Kühn richtet sich bei der Polizei im Kreis Wesel ein. Woher er kommt und welche Herausforderungen sein Vorgänger sieht.
Wer umzieht, der muss sich erst einmal einrichten: In der vergangenen Woche hat Ulrich Kühn sein neues Dienstzimmer an der Reeser Landstraße bezogen. Als neuer Abteilungsleiter der Weseler Kreispolizeibehörde hat er ein volles Programm vor sich: Besuche der Wachstandorte und Amtsgerichte sowie bei den Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen, die Kreisleitstelle hat ihn eingeladen.
Der Duisburger hat nach dem Abitur Jura studiert und ist als ausgebildeter Volljurist 1995 direkt in den höheren Polizeidienst eingestiegen. Den Kreis Wesel kennt er schon aus seiner Zeit als Leiter der Polizeiinspektion Dinslaken, wo er zwischen 1997 und 2003 tätig war. „Ich freue mich, nun wieder von der Theorie in die Praxis zu kommen und wieder Verantwortung für den operativen Polizeidienst zu übernehmen“, sagt er.
Cyberangriffe bleiben Thema: „Bisher konnte das abgewehrt werden“
Theorie deswegen, weil er zuletzt beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) in den Bereichen Behördenberatung, Strategieentwicklung und Changemanagement führungsverantwortlich tätig war, „quasi bei der Unternehmensberatung der Polizei. Dadurch habe ich einen breiten Überblick übers Land bekommen“, sagt Kühn. Strategische Fragen standen im Vordergrund: Wie kann sich eine Behörde besser aufstellen? Wie werden Veränderungen umgesetzt und moderiert? In diesem Zusammenhang haben ihn auch der Themenkomplex Clan-Kriminalität sowie die Debatte um die rechtsextremen Chatgruppen im Ruhrgebiet beschäftigt. Was machen Einsätze mit den Beamtinnen und Beamten? Wenn das nicht reflektiert werde, dann könnte das in eine falsche Richtung gehen. Die Alltagsreflexion hält er in diesem Zuge für den Lösungsansatz, dahingehend sind auch die Polizeiseelsorger im Kreis eingebunden.
Zuletzt war der 58-Jährige zudem Leiter der landesweiten Stabsstelle, die sich im Zuge des Kriegs in der Ukraine mit dem Thema „Kritische Infrastrukturen“ auseinandergesetzt hat. Die Polizei musste reagieren, etwa wegen der Cyberangriffe. Der Bürger bekomme das nicht mit, „bisher konnte jeder Angriff abgewehrt werden“. Die Weseler Behörde hält Kühn dahingehend für gut aufgestellt.
Für den Bereich Cyberkriminalität ist seit vergangenem September im Kreis Wesel das Kriminalkommissariat 15 im Einsatz. „Ein Betätigungsfeld, das insbesondere auch die Bürgerinnen und Bürger betrifft“, sagt Kühn. Früher seien die Betrüger an die Haustüren gekommen, jetzt nutzten sie den virtuellen Raum. „Das erfordert Fachleute.“ Die Polizei habe schwer aufrüsten müssen, IT-Experten wurden etwa eingestellt.
Wechsel bei der Kreispolizei Wesel: Welche Herausforderungen Rüdiger Kunst sieht
Ulrich Kühn kommt vom LZPD in Duisburg, sein Vorgänger Rüdiger Kunst wechselt nun dort hin. Nach fast 44 Jahren ist seine Zeit als aktiver Polizeibeamter vorbei, in den kommenden zwei Jahren wird Kunst aber seine Erfahrungen im Bereich des Qualitätsmanagements für Polizeibehörden in ganz NRW einbringen.
Aufgrund der gestiegenen Anforderungen brauche es auch Nachwuchs, um diesen gerecht zu werden, findet er. Die Politik müsse Sorge tragen, dass die Polizei auch Kontinuität beim Personal habe, also die Einstellungszahlen auf lange Sicht hoch bleiben.
Welche Herausforderungen er darüber hinaus künftig für die Polizei sieht? Seiner Wahrnehmung nach hat Corona etwas mit den Menschen gemacht, die Aggressivität habe zugenommen. Es bleibe oft nicht bei Diskussionen, sondern münde in Angriffe gegen Beamte, „wenn regelmäßig auch ein Messer dabei ist, erschreckt mich das“. Sein Anliegen: „Dass die Polizistinnen und Polizisten immer gesund nach Hause kommen.“ Im Bereich Verkehr blickt Rüdiger Kunst zudem mit Sorge auf die Verkehrsmittel Fahrrad und Pedelec und die zuletzt gestiegenen Unfallzahlen. Darüber hinaus nennt er die Straftaten zum Nachteil älterer Menschen – wenn sich Betrüger auf perfide Art das Vertrauen erschleichen, um an Geld zu kommen.
Belastung der Polizeibeamtinnen und Beamten: „Das haben wir gut im Griff“
Erst in den vergangenen Tagen sei wieder jemand im Kreis betrogen worden – um 30.000 Euro. Immerhin habe ein Teil des Geldes gerettet werden können, sagt Kühn. „Aufklärung ist da ganz wichtig.“ Mit Blick auf die Belastungen der Beamten hat Kühn nach besonders schweren Einsätzen festgestellt, dass die Beamtinnen und Beamten erstaunlich stabil seien. Er führe das auf die Ausbildung und die psychosoziale Unterstützung bei der Polizei zurück. „Mit diesen Instrumenten haben wir das gut im Griff.“