Kreis Wesel. MIt „Scrap stories“, Schrottgeschichten, will der BUND im Kreis Wesel die Umweltproblematik greifbarer machen. Was dahinter steckt.
Im Vorfeld des „RhineCleanUp“, der großen Sammelaktion am Rhein am 10. September, macht die BUND-Kreisgruppe Wesel auf ein stetig wachsendes Problem aufmerksam, das nicht nur den Fluss betrifft: Plastik in der Landschaft. Zwar gibt der BUND zusammen mit der Heinrich-Böll-Stiftung den Plastikatlas heraus, aber: „Der Plastikatlas behandelt das Thema eher theoretisch, deshalb haben wir nach Plastikgeschichten gesucht“, sagt Angelika Eckel von der BUND-Kreisgruppe. Jetzt planen die Aktiven eine „Scrapseite“ oder ein „Scrapbook“ – Scrap ist englisch für Schrott. Es soll dieser Tage auf der Homepage der Kreisgruppe erscheinen.
Lange nach Themen suchen müssen sie nicht, denn durch ihre engagierte Arbeit im Kreis Wesel liegen die Probleme offen: Eckel hat bereits zum Thema Kaugummi, Zigarettenkippen, Plastik im Boden geschrieben, auch über mitunter schwer erklärbare Plastikabfälle wie beispielsweise Einweg-Blumentöpfe, die am Rhein besonders im Bereich Westerheide Bislich vermehrt gefunden werden und wurden.
Kippen, Kaugummis und andere Ärgernisse beim Namen nennen
Thema: Kippen schnippen. Zigaretten vergiften nicht nur die Raucher selbst, sondern auch die Umwelt. „Außer dem Nervengift Nikotin enthalten Zigarettenkippen unter anderem die Giftstoffe Arsen, Blei, Chrom, Kupfer, Cadmium, Formaldehyd, Benzol und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, um nur die wichtigsten der circa 7000 Schadstoffe, die in Zigaretten enthalten sind, zu nennen“, schreibt Eckel.
Regen wäscht die Giftstoffe über die Kanalisation ins Abwasser oder sie versickern im Boden. „Wenn es schlecht läuft, kann eine einzelne Zigarettenkippe 1000 Liter Wasser mit Nikotin verseuchen und vergiftet damit den Lebensraum für kleine Wassertiere, wie beispielsweise Wasserflöhe.“ Die Umweltschützerin zitiert zudem Studien, nach denen Kippen Fische vergiften oder, durch die Flüsse ins Meer gelangt, dort mit Futter verwechselt werden. Die Tiere verenden daran.
Kaugummi ist vor allem in den Kommunen des Kreises ein Dauerthema, weil es die Straßen verschmutzt. Auch hier versucht Eckel, das Problem ganz praktisch anzugehen, um mit ihrer Scrap-Story zu überzeugen: „...wenn du jetzt gerade einen Kaugummi kaust, dann pass auf, dass du ihn nicht verschluckst. Was du da im Mund hast, ist nämlich Erdöl mit (künstlichen) Zusatzstoffen“, schreibt sie. Das könnte die Lust auf Kaugummis ausbremsen, zumal die weggespuckten Produkte biologisch schwer abbaubar sind. Aber Eckel bietet Alternativen: Kaugummi aus Chicle, dem Saft tropischer Bäume. Zu haben in Bioläden oder im Internet, dort gibt es auch Anleitungen zum Selbstherstellen.
Aus Plastikmüll wird Mikroplastik, das Böden und Gewässer belastet
Weiteres Reizthema: Plastikpflanztöpfe, die sich immer wieder in der Landschaft finden. „Es gibt seit Jahren Alternativen, außerdem machen einige Gärtnereien es vor, dass Pfandsysteme funktionieren“, sagt Eckel. Sie nennt ein Beispiel aus Mittelfranken, die seit 2019 erfolgreich ein solches Prinzip eingeführt hat. „Es geht, wenn man nur will. Womit wir bei der Frage wären: Welche Gärtnerei will im Kreis Wesel ein Mehrwegsystem für Plastikpflanztöpfe einführen?“, fragt Eckel. Sie ist davon überzeugt, dass viele Menschen die Töpfe sogar umsonst zurückgeben würden, wenn sie denn wüssten, die Gärtnereien würden sie wieder nutzen.
Was nicht aufgesammelt wird, zerfällt letztlich zu Mikroplastik. „Auch unsere Böden sind damit kontaminiert“, warnt Eckel, die winzigen Teilchen entstehen durch Reifenabrieb, bedenkenlos fortgeworfenen Müll. Aber auch durch Abdeckfolien aus der Landwirtschaft, im Kreis Wesel vermehrt im Spargelanbau eingesetzt. Manche Modelle zersetzen sich selbst, andere zerfleddern und werden zum Problem. Ein weiteres, dringendes Thema hat sich Angelika Eckel bereits im Frühling vorgenommen: Überall in der Landschaft finden sich weggeworfene Coronaschutzmasken, die 70 Prozent aus Plastik bestehen.