Kreis Wesel. Frischwasser ist der Maßstab für die in der Regel drei mal so teuere Abwasserrechnung. Warum die Unterschiede im Kreis Wesel so groß sind.

Rund 130 Liter frisches Leitungswasser verbraucht laut Bundesumweltamt jede Person im Schnitt am Tag – das sind rund 47 Kubikmeter zum Duschen, Kochen, Putzen beispielsweise. An diesem Frischwasserverbrauch misst sich die Abwassergebühr für das, was am Ende in der Kanalisation landet. Ein Blick in die Kommunen des Kreises Wesel zeigt sehr unterschiedliche Preise.

Große Unterschiede

So schlägt in Xanten der Kubikmeter verbrauchten Wassers mit 4,75 Euro Abwassergebühr im Jahr zu Buche – in Dinslaken sind es lediglich 2,56 Euro. Preisunterschiede schlagen ins Konto der Familien – die Spanne zwischen Dinslaken und Xanten macht bei 47 Kubikmetern pro Jahr gut 143 Euro Unterschied aus, pro Person.

Abwassergebühren sind, wie alle Gebühren, nicht dazu da, die kommunalen Haushalte zu sanieren. Sie müssen kostendeckend sein: Die Entwässerungskosten, die tatsächlich entstehen, werden auf die Verbraucher umgelegt, Überschüsse gehen in Ausgleichsrücklagen, die zeitnah an die Verbraucher zurückgegeben werden müssen.

Welche Kosten tatsächlich in die Gebühren gehören, klären mitunter die Gerichte, wie jüngst im Fall Oer-Erkenschwick. Hier hatte das Oberverwaltungsgericht Münster sich zum Thema kalkulatorische Abschreibungen und Zinsen in der Gebührenrechnung geäußert, die Stadt verlor den Rechtsstreit. Im Kern aber geht es bei den Abwassergebühren um die Instandhaltung und Sanierung von Kanälen, Druckleitungen, Pumpen, Maschinen, Kläranlagen.

Verbraucher tragen die Modernisierung der Infrastruktur

„Lineg und Niersverband modernisieren ihre Anlagen. Das bringt einen besseren ökologischen Standard, kostet aber“, erläutert Willi Tenhagen, zuständiges Vorstandsmitglied der Verwaltung in Sonsbeck. Heißt: Verbraucher, deren Kommunen zum jeweiligen Verbandsgebiet gehören, finanzieren das über ihre Gebühren. Die haben sich in jüngster Zeit spürbar erhöht. Häufig liegen die Abwassergebühren in Ballungsgebieten niedriger als auf dem Land: Wesel beispielsweise erhebt in diesem Jahr 2,65 Euro pro Kubikmeter, Sonsbeck 4,20 Euro.

In Ballungsräumen liegen zahlreiche zahlende Haushalte an den Kanälen, auf dem Land mitunter nur alle paar hundert Meter einer – die Leitungen hier sind länger und müssen ebenfalls gewartet werden. Ländliche Gemeinden mit eigener Kläranlage können günstiger rechnen, weil sie die weiten Wege via Druckleitung und Pumpen zum entfernten Klärwerk sparen und keine Transportsammler brauchen. Hamminkeln beispielsweise ist ländlich und dennoch mit 2,94 Euro recht günstig, auch Hünxe hat eine eigene Kläranlage und liegt trotz etlicher Kilometer Druckleitungen bei 2,70 Euro pro Kubikmeter in 2023, 20 Cent weniger als noch im vergangenen Jahr.

In einer Übersicht hat das Statistische Landesamt IT NRW die Abwassergebühren in den Kommunen landesweit verglichen und dabei die Entwicklung von 2012 bis 2022 aufgezeigt, Stichtag jeweils 1. Januar.

Nicht immer sind die darin verzeichneten Entwicklungen für die betroffenen Kommunen auch plausibel, so liegt die festgestellte satte Erhöhung von 45,4 Prozent in diesem Zeitraum im Fall Hünxe schlicht daran, dass die Gemeinde bis 2015 eine Pro-Kopf-Gebühr erhoben hat, den sogenannten Personengleichwert, dann den Frischwassermaßstab einführte und seitdem konstant bei 2,85 Euro pro Kubikmeter lag, in diesem Jahr noch darunter. „Die genannten Zahlen vor 2015 sind für uns deshalb nicht nachvollziehbar“, sagt Kämmerer Michael Häsel.

Eine Erklärung dafür, warum IT NRW Moers eine Preissteigerung von 29,8 Prozent in zehn Jahren attestiert, lehnt Enni-Sprecher Herbert Hornung auf Anfrage ab. Von einzelnen Kommunen abgesehen, sieht das statistische Landesamt im Kreis Wesel eine Steigerung der Abwassergebühren von 2012 bis 2022 im Schnitt bei 19,5 Prozent.

Fehlt noch der Niederschlag in der Abwasserrechnung

Zum Schmutzwasser kommt auch eine Rechnung für das Niederschlagswasser – sie wird pro Qua­dratmeter versiegelter Fläche errechnet. 1,39 Euro sind das in Moers, 22 Cent in Xanten, in den meisten anderen Kommunen mehr oder weniger rund um einen Euro.