Kreis Wesel. Die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht wird kontrovers diskutiert. So positionieren sich Politiker und Vertreter aus dem Kreis Wesel dazu.

Kommt eine allgemeine Impfpflicht? Das wird aktuell kontrovers diskutiert. Im Bundestag wird dazu eine Gewissensentscheidung erwartet - die Parlamentarier sollen sich dazu ohne Fraktionszwang positionieren. Wie ist die Meinung von hiesigen Bundestagsabgeordneten und Landrat Ingo Brohl zur Debatte? Außerdem haben wir mit Doris Lewitzky eine Vertreterin aus dem Handel gefragt, wie sie zu dem Thema steht.

Doris Lewitzky, Geschäftsführerin Handelsverband Niederrhein: „Sowohl die Handelsverbände als auch der Einzelhandel hat seit Verfügbarkeit der Impfstoffe in zahlreichen Kampagnen und Aktionen alle zur Verfügung stehenden Plattformen genutzt, die bestehenden Impfquoten zu erhöhen und dadurch einen Beitrag zu einer möglichst zügigen Überwindung der Pandemie zu leisten. Neben Impfaufrufen in der Presse und in sozialen Medien gehörten hierzu auch die Initiierung von Impfaktionen auf Parkplätzen und auf Einzelhandelsflächen. Sollten alle diese Mittel nicht ausreichen, die erforderlichen Impfquoten zu erreichen, unterstützen die Handelsverbände auch die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht.“

Dirk Vöpel (SPD, u.a. Dinslaken): „Die Diskussion über das Ob und Wie einer möglichen allgemeinen Impfpflicht wird zurzeit intensiv geführt. In der nächsten Sitzungswoche Ende Januar, wird es hierzu eine erste Orientierungsdebatte im Bundestag geben. Die nächsten Tage und Wochen werde ich nutzen, um offene Fragen ausführlich zu besprechen. Mit Kolleginnen und Kollegen aus dem Bundestag, Fachleuten aber vor allem mit Menschen aus meinem Wahlkreis.“

Sabine Weiss: „Grundsätzlich bin ich für eine Form der Impfpflicht.“
Sabine Weiss: „Grundsätzlich bin ich für eine Form der Impfpflicht.“ © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Sabine Weiss (CDU, Dinslaken): „Grundsätzlich bin ich für eine Form der Impfpflicht. Es muss aber geklärt werden, was ethisch und rechtlich verantwortbar und nötig ist. Es liegt jetzt in der Verantwortung der Ampelkoalition, dazu entsprechende Vorschläge vorzulegen. Es wäre angebracht, im Februar eine zusätzliche Sitzungswoche anzuberaumen.“

Ulle Schauws (Grüne, u.a. Moers und Neukirchen-Vluyn): „Eine solche Impfpflicht wäre ein starker Eingriff, der nur dann beschlossen werden sollte, wenn es keine milderen Mittel gibt. Hier gilt es, genau abzuwägen und in einer ausführlichen Orientierungsdebatte zu prüfen, wie ein solches Gesetz wirken und durchgesetzt werden kann. Selbstbestimmung ist ein hohes Gut. Ebenso muss der Schutz von kleinen Kindern und Menschen, die nicht in der Lage sind, sich impfen zu lassen, unbedingt sichergestellt werden, wozu wir die aktuellsten wissenschaftlichen Empfehlungen benötigen. Wenn deren Schutz sich nur mit der Einführung einer Impfpflicht verbessert, ist dies aus meiner Sicht sehr sehr relevant für eine Zustimmung. Der einfachste Weg, die Pflicht zur Impfung noch zu verhindern ist, wenn so viele Menschen wie möglich sich dazu entschließen sich impfen und boostern zu lassen.“

Jan Dieren: „Im Dezember 2021 habe ich für die Einführung einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht für Beschäftigte gestimmt, die mit besonders gefährdeten Personen in Kontakt stehen.“
Jan Dieren: „Im Dezember 2021 habe ich für die Einführung einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht für Beschäftigte gestimmt, die mit besonders gefährdeten Personen in Kontakt stehen.“ © Cristian Delgado

Jan Dieren (SPD, Moers): „Im Dezember 2021 habe ich für die Einführung einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht für Beschäftigte gestimmt, die mit besonders gefährdeten Personen in Kontakt stehen. Zwar wird hierdurch das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit und der Berufsfreiheit berührt, andererseits werden dadurch viele Menschenleben geschützt, weshalb dieser Eingriff nach verfassungsrechtlicher Abwägung verhältnismäßig ist. Nach intensiver Beschäftigung mit dem Für und Wider einer allgemeinen Impfpflicht und unter Berücksichtigung ethischer, medizinischer und verfassungsrechtlicher Perspektiven schätze ich die verfassungsrechtliche Abwägung hierbei ähnlich ein.“

Kerstin Radomski (CDU, u.a. Moers und Neukirchen-Vluyn): „Die Fallzahlen schnellen leider in die Höhe und es gilt, noch konsequenter zu sein. Eine Impfpflicht muss allerdings unabhängig von der aktuellen Virusvariante diskutiert werden - denn niemand weiß, was die nächste Variante ist und ob ein Impfstoff dagegen wirkt. Daher müssen wir über Parameter sprechen, ob eine Impfpflicht grundsätzlich notwendig ist, und, wenn ja, wie die Menschen dabei mitgenommen werden können. Die Union ist zu Gesprächen bereit, doch die Bundesregierung muss einen Gesetzentwurf vorlegen. Denn das Thema ist zu wichtig, um mehrere Anträge im Bundestag zur Abstimmung zu stellen, von denen sich dann einer knapp durchsetzt. Stattdessen brauchen wir eine breitestmögliche Akzeptanz.“

Rainer Keller (SPD, Hünxe/ Wesel): „Ich befürworte die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht, da wir sonst aus dem Pandemie-Kreislauf nicht hinauskommen. Diese muss so ausgestaltet sein, dass sie praktikabel und verfassungsrechtlich gesichert ist. Sollte dies notwendig sein, sind Sondersitzungen des Deutschen Bundestages aus meiner Sicht auch kurzfristig angemessen und so wurde ja bereits auch in der Vergangenheit verfahren.“

Bernd Reuther (FDP, Wesel): „Ich persönlich setze auf die freiwillige Entscheidung der Menschen für eine Impfung. Bei so einer wichtigen Entscheidung ist zu große Eile allerdings der falsche Weg.“

Landrat Ingo Brohl: „Persönlich stehe ich einer allgemeinen Impfpflicht kritisch gegenüber.“
Landrat Ingo Brohl: „Persönlich stehe ich einer allgemeinen Impfpflicht kritisch gegenüber.“ © ulla michels

Landrat Ingo Brohl (CDU): „Impfen ist für mich der sicherste Weg aus der Pandemie, insbesondere durch den stark erhöhten Schutz vor schweren Erkrankungen. Daher hat der Kreis Wesel seine Impfangebote mit circa 13.000 Terminmöglichkeiten pro Woche in den vier stationären Impfstellen und durch die mobilen Teams deutlich über die Mindestvorgaben des Landes hinaus entwickelt. Meine Erwartung an die Bundesregierung ist, dass zeitnah unter Berücksichtigung der aktuellen Varianten und zukünftiger Szenarien ein Gesetzesvorschlag im Bundestag vorgelegt wird, um der Diskussion eine sachliche Grundlage zu geben. Persönlich stehe ich einer allgemeinen Impfpflicht kritisch gegenüber.“ (acf/jes)