Kreis Wesel. Im Kreis Wesel bezogen 2021 weniger Menschen staatliche Transferleistungen. Doch für das kommende Jahr wird ein starker Anstieg erwartet.

Es ist ein scheinbar verheißungsvoller Blick zurück: Seit 2016 ist die Zahl der Bürgerinnen und Bürger im Kreis Wesel, die von staatlichen Transferleistungen abhängig sind, kontinuierlich zurückgegangen. Laut den Landesstatistikern von IT.NRW haben im vergangenen Jahr 38.409 Menschen zwischen Hamminkeln und Moers, Sonsbeck und Dinslaken Sicherungsleistungen nach Sozialgesetzbuch II oder XII erhalten. Das sind 4,2 Prozent weniger als noch 2020, damals lag die Zahl bei 40.089.

29.504 Menschen haben 2021 Regelleistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II gezahlt bekommen, umgangssprachlich Hartz IV genannt. 2020 waren es noch 31.239 Leistungsberechtigte. Der generell positive Trend überträgt sich auf die allermeisten der 13 Kommunen im Kreis Wesel. Lediglich in Rheinberg ist die Zahl der leistungsberechtigten Menschen um 1,9 Prozent gestiegen, von 1830 in 2020 auf 1865 im vergangenen Jahr. In allen anderen Kommunen ist die Gesamtzahl der leistungsbeziehenden Personen gesunken, in Xanten sogar zweistellig um 10,4 Prozent.

Sozialleistungen: Warum die Zahlen im Kreis Wesel zurückgegangen sind

Das Jobcenter Kreis Wesel bestätigt die rückläufigen Zahlen auch für das laufende Jahre 2022, wenn auch die Zahlen für die Monate Oktober, November und Dezember noch fehlen. Doch generell stelle man fest, dass die Zahl der Anspruchsberechtigten zurückgehe oder in einigen Bereichen zumindest stagniere, so Jobcenter-Sprecherin Ina Mertsching im Gespräch mit der Redaktion.

Ein Grund für den Rückgang: die geburtenstarken Jahrgänge, sogenannte Baby-Boomer, die aus dem Leistungsbezug in die Rente wechselten. In dem Zusammenhang ist allerdings ein Wert weniger erfreulich: die stetig steigende Zahl der Menschen, die Anspruch auf Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung nach SGB XII haben. In dem Bereich ist die Zahl im Kreis Wesel kontinuierlich angestiegen, von 5459 Personen in 2016 auf 6115 fünf Jahre später.

Das laufende Jahr lässt laut Jobcenter darauf schließen, dass die derzeit verhältnismäßig niedrigen Zahlen nicht zu halten sind. Auch wenn der Blick in die Zukunft momentan einem Blick in die Glaskugel gleiche: „Es gibt Faktoren, die darauf schließen lassen, dass sich die Zahlen in einigen Bereichen drastisch erhöhen.“

Zum einen der russische Angriffskrieg auf die Ukraine: Putin lässt systematisch die ukrainische Infrastruktur angreifen – Strom-, Gas- und Wasserversorgung fallen aus und könnten in diesem Winter die Menschen zur Flucht zwingen, um dem Kältetod zu entkommen. Mit Stand Oktober waren laut Jobcenter 1700 erwerbsfähige, leistungsberechtigte Menschen aus der Ukraine in 1211 Bedarfsgemeinschaften im Kreis Wesel untergebracht. Es sei gut möglich, dass sich die Zahl in den kommenden Monaten weiter erhöht, sagt Ina Mertsching.

Auch Wohngeld Plus hat Einfluss auf die Bezugszahlen im Kreis Wesel

Zum anderen das Wohngeld Plus, das ab Januar 2023 mit deutlich höheren Zuschüssen zur Miete und einem stark ausgeweiteten Empfängerkreis greifen soll. „Die Zahl der Anspruchsberechtigten soll sich verdreifachen“, so Mertsching. Gemeinsam mit den Anfragen, die das Jobcenter bereits jetzt zum Bürgergeld erreichen, das ab Januar Hartz IV ablöst, sehen sich die 480 Beschäftigten im Kreis Wesel einer Bearbeitungslage ausgesetzt, die man personell kaum stemmen könne.

Immerhin seien geplante Personalkürzungen für 2023 vom Tisch, sagt Ina Mertsching. Im Haushalt seien sogar neue Stellen genehmigt worden. Wie der Personalschlüssel für das kommende Jahr aussehe, wisse man jetzt aber noch nicht.