Kreis Wesel. Heimische Fledermäuse sind vom Aussterben bedroht und Hausbesitzern oft nicht willkommen. Es kursieren viele Irrtümer über diese Tiere.
Laue Sommerabende: In der Dämmerung beginnt die Jagdzeit der Fledermäuse. Die einzigen fliegenden Säugetiere entwöhnen in diesen Tagen ihre Jungen. Die Tiere sind bedroht – wie ist es um ihre Population im Kreis Wesel bestellt?
Exakt vermag das niemand zu sagen, denn die Tierchen verstehen es, sich unsichtbar zu machen. Sie machen keinen Lärm und verhalten sich unauffällig. „Häufig fliegen in der Region Zwergfledermäuse zwischen den Häusern“, erläutert Biologin Regina Müller von der Biologischen Station Kreis Wesel. Wo hausen diese rund fünf Zentimeter kleinen Tiere, die höchstens fünf Gramm auf die Waage bringen und mit angelegten Flügeln bequem in eine Streichholzschachtel passen? „Häufig am First der Häuser, ein kleiner Einschlupf genügt“, sagt Müller. Zwischen Mauer und Blendstein beispielsweise. Erkennen lässt sich ihr Quartier lediglich am Kot, kleine Köttel, die sich unter dem Fledermausunterschlupf sammeln.
Eine weitere, hin und wieder im Kreis Wesel sichtbare Art ist die Breitflügelfledermaus, sechs bis acht Zentimeter groß mit einer Spannweite von bis zu 38 Zentimetern und 14 bis 35 Gramm leicht. Auch sie ist eine typische Hausfledermaus, die sich ihr Quartier an Gebäuden sucht und dort gern Ritzen besiedelt.
Fledermäuse beschädigen nichts – und übertragen keine Krankheiten
Nicht alle Hausbesitzer sind glücklich über solche Untermieter. Dabei, in diesem Punkt sind sich Regina Müller und Bernd Finke von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Wesel einig, beschädigen Fledermäuse Gebäude nicht. Weil sie sich ausschließlich von Insekten ernähren und keine Nagetiere sind, anders als der Name vermuten ließe, überträgt ihr Kot keine Krankheiten. „Fegen Sie ihn zusammen und düngen Sie Ihre Pflanzen damit“, rät Finke.
Fledermäuse genießen den höchsten Naturschutz – es ist nicht erlaubt und zudem grausam, ihre Quartiere einfach zuzuspachteln. Nur in Ausnahmefällen erteilt die Untere Naturschutzbehörde des Kreises Wesel eine Genehmigung. Dann wird am Quartier dafür gesorgt, dass die Fledermäuse hinaus können, aber nicht wieder hinein. Nur ein bis zwei Mal im Jahr beantragt jemand die Beseitigung eines Quartiers beim Kreis. Meist, erläutert Bernd Finke, werden die Fledermäuse nach einem Beratungsgespräch doch geduldet.
Wer den Schutz der Fledermäuse ignoriert, begeht eine Ordnungswidrigkeit, bei Wiederholungen gar eine Straftat, erläutert Bernd Finke. Dass Fledermäuse in Haare fliegen oder gar Blut saugen gehört ins Reich der Legenden und ist dem Umstand geschuldet, dass Menschen diese faszinierenden Tiere früher nicht verstehen konnten.
Kastenreviere als Quartiersangebote – viele Unterschlüpfe sind gar nicht bekannt
Ein wirkliches Fledermausmonitoring gibt es im Kreis Wesel und Umgebung nicht. Mitunter bietet die Biologische Station Kästen als Quartiere an, im Wald beispielsweise. Solche Kastenreviere werden im Sommer genutzt, es gibt sie am Schwarzen Wasser, in den Aaper Vennekes, in der Üfter Mark, der Kirchheller Heide und im Krefelder Südpark. Die Weibchen und ihr Nachwuchs bilden hier Wohngemeinschaften zur Aufzucht – Männchen müssen draußen bleiben. Bekannte Winterquartiere sind die Feuerleitstelle in Sonsbeck, ein alter Bahnstollen in Menzelen und die Heubergkasematte in Wesel. „Einige Vorkommen sind bekannt, wir nehmen aber an, dass es sehr viel mehr gibt, von denen wir nichts wissen“, erläutert Bernd Finke. Der Kreis Wesel und die Biologische Station im Kreis Wesel arbeiten eng zusammen für das Wohl der geschützten Fledermäuse.
Auch Wasserfledermaus, Fransenfledermaus und braunes Langohr leben im Kreis Wesel, sie sind allerdings selten zu sehen. Fransenfledermäuse jagen in der Dämmerung an Waldrändern, braune Langohren besiedeln gern Kirchdächer - in Brünen beispielsweise ist eine Population in der Kirche bekannt, im Kloster Marienthal ebenfalls. „Wir entdecken diese Quartiere meist durch Zufall. In Industriegebäude beispielsweise kommen wir nicht herein“, sagt Biologin Müller. Zwar sind Fransenfledermäuse dafür bekannt, in Kuhställen zu wohnen Fliegen zu verspeisen. Gemeldet wurde das aber noch nicht – Müller würde sich über solche Erkenntnisse freuen.
Wer Fledermäuse unterstützen will, schließt nicht alle Spalten am Haus oder baut bei der Sanierung eigens dafür hergestellte Niststeine ein. Alte Bäume mit Höhlen sind für andere Arten wichtig. Jährlich gibt es auch beim Kreis Wesel Nistkästen, für Vögel, aber auch für Fledermäuse. In diesem Jahr ist das wegen Umbauarbeiten am Kreishaus nicht möglich, 2022 soll es damit weiter gehen. „Eine Zwergfledermaus kann pro Nacht 1000 bis 2000 Mücken vertilgen, auch deshalb sollten wir Menschen den Fledermäusen unsere Gastfreundschaft anbieten“, sagt Bernd Finke. Fragen zu den Fledermäusen beantwortet die Biologische Station im Kreis Wesel.