Kreis Wesel. Camping ist beliebt – und die Reisenden lassen Geld in der Urlaubsregion. Inwiefern der Niederrhein profitiert und was das Camping hier kostet.

Egal, ob mit Wohnmobil oder Wohnwagen, umgebautem Bulli oder ganz praktisch mit dem Zelt – Camping boomt. Seit 2015 werde diese Urlaubsform immer beliebter, sagt Leo Ingenlath. Er ist Vorsitzender des Fachverbandes der Freizeit- und Campingunternehmer NRW und betreibt in zweiter Generation den Campingpark Kerstgenshof in Sonsbeck, der kürzlich von einem Campingportal erneut zu einem der 30 besten Campingplätze in Europa gewählt wurde. Was den Reiz beim Camping ausmacht? Das ungezwungene Reisen, so Ingenlath. „Keine festen Essenszeiten oder eine Kleiderordnung.“ Und natürlich die Nähe zur Natur.

Wie viele Menschen kommen jährlich zum Camping in den Kreis Wesel? Hier verweist der Tourismusverband NRW auf Zahlen des Statistischen Landesamts. Diesen zufolge verzeichneten zehn geöffnete Camping-Betriebe im vergangenen Jahr insgesamt 136.746 Übernachtungen, 27,3 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Zum Vergleich: 2019 lag die Zahl der Übernachtungen bei 138.676, ein Jahr zuvor sogar bei 143.324. Natürlich hat auch hier die Pandemie mit ihren Beschränkungen für Einschnitte gesorgt, die Zahlen gingen im Kreis Wesel zurück, Ingenlath ordnet an dieser Stelle allerdings ein, dass mit der Grav-Insel ein großer Campingplatz nicht für touristische Gäste geöffnet hatte. Trotzdem: Viele Menschen haben in dieser Zeit das autarke Reisen zu schätzen gelernt.

Martina Baumgärtner: Camping-Urlauber stärken den Einzelhandel

„Abgezeichnet hat sich das schon vorher, aber nicht in dieser Dichte, wie wir sie dann in der Pandemie erlebt haben“, sagt Martina Baumgärtner, Geschäftsführerin von Niederrhein Tourismus. Sie sieht das Interesse seitens der Kommunen und betont die Wertschöpfung: „Die Menschen kaufen ein, gehen essen, nehmen Souvenirs mit.“ Es seien Selbstversorger, „sie stärken auch den Einzelhandel“. Martina Baumgärtner nennt das große Angebot an Stellplatzmöglichkeiten – und natürlich habe auch jeder das Fahrrad mit dabei. Das passt zum klimafreundlichen Reisen. Der Verband arbeite daran, den Niederrhein auch für längere Reisen attraktiv zu machen, nach wie vor sei er eine Kurzreiseregion. Das kommt offenbar auch der Campingsparte zugute.

Wie viel Geld lassen die Camping-Urlauber hier? Niederrhein Tourismus führt eine Studie des Deutschen Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr an, das sich mit dem Wirtschaftsfaktor beim Reisemobil- und Campingtourismus beschäftigt. Dieser zufolge verzeichnete der Niederrhein – Zahlen für einzelne Landkreise gibt es hier nicht – im Jahr 2021 einen Umsatz von rund 14,4 Millionen Euro. Im Vergleich zu anderen Regionen bedeutete das Platz 3, „noch vor Regionen wie der Lüneburger Heide oder dem Mittleren Schwarzwald. Dies zeigt, welche enorme Kaufkraft Reisemobilisten und Camper in der Region lassen“, betont Niederrhein Tourismus.

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ADAC: So viel kostet das Camping am Niederrhein im Durchschnitt pro Nacht

NRW sei Naherholungsland, stellt Leo Ingenlath heraus. Wer im Ballungsraum lebe, brauche nur eine Stunde, um Regionen wie die Eifel, das Münsterland oder eben den Niederrhein zu erreichen. „Man muss nicht weit fahren und die Kinder müssen nicht lange im Auto sitzen.“ Laut dem Campingportal Pincamp vom ADAC ist NRW beim Camping für eine Familie (zwei Erwachsene und ein zehnjähriges Kind) zudem mit 36,84 Euro im Schnitt pro Nacht das zweitgünstigste Bundesland. Am Niederrhein zahlen Gäste etwas mehr, wie das Portal herausgefunden hat: 39,45 Euro sind es hier, damit liegt die Region aber noch unter dem bundesweiten Durchschnitt (42,62 Euro pro Nacht).

Leo Ingenlath ist Vorsitzender des Fachverbandes der Freizeit- und Campingunternehmer NRW und betreibt in zweiter Generation den Campingpark Kerstgenshof in Sonsbeck.
Leo Ingenlath ist Vorsitzender des Fachverbandes der Freizeit- und Campingunternehmer NRW und betreibt in zweiter Generation den Campingpark Kerstgenshof in Sonsbeck. © FUNKE Foto Services | Michaelis, Judith (jumi)

Und wie geht es mit dem Camping nach der Pandemie weiter? „Wir vermuten, dass in diesem Jahr eine Normalisierung des Markts stattfinden wird“, sagt Leo Ingenlath. Dass etwa nicht mehr so viele Menschen ihre Plätze vorher reservieren – so wie es während der Pandemie zwischenzeitlich verpflichtend war. „Man merkt, dass die Gäste wieder spontaner anreisen, mal eben losfahren, wenn das Wetter passt.“ Und das entspreche ja auch dem Ursprung des Campings, dieses „mal eben los“, das mache es aus.