Kreis Wesel. Gartenbesitzer mussten feststellen, dass ihre Meisenkästen zwar bezogen wurden. Viele Jungtiere sind aber gestorben. Verhungert, sagt der Nabu.

Hilflos und traurig haben in diesem Frühjahr viele Gartenbesitzer feststellen müssen, dass die kleinen Meisen in ihren Nistkästen gestorben sind. „Sie sind erbärmlich verhungert, es gibt einfach nicht mehr genügend Insekten“, sagt Nabu-Kreisvorsitzender Peter Malzbender zur Ursache. Selbst an der Nabu-Naturarena, die mit insektenfreundlichen Pflanzen bestückt ist, seien tote Jungvögel entdeckt worden. Wenn es den Altvögeln nicht gelingt, genügend Futter heranzuschaffen, geben sie die Pflege der Jungtiere häufig ganz auf, „so ist die Natur“, sagt Malzbender. Er ist von dieser Entwicklung alarmiert.

So haben sich etliche verzweifelte Gartenbesitzer an den Nabu gewandt. „Sie haben Nistkästen, haben beobachtet wie das Brutgeschäft lief – und plötzlich waren alle Jungen tot.“ Oder die Aufzeichnungen einer Wildkamera zeigten, dass nur ein Vogel von den üblicherweise sechs bis acht Eiern am Ende überlebt hat.

Vom Nabu erhofften sich die Ratsuchenden einen Tipp, wie sie das künftig vermeiden können.

Auch die Vögel in der Landschaft hungern

Doch Malzbender hat nicht wirklich einen parat. Weil Meisen häufig in Menschennähe brüten, fällt es auf, wenn es ihnen schlecht geht. Das ist bei anderen Vögeln nicht der Fall, obwohl auch sie unter dem Insektensterben leiden. Es fehlt an Futter zur Aufzucht der Jungtiere. „Der Trauerschnäpper hat in diesem Jahr kaum erfolgreich gebrütet“, sagt Malzbender, der kleine Vogel, der im Wald oder Gebüsch lebt, wird immer seltener. Und wie es den Buchfinken und den beliebten Rotkehlchen gehe, sei aktuell schwer zu sagen. Ihre Nester sind zu gut versteckt, als dass jemand den Bruterfolg beurteilen könnte.

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Zwar sind Meisen nicht vom Aussterben bedroht, sie gehören nach wie vor zu den häufigsten Vogelarten im Garten. Malzbender fürchtet aber, dass sich diese Entwicklung – er habe sie auch im vergangenen Jahr bereits feststellen müssen – auf längere Sicht die Population dezimieren wird. Futtermangel ist nicht die einzige mögliche Ursache dafür, das Jungmeisen sterben. Die Tiere können auch eingehen, wenn es viel Regen gibt und die Alttiere häufig zum Füttern mit nassem Gefieder in die Nistkästen kommen. Diese Ursache schließt der Nabu-Kreisvorsitzende aber in diesem Jahr aus, dafür habe es in der Brutzeit nicht genügend geregnet.

Filigranes Futter mit Insektenanteil hilft zumindest den Altvögeln

Können Menschen etwas tun, um den hübschen Vögeln zu helfen, oder müssen sie dem Elend nur zusehen? Feinteiliges Futter mit Insektenanteil anbieten, rät Malzbender. Das stärke wenigstens die Altvögel, die weitere Strecken zurück legen müssen um Insekten zu fangen, die ihr Nachwuchs so dringend benötigt. Gutes Futter stärke ihre Brustmuskulatur, so dass sie leistungsfähiger seien. Filigranes Futter helfe, Sonnenblumenkerne seien weniger geeignet. Auch von Mehlwürmern rät er ab, deren Köpfe seien für die Vögel häufig nur schwer verdaulich.

Übrigens ist das Meisenjahr 2022 noch nicht komplett verloren: Die Vögel brüten bei guten Bedingungen – und wenn sie eine Brut verloren haben – bis zu drei Mal im Jahr.

Ein wirklicher Weg aus der Misere sei das Füttern aber nicht, denn Vögel in der freien Landschaft gehen leer aus. Es gilt, das Problem an der Wurzel zu packen und das Insektensterben zu stoppen. „Pestizide haben in Privatgärten nichts zu suchen“, sagt der Naturliebhaber. Auch in der Landwirtschaft seien sie, obschon nicht mehr so üppig eingesetzt wie früher, ein Problem für Insekten.