Kreis Wesel. Benziner stehen lassen und auf E-Antrieb setzen? Viele sprechen darüber, im Kreis Wesel tut es kaum jemand: Was sind Ursachen und Lösungen.

Mobilitätswende – damit ist nicht nur der Umstieg vom Auto auf Rad, Bus und Bahn gemeint. Das Auto hat durchaus noch seinen Platz in dem Modell, Bewegung bedeutet künftig, verschiedene Verkehrsmittel zu nutzen. Wenn Auto, dann aber mit Elektroantrieb, so die Idee. Aktuell seien die stark nachgefragt, sagen Autohäuser.

Die aktuellen Zahlen sprechen dagegen: Im Kreis Wesel nähern sich die Fahrerinnen und Fahrer diesem Thema mit sehr spitzen Fingern. Gerade mal drei Prozent der zugelassenen Autos haben, Stand 1. April, einen E-Antrieb oder, noch häufiger, eine Kombination aus konventionellem und E-Motor (Plug-in-Hybrid). Woran liegt das, und wer könnte etwas daran ändern?

Die Ladeinfrastruktur reguliert der Markt – nicht unbedingt der Bedarf

Da ist einmal die Ladeinfrastruktur, irgendwo müssen die Fahrzeuge ‘tanken’. „Als Kreis spielen wir dabei keine Rolle“, sind sich CDU-Fraktionschef im Kreistag, Frank Berger, und der verkehrspolitische Sprecher der Grünen Lukas Aster einig. Netzbetreiber wie Enni, die Stadtwerke und RWE machen das Thema aktuell unter sich aus. Unter anderem auch, weil sie ihre Netze kennen: Nicht überall sind die stark genug für eine Ladestation. „Ungelöst ist auch das Problem, wie man ein Hochhaus mit 20 Parteien versorgen könnte“, sagt Berger. Öffentliche Ladeparks, am besten mit Photovoltaik gespeist und mit sogenannten Superchargern, also schnellen Stationen, wären sein Favorit. Allerdings regelt das aktuell der Markt.

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„Meine Beobachtung ist: Ladestationen entstehen auf Zuruf, vielfach der Kommunen“, sagt auch Lukas Aster. Er sieht hier ein „wirtschaftsliberales Setting“: Wo es viele E-Autos gibt, werden auch Ladesäulen gebaut. Notwendige Folge ist, dass der ländliche Raum unterversorgt bleibt. Hier ist schlicht kein Geld zu verdienen. In kleinen Gemeinden gibt es häufig eine Station am Rathaus. „Vielleicht noch in Autohäusern und an touristisch interessanten Orten“, so Aster. Das war es dann.

SPD fordert mehr Aktivitäten vom Kreis - CDU und Grüne sehen ihn nicht zuständig

Doris Beer, verkehrspolitische Sprecherin der SPD im Kreistag, sieht anders als CDU und Grüne den Kreis sehr wohl in der Pflicht, allen voran den Landrat. „Die Entwicklungsagentur Wirtschaft (EAW) könnte auf Gewerbetreibende zugehen und für E-Mobilität werben: Pflegedienste und Handwerksbetriebe beispielsweise“, sagt sie.

Ein Problem aktuell ist, dass es keine Übersicht über die aktuelle Ladeinfrastruktur gibt, auch das kann aus Sicht der Sozialdemokraten der Kreis leisten - CDU und Grüne widersprechen dem. „Ladesäulen gehören an Einkaufsmöglichkeiten, an Schulen, an Krankenhäuser“, sagt Doris Beer – auch hier könnte die EAW aktiv werden. Der SPD-Antrag, im Kreis Wesel einen Runden Tisch mit den Wohnungsbaugesellschaften, Einzelhandel und Versorgern einzurichten, fand keine Mehrheit. Beer urteilt vernichtend, „der Landrat hat im Wahlkampf versprochen, Mobilität zur Chefsache zu machen. Zu sehen ist davon nichts“.

Neben der Lademöglichkeit halten andere Argumente Verbraucher vom Kauf eines E-Autos ab. „Sie sind in der Anschaffung sehr teuer“, sagt Berger, Kaufprämien als Fördermittel seien ein probates Mittel. Leider werden die aktuell zurückgefahren. Auch das Laden daheim ist nicht billig, die so genannte Wallbox koste mehrere hundert bis über tausend Euro. Dennoch zeigt sich Berger optimistisch: „Ich behaupte, in fünf Jahren werden wir bei den Neuzulassungen überwiegend elektrische Antriebe in verschiedener Form haben.“

Bleiben noch Fragen rund um den Elektroantrieb – wie die nach der Reichweite. „Wenn wir ein einziges Auto haben, soll das alles können, was Benziner und Diesel können“, formuliert Aster den meist geäußerten Anspruch. Es reicht nicht der Cityverkehr, auch Reisen sollen möglich sein.

Autofahren im Kreis Wesel in Zahlen

Im Kreis Wesel gibt es rein rechnerisch 0,72 Autos pro Einwohner, die Einwohnerzahlen von IT NRW, Stand 30. Juni 2021, sind zugrunde gelegt. In den städtischen Bereichen sind es unwesentlich weniger, 0,68 in Moers beispielsweise und 0,69 in Wesel. Die meisten Autos pro Einwohner sind mit 0,87 in Hünxe gemeldet, die wenigsten mit 0,66 in Kamp-Lintfort. Bei den E-Autos ist Dinslaken mit 3,7 Prozent von allen zugelassenen Autos vorn, gefolgt von Wesel (3,6 %) und Hünxe (3,3 %). Schlusslichter sind Sonsbeck (2,3 %), Xanten (2,6 %) und Voerde (2,7%)