Kreis Wesel. Landrat Brohl richtet einen sechsten Verwaltungsvorstand ein. Eine Personalie ist ebenfalls im Gespräch – Stimmen aus dem Weseler Kreistag.
Bauen ist seit Jahren ein sensibles Thema in der Kreisverwaltung Wesel: Die Dinge dauern und stocken. Aktuelles Beispiel: Der Bau des Campus Moers verzögert sich weiter, sollte ursprünglich bereits im Sommer bezugsfertig sein. Weiteres jahrelanges Thema waren Abbruch des Parkdecks am Kreishaus und Bau des neuen Parkplatzes. Derlei Baustellen gibt es zahlreich, nicht nur bei neuen Projekten. Wie berichtet hat der Fachdienst Immobilienmanagement einen Instandhaltungsrückstand von rund 91 Millionen Euro ausgemacht. Landrat Ingo Brohl präsentierte jetzt seine Lösung: Der Verwaltungsvorstand soll größer werden. Von Januar an gibt es einen neuen, sechsten Vorstand, der das Immobilienmanagement bekommt und für die Polizeiverwaltung zuständig ist. Außerdem will Brohl die Wohnungsbaugesellschaft Grafschaft Moers zu einer Art Generalunternehmung für öffentliches Bauen entwickeln. Die Verwaltung in der Führungsebene weiter ausbauen – kann das die Lösung sein? Wir haben uns im Kreistag umgehört.
Die SPD hat noch Fragezeichen zu dem Konzept
Eine spontane Stellungnahme will die größte Oppositionspartei SPD nicht abgeben. „Wir wollen dem Landrat Gelegenheit geben, seine Konzeption zu erläutern“, sagt Fraktionschef Gerd Drüten. Dennoch gebe es in seiner Fraktion auch noch „erhebliche Fragezeichen“, Drüten verbindet das Thema zusätzlicher Vorstand mit dem Personalentwicklungskonzept für die Zukunft, es herrscht Fachkräftemangel auch im Bausektor. In der Vergangenheit habe die Jamaika-Kooperation aus CDU, Grünen und FDP gar über einen verkleinerten Vorstand diskutiert, „jetzt verebben die Rufe nach Verschlankung“. Die Sozialdemokraten wollen aber abwarten und zuhören.
Frank Berger (CDU) hätte die Engpässe im Bausektor gern schon vor Jahren gelöst gesehen. „Wir können viel Geld sparen, wenn wir gut und zügig bauen können“, sagt er auf die Frage nach Zusatzkosten. Die Jamaika-Kooperation hatte unter Landrat Ansgar Müller (SPD) über den Stellenplan gewacht, obwohl, wie Berger betont, keine Stellen gestrichen wurden. Ein sechsköpfiger Verwaltungsvorstand, wo die Nachbarkreise Borken und Viersen bloß je vier Dezernenten plus Landrat haben? Die Kreise seien nicht vergleichbar, da unterschiedlich organisiert, sagt Berger, der Kreis Kleve hat sieben Vorstandsbereiche. Ob externe Gesellschaft oder zusätzlicher Vorstandsbereich – „es gibt nicht nur einen Weg der glücklich macht“, so Berger. Die Grafschaft Moers behutsam zu entwickeln zu einer Bauausführungsgesellschaft, dauere Zeit. Sein Fazit zum Gesamtpaket: „Dieser Schritt war jetzt einfach fällig.“
Dass der Vorstandsbereich überladen und damit überfordert sei, ist für Rudolf Kretz-Manteuffel (FDP) offensichtlich, eine Lösung sei dringend notwendig. Allerdings hat die FDP eine externe Gesellschaft mit ausgewiesenen Fachleuten gefordert, zumindest eine externe Besetzung, doch das ist nicht die Entscheidung der Politik. Es liegt in der Organisationshoheit des Landrats. Dennoch: „Ich wünschte mir, dass die Verwaltung besser wird statt größer“, kommentiert der Liberale den Vorgang.
„Die Verwaltung kann viel, aber sie kann nicht bauen“, hatten die Grünen stets gesagt und außerdem gefordert „weniger Häuptlinge, mehr Indianer“, so Fraktionschef Hubert Kück. Ein externe Baugesellschaft nach Vorbild der Kreis-Klever-Lösung schwebte ihnen wie der FDP vor.
Schlechter werden in Sachen Bauen kann es nicht
Dass der Vorstandsbereich Umwelt und Planung plus Immobilienmanagement zu groß ist, sei dem zuständigen Dezernenten Helmut Czichy nicht anzulasten, die Belastung einfach zu hoch. Der Landrat habe die grüne Anregung nicht angenommen, allerdings jetzt die Reißleine gezogen und eine interne Lösungsweg eingeschlagen. „Schlechter werden in Sachen Bauen kann es nicht“, so Kück zu diesem Vorgehen. Eigentlich komme es auch zwei Jahre zu spät, jetzt noch eine externe neue Struktur aufzubauen, dauere zu lang.
Sascha Wagner (Die Linke) nimmt die Umstrukturierungen zur Kenntnis und kann sie „in Teilen nachvollziehen“. Ihm sei es wichtig gewesen, dass die kreiseigenen Liegenschaften eben nicht ausgegliedert werden, denn zu den Aufsichtsräten der externen Gesellschaften haben die kleinen Fraktionen kaum Zutritt, ihr Einfluss wäre begrenzt. Ist der Immobilienbereich weiter beim Kreis angesiedelt, behält der Kreistag die politische Kontrolle.
Unmittelbar auf die Kreisumlage werde sich die Gründung des neuen Vorstandsbereiches nicht auswirken, teilt der Kreis auf Anfrage mit. Der neue Vorstandsbereich kann im bereits beschlossenen Stellenplan 2023 untergebracht werden. Allerdings sei das erst der erste Schritt: Der Bau- und Sanierungsplan beinhalte eine strategische Weiterentwicklung des Immobilienmanagements - Aufgaben, nur mit zusätzlichem Fachpersonal bewältigt werden können. Die Verwaltung nennt in einem ersten Aufschlag 34,45 Vollzeitstellen. Unter anderem sollen befristete Stellen entfristet werden.
Grüne Juristin ist für die Stelle im Gespräch
Und die Personalie? Nach NRZ-Informationen ist die Grüne Fraktionsvorsitzende im Rat der Stadt Rheinberg, Svenja Reinert, für den Vorstandsposten vorgesehen. Juristin Reinert ist aktuell Leiterin der Direktion Zentrale Aufgaben der Polizeibehörde Wesel, die den Verwaltungsbereich der Polizei organisiert – Fahrzeugpark, EDV, Liegenschaftsmanagement, Ausstattung beispielsweise.