Kreis Wesel. Die kategorische Absage an eine Fortsetzung des Tickets sorgt bei den Linken für Unverständnis. Vor allem wegen der Rekordgewinne der Öl-Multis.

Mit deutlicher Kritik reagiert die Linksfraktion im Weseler Kreistag auf die Aussagen Bernd Reuthers zu einer möglichen Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket. Der aus Wesel stammende verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion hatte eine Fortsetzung des Billig-Tickets im Gespräch mit dieser Redaktion nicht finanzierbar genannt. Diese kategorische Absage, quasi parallel zu Meldungen über Rekordgewinne der Erdölindustrie, sorgt bei Linken-Fraktionschef Sascha H. Wagner für absolutes Unverständnis.

„Wenn führende FDP-Politiker bei Betrachtung der derzeitigen ÖPNV-Auslastung nicht die Notwendigkeit einer lückenlosen Verlängerung des 9-Euro-Tickets erkennen, ist es nicht verwunderlich, wenn dieselben Politiker bei Betrachtung der aktuellen Mega-Gewinne der Mineralölkonzerne hierfür keine Finanzierungsquelle erkennen“, kritisiert Wagner und wird deutlich: „Ob aus Ignoranz oder Inkompetenz, dieses Herumlavieren wird den Herausforderungen unserer Zeit nicht gerecht.

Es stehe außer Frage, dass die vom Bund finanzierten 2,5 Milliarden Euro für das Ticket nicht unerheblich seien, so der Fraktionsvorsitzende weiter. „Doch solange fossile Energieträger in Deutschland mit 70 Milliarden Euro pro Jahr subventioniert werden, sollten klimapolitische Erfolge nicht aus Finanzierungsgründen auf der Strecke bleiben.“

Sicherlich sei eine langfristige Abkehr vom Individualverkehr nicht ausschließlich mit günstigen Tickets zu realisieren. Allein „die aktuell katastrophalen Zustände im ÖPNV hier bei uns im Kreis“ zeigten, dass es selbstverständlich einen umfassenden Ausbau der Infrastruktur und mehr Personal benötige, sagt Sascha H. Wagner. „Doch wenn Kohlekraftwerke morgen wieder ans Netz gehen, muss es heute darum gehen, dass die Menschen auch im September ihre Autos in der Einfahrt lassen.“

Nicht nur in der Gas-, sondern auch in der Klimakrise müsse schließlich jeder seinen Beitrag leisten. „Einen verkehrspolitischen Sprecher einer selbst ernannten Klimaregierungsfraktion sollte dieser Gedanke leiten. Auch wenn sein Parteivorsitzender dem Chef von Porsche etwas anderes versprochen hat.“