Kreis Wesel/Düsseldorf. Im Kreis Wesel scheiden sich am Koalitionsvertrag die Geister. CDU und Grüne sind zufrieden, René Schneider vermisst klare Aussagen zum Ausstieg.

Vier Absätze nimmt der Abbau von Kies und Sand im schwarz-grünen Koalitionsvertrag ein, den Hendrik Wüst und Mona Neubaur am Donnerstag vorstellten und an diesem Wochenende auf beiden Parteitagen durch die jeweilige Basis absegnen lassen wollen. Vier Absätze, die zwischen Enttäuschung und Teilerfolg wechseln – je nachdem, wen man im Kreis Wesel danach fragt.

Dabei haben CDU und Grüne im Koalitionsvertrag einige Forderungen aus der Kreispolitik in diesen vier Absätzen untergebracht. So kündigen sie an, dass der Verbrauch von Kiesen und Sanden „durch ein konsequentes, wissenschaftlich fundiertes Rohstoffmonitoring („Rohstoffbarometer“)“ transparent gemacht und „auf den notwendigen Bedarf zurückgeführt“ wird.

Außerdem sollen bereits bestehende Abgrabungsstätten unter Berücksichtigung des Umwelt- und Gewässerschutzes „maximal ausgeschöpft werden, um weniger Flächen zu verbrauchen“. Die Versorgungszeiträume beim Kiesabbau will Schwarz-Grün nach dem eindeutigen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster „rechtskonform ausgestalten“.

CDU und Grüne im Kreis Wesel sind mit zufrieden mit den Ausführungen zum Kiesabbau im Koalitionsvertrag, wollen aber wachsam bleiben

Auch den „Kies-Euro“ will die voraussichtliche Landesregierung einführen – das ist eine zentrale Forderung aus der Resolution, die der Kreistag einstimmig auf den Weg gebracht hat. Der Koalitionsvertrag spricht zwar allgemeiner von einer Rohstoffabgabe, die aber soll sich ausschließlich auf Kies- und Sand beschränken. Ein weiterer Baustein soll der Ausbau des Baustoffrecyclings sein. Unter anderem soll es eine Studie „zum verbesserten praxisorientierten Umgang mit recycelten Baustoffen“ geben.

Auf diese Weise „ermöglichen wir so einen verbindlichen Degressionspfad und perspektivisch einen Ausstieg aus der Kies- und Kiessandgewinnung in den besonders betroffenen Regionen“, heißt es am Ende der vier Absätze.

Mit Zufriedenheit und Optimismus quittieren CDU und Grüne im Kreis Wesel das Ergebnis im Koalitionsvertrag. „Die Punkte, die für uns wichtig und relevant sind, sind in dem Vertrag eingebunden“, sagt der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Kreistag, Hubert Kück. CDU-Fraktionschef Frank Berger sprach von einem „guten Tag für alle, die dafür gekämpft haben“, Landrat Ingo Brohl gar von einem möglichen nächsten „Meilenstein für unsere Region“. Besonders, dass im Vertrag ein perspektivisches Ausstiegsszenario formuliert wird, nehmen sie erfreut zur Kenntnis.

René Schneider nennt Koalitionsvertrag hinsichtlich Kiesabbau teilweise „eine Enttäuschung“, lobt aber die geplante Rohstoffabgabe für Kies und Sand

Dabei sind sich alle einig, dass nur das beschriebene Papier keinen Erfolg verspricht. „Wir haben noch nichts gewonnen,“, sagt Berger. Kück kündigt an, „weiterhin viele Telefonate zu führen, um die formulierten Ziele in konkrete Ergebnisse zu verwandeln“. CDU-Landtagsmitglied Charlotte Quik möchte „die Umsetzung engmaschig begleiten“. Vor allem aber, so Quik, gehe es auch darum, „in ganz NRW für eine Akzeptanz unserer Anliegen am Niederrhein“ zu werben.

Wie diese Umsetzung konkret gelingen kann, bleibt im Koalitionsvertrag indes vage. Als „Enttäuschung“ wertet SPD-Landtagsmitglied René Schneider einen Teil der Absätze zum Kiesabbau. Vor allem stört ihn die Ankündigung, den Verbrauch von Kies und Sand „auf den notwendigen Bedarf“ zurückzuführen. „Wer bestimmt den Bedarf denn?“, fragt Schneider im Gespräch mit der Redaktion. Momentan sei er riesig. Darum sei die Politik gefordert, konkrete Ausstiegsvorgaben zu machen, ansonsten sei der „notwendige Bedarf“ das, „was für den Bau von Häusern und Infrastruktur gebraucht wird. Und das ist eine Menge. Tendenz steigend“, so Schneider. Da helfe es auch nicht, dass am Ende von einem perspektivischen Ausstieg geredet werde. „Klar, müssen wir einen perspektivischen Ausstieg haben, denn irgendwann ist das Zeug weg.“

Großes Lob spricht Schneider unterdessen für das Vorhaben aus, eine Rohstoffabgabe für Kies und Sand einzuführen. „Wenn damit in die Forschung investiert wird – umso besser!“, schreibt Schneider in seinem Blog und erinnert auch an den missglückten Vorstoß der damaligen rot-grünen Landesregierung. „Viel besser auch als der rot-grüne Kies-Euro, der komplett in den Landeshaushalt geflossen wäre.“

Grundsätzlich aber bleibe der Kampf gegen den Kiesabbau mühsam. Er hoffe, dass es noch genügend Menschen am Niederrhein gebe, „die weiterkämpfen“, so Schneider.

Die Sorge kann der Niederrheinappell nehmen. „Wir werden weiter dranbleiben“, sagt der Zweite Vorsitzende des Aktionsbündnisses, Christian Winterberg, der den Koalitionsvertrag als zu unkonkret empfindet. „Es kann in die eine oder in die andere Richtung gehen“, sagt Winterberg. „Wir müssen noch eine ganze Menge tun und aktiv sein, um unsere Interessen gewahrt zu wissen.“

>>> RVR kündigt dritte Offenlage für Regionalplanentwurf an <<<
Die dritte Offenlage für den Regionalplan-Entwurf kommt. Das kündigt der Regionalverband Ruhr (RVR) an und erklärt den Schritt mit „Nachjustierungen“ bei den Abgrabungsflächen für den Kies- und Sandabbau. Das OVG Münster hatte Anfang Mai den im Landesentwicklungsplan festgelegten Versorgungszeitraum von 25 Jahren für Kies und Sand für unwirksam erklärt und damit dem RVR die Rechtsgrundlage für die vorgesehen Potenzialflächen entzogen.

Damit gilt wieder ein Versorgungszeitraum von 20 Jahren. Entsprechend muss der RVR die Flächenkulisse für die Abgrabung anpassen. Das mache eine dritte Offenlage notwendig, so Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel.

Derzeit befindet sich der RVR noch in der Auswertung der Stellungnahmen zur zweiten Offenlage. Sobald die Stellungnahmen des zweiten Beteiligungsverfahrens ausgewertet und in den Planentwurf eingearbeitet worden sein, könne man in die dritte Offenlage starten.