Kreis Wesel. Gegen sexualisierte Gewalt an Kindern will der Kreis Wesel stärker vorgehen: Diese Schritte werden jetzt in Angriff genommen.
Sexualisierte Gewalt gegen Kinder ist präsent – und die Dunkelziffer hoch: er Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) der Bundesregierung Johannes-Wilhelm Rörig geht davon aus, dass ein bis zwei Kinder in jeder Schulklasse von sexueller Gewalt betroffen waren oder sind. Der Kreis Wesel intensiviert jetzt seine Anstrengungen, dagegen vorzugehen, Opfern beizustehen und vorzubeugen: durch den Ausbau der Beratung und durch eine Kooperation von Kreisjugendamt, Kreispolizeibehörde Wesel und Polizei Duisburg. Allein 101 Fälle von Kinderpornografie hat das Kriminalkommissariat 11 der Kreispolizei im vergangenen Jahr gezählt, 2019 waren es 58. Als Grund dafür nennt die Polizei die verstärkten Ermittlungen auf diesem Gebiet. Die Kriminalpolizei Duisburg hat im vergangenen Jahr 137 Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern im Kreis Wesel bearbeitet.
Nachdem die Zuständigkeit für sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im September 2020 im Nachklang der Taten in Lüdge, Bergisch Gladbach und Münster von den Kreispolizeibehörden auf die 16 Kriminalhauptstellen übergegangen ist - Innenminister Herbert Reul stellte das Verbrechen also organisatorisch gleich mit Mord und Totschlag - ermittelt das Duisburger KK12 in diesen Fällen für den Kreis Wesel. Jetzt hat der Kreis eine Kooperationsvereinbarung seines Jugendamtes mit der Kreispolizei Wesel und der Polizei Duisburg geschlossen: Zwar funktioniert die Zusammenarbeit zwischen dem Kreisjugendamt und der Kreispolizei seit Jahren, so der Kreis. Nun ist aber auch die Polizei Duisburg involviert.
Missbrauchsfälle bearbeitet seit 2020 die Kripo in Duisburg
Während die Fälle der Kinderpornografie bei der Kreispolizei Wesel geblieben sind, bearbeiten die Duisburger nun die Missbrauchsfälle. Der neue Kooperationsvertrag soll die enge Zusammenarbeit der Behörden intensivieren und effizienter machen. Die zeitliche Verzögerung, immerhin ist die Reform mehr als ein Jahr her, führt die Kreisverwaltung auf die Pandemie zurück.
Auch das Kreisjugendamt musste sich laut Verwaltung intensiver mit dem Themenfeld „Kinderpornografie und sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ auseinandersetzen. Man habe daher vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als „Fachkräfte für das Handlungsfeld Hilfe bei sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderschutz-Zentren in Köln ausgebildet.
Kreis Wesel weitet die Beratung und Prävention aus
Bereits Ende vergangenen Jahres hat der Kreistag auf Antrag der CDU beschlossen, dass der Kreis für die Erziehungsberatung in Trägerschaft der Caritas Dinslaken und Wesel sowie Moers-Xanten eine Landesförderung für zusätzliche Beratung beantragt: Von 2022 an hatte NRW Geld für die spezialisierte Beratung bei sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Aussicht gestellt, 80 Prozent. Den Eigenanteil von 20 Prozent, beschloss der Kreistag, übernimmt der Kreis Wesel.
Jetzt steht eine Ausweitung zur Entscheidung an: Der Kreis will beim Jugendamt eine weitere Stelle für diese Aufgaben einrichten, hinzu kommt je eine halbe Stelle bei den Trägern. Rund 30.000 Euro wird das jährlich kosten, 2022 zunächst die Hälfte, weil die Stellen noch nicht besetzt sind. Im Ausschuss für Kinder - und Jugendhilfe am 8. März wird der Vorschlag erstmals beraten.
Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass Kinder und Jugendliche, die Opfer solcher Übergriffe geworden sind ein breites ortsnahes Angebot zur Unterstützung erhalten. Prävention, Diagnostik, Intervention, Therapie und die enge Vernetzung der Jugendämter mit Justiz und Polizei stehen auf der Agenda. Bestehende Strukturen mit den sieben Jugendämtern im Kreisgebiet sollen gestärkt werden.